Multifunktionale Bauelemente senken den Energiebedarf von Gebäuden

Ingenieurinnen und Ingenieure der EPFL haben die Verwendung von Bauplatten untersucht, die sowohl als strukturelle Bauelemente als auch als Fussbodenheizungen dienen. Diese aus Verbundwerkstoffen hergestellten Platten könnten die gleiche Heizleistung wie herkömmliche Strahlungsheizungen erbringen, aber weniger Energie verbrauchen.
Alexandre Mudry, Dolaana Khovaly und Thomas Keller erhielten den Best Paper Award für ihre Forschung. © A.Herzog/EPFL

Gebäude sind Energiefresser. In der Schweiz wird gemäss dem Bundesamt für Energie fast die Hälfte des Energieverbrauchs durch Gebäude verursacht, sowohl beim Bau als auch beim Betrieb. Es wird viel geforscht, um den ökologischen Fussabdruck von Gebäuden zu verkleinern; ein solcher Ansatz ist die Verwendung multifunktionaler Bauelemente.

«Bei den heutigen Baumethoden erfüllt jedes Gebäudeelement nur eine einzige Funktion», sagt Dolaana Khovalyg, Assistenzprofessorin an der EPFL-Fakultät für Bau, Architektur und Umwelt sowie Leiterin des Labors für Wärmetechnik für die gebaute Umwelt (TEBEL ) im Smart Living Lab. «Diese sequenzielle Arbeitsweise ist nicht mehr zeitgemäss. Sie verlängert die Bauzeit, nutzt den Platz nicht optimal aus, erhöht die Arbeitsbelastung und den Energieverbrauch während der Bauphase. Durch die Überwindung dieser Hindernisse könnten multifunktionale Module also eine Alternative werden.»

Multifunktionale Platten liefern sowohl Struktur als auch Heizung

Ingenieurinnen von TEBEL haben in Zusammenarbeit mit Kollegen des Composite Construction Laboratory (CCLab) der EPFL unter der Leitung von Prof. Thomas Keller das Potenzial von Platten aus Glasfaserverbundwerkstoffen demonstriert. Da diese Materialien besonders leicht, stark und langlebig sind, eignen sie sich hervorragend für die Herstellung von Strukturelementen, die aus Hohlzellen bestehen, deren Raum für eine zweite Funktion genutzt werden kann. Die Forschenden liessen Wasser in den Zellen zirkulieren und verwandelten sie so in eine Fußbodenheizung. «Wir haben nur eine Funktion der Verbundplatte untersucht, aber es wäre möglich, die hohlen Zellen beispielsweise als Versteck für Kabel oder Lüftungskanäle zu nutzen», sagt Prof. Khovalyg. Solche Verbundwerkstoffe könnten neben Beton, Stahl und Holz zu einem der wichtigsten Baumaterialien werden. Diese Forschungsarbeit wurde auf der 8. Internationalen Bauphysikkonferenz (IBPC 2021) vom 25. bis 27. August 2021 vorgestellt und mit dem Best Paper Award ausgezeichnet.

Verbesserung der Effizienz im Falle eines Brandes

Ein Nachteil von Verbundwerkstoffen ist, dass sie weniger feuerbeständig sind als andere Baumaterialien. Da der Entwurf der Forschenden jedoch vorsieht, die Hohlstruktur der Platten teilweise mit Wasser zu füllen, kann dieses Problem vermieden werden. Im Brandfall würde die Fliessgeschwindigkeit des Wassers in den kritischen Bereichen deutlich erhöht, so dass die strukturelle Integrität erhalten bleibt, indem die Temperaturen innerhalb akzeptabler Grenzen gehalten werden, um die Temperatur unter einer bestimmten Schwelle zu halten und die Oberfläche für die Evakuierung zu sichern.

Die Ingenieurinnen und Ingenieure führten Computersimulationen durch, um die Machbarkeit ihres Systems in einem Gebäude im Innovationspark der EPFL zu testen. Sie isolierten ein Stockwerk des Gebäudes und simulierten die Verwendung ihrer Platten als Elemente der Bodenstruktur. Die Ergebnisse zeigten, dass die Platten sowohl als strukturelle als auch als konstruktive Elemente effektiv eingesetzt werden können und eine ausreichende thermische Effizienz und strukturelle Feuerbeständigkeit bieten. Die Forschenden stellten ausserdem fest, dass ihre Konstruktion den gleichen Raumkomfort wie herkömmliche Fussbodenheizungen bietet, jedoch aufgrund der geringeren Wassertemperatur mit wesentlich weniger Energie auskommt und zudem den Raum besser nutzt.