Neuer PET-ähnlicher Kunststoff aus Abfallbiomasse

EPFL-Forschende haben einen neuen, PET-ähnlichen Kunststoff entwickelt, der sich leicht aus nicht essbaren Pflanzenteilen herstellen lässt. Der Kunststoff ist zäh, hitzebeständig und eine gute Barriere für Gase wie Sauerstoff, was ihn zu einem vielversprechenden Kandidaten für Lebensmittelverpackungen macht. Aufgrund seiner Struktur kann der neue Kunststoff auch chemisch recycelt oder in der Umwelt zu harmlosen Zuckern abgebaut werden.
Ein 3D-gedrucktes «Blatt» aus dem neuen Biokunststoff. Credit: Alain Herzog (EPFL)

Es wird immer deutlicher, dass die Entwicklung innovativer Technologien unerlässlich sein wird, um neue Kunststoffe herzustellen, die den heutigen Umweltproblemen gerecht werden können. Dies gilt sowohl für die Vermeidung der Anreicherung von Schadstoffen in der Umwelt als auch für die Bewältigung der Herausforderung des Klimawandels durch die Abkehr von fossilen Ressourcen als Rohstoff bei ihrer Herstellung. In diesem Sinne werden erhebliche Anstrengungen unternommen zur Entwicklung abbaubarer oder wiederverwertbarer Polymere aus nicht essbarem Pflanzenmaterial, der so genannten «lignozellulosehaltigen Biomasse».

Natürlich ist es nicht einfach, wettbewerbsfähige Kunststoffe aus Biomasse herzustellen. Es gibt einen Grund dafür, dass herkömmliche Kunststoffe so weit verbreitet sind, denn sie vereinen niedrige Kosten, Wärmestabilität, mechanische Festigkeit, Verarbeitbarkeit und Kompatibilität – Eigenschaften, die jeder alternative Kunststoffersatz erfüllen oder übertreffen muss. Und bisher war diese Aufgabe eine Herausforderung.

Zumindest bis jetzt. Forschende um Professor Jeremy Luterbacher von der Fakultät der Grundlagenwissenschaften der EPFL haben erfolgreich einen aus Biomasse gewonnenen Kunststoff entwickelt, der ähnlich wie PET die Kriterien für den Ersatz mehrerer aktueller Kunststoffe erfüllt und gleichzeitig umweltfreundlicher ist.

Hochtransparenter und flexibler Strang des Biokunststoffs. Credit: Lorenz Manker

«Wir ‹kochen›󠅒 im Grunde nur Holz oder anderes nicht essbares Pflanzenmaterial, wie etwa landwirtschaftliche Abfälle, in kostengünstigen Chemikalien, um den Kunststoffvorläufer in einem Schritt herzustellen», sagt Luterbacher. «Da die Zuckerstruktur innerhalb der Molekularstruktur des Kunststoffs intakt bleibt, ist die Chemie viel einfacher als bei aktuellen Alternativen.»

Die Technik basiert auf einer Entdeckung, die Luterbacher und seine Kolleginnen und Kollegen 2016 veröffentlicht haben, wonach die Zugabe eines Aldehyds bestimmte Fraktionen des Pflanzenmaterials stabilisieren und ihre Zerstörung während der Extraktion verhindern kann. Indem sie diese Chemie umfunktionierten, konnten die Forschenden eine neue nützliche biobasierte Chemikalie als Kunststoffvorprodukt herstellen.

Verarbeitung des Biokunststoffs durch Extrusion, um Fasern für den 3D-Druck herzustellen. Credit Maxime Hedou.

«Durch die Verwendung eines anderen Aldehyds – Glyoxylsäure anstelle von Formaldehyd – konnten wir einfach ‹klebrige›󠅒 Gruppen an beiden Seiten der Zuckermoleküle anbringen, die dann als Kunststoffbausteine fungieren können», sagt Lorenz Manker, Erstautor der Studie, «mit dieser einfachen Technik können wir bis zu 25 % des Gewichts von landwirtschaftlichen Abfällen oder 95 % des gereinigten Zuckers in Kunststoff umwandeln.»

Die vielseitigen Eigenschaften dieser Kunststoffe könnten es ermöglichen, sie in Anwendungen von Verpackungen und Textilien bis hin zu Medizin und Elektronik zu verwenden. Die Forschenden haben bereits Verpackungsfolien, Fasern, die zu Kleidung oder anderen Textilien versponnen werden können, und Fäden für den 3D-Druck hergestellt.

Lorenz Manker, der Hauptautor der Studie, hält ein 3D-gedrucktes EPFL-Logo aus Biokunststoff in der Hand. Credit: Stefania Bertella.

«Der Kunststoff hat sehr interessante Eigenschaften, vor allem für Anwendungen wie Lebensmittelverpackungen», sagt Luterbacher, «und was den Kunststoff einzigartig macht, ist die intakte Zuckerstruktur. Dadurch ist er unglaublich einfach herzustellen, weil man nicht verändern muss, was die Natur vorgibt, und er ist leicht abbaubar, weil er wieder zu einem Molekül werden kann, das in der Natur bereits reichlich vorhanden ist.»

Mehr Informationen

Weiter Mitwirkende

  • EPFL-Labor für die Verarbeitung fortgeschrittener Verbundwerkstoffe
  • Universität für Bodenkultur Wien (Österreich)
  • Kompetenzzentrum für Holzverbundwerkstoffe und Holzchemie (Österreich)
  • EPFL-Labor für industrielle Energiesysteme

Finanzierung

  • Schweizerischer Nationalfonds (SNF)
  • Europäischer Forschungsrat Horizon 2020
  • Schweizerische Kommission für Technologie und Innovation
  • EPFL

Referenzen

Lorenz P. Manker, Graham R. Dick, Adrien Demongeot, Maxime A. Hedou, Christèle Rayroud, Thibault Rambert, Marie J. Jones, Irina Sulaeva, Yves Leterrier, Antje Potthast, François Marechal, Veronique Michaud, Harm-Anton Klok, and Jeremy S. Luterbacher. Sustainable polyesters via direct functionalization of lignocellulosic sugars. Nature Chemistry 23 June 2022. DOI: 10.1038/s41557-022-00974-5