Contact-Tracing-Apps beweisen, dass sie Leben retten

Eine heute in Nature veröffentlichte Studie zeigt, dass die NHS-App COVID-19 zur digitalen Kontaktverfolgung, die auf dem DP3T-Protokoll basiert, zwischen 300 000 und 600 000 COVID-19-Fälle in England und Wales verhindert hat. Die Forschenden nutzten Daten des NHS, um die epidemiologischen Auswirkungen solcher datenschutzfreundlichen Apps aufzuzeigen und zu quantifizieren, die nun weltweit zur Kontrolle der Pandemie eingesetzt werden.
Die ersten Ergebnisse aus Grossbritannien, Spanien und der Schweiz sind vielversprechend und zeigen, dass DP3T-basierte Contact-Tracing-Apps weltweit nützlich sind, um Leben zu retten. © EPFL

Die Berechnung der Effektivität von datenschutzfreundlichen Kontaktverfolgungs-Apps ist aufgrund ihrer dezentralen Funktionsweise naturgemäss schwierig. Wissenschaftlerinnen aus dem Vereinigten Königreich haben sich dieser Herausforderung schliesslich gestellt. Durch die Kombination von datengesteuerten und modellbasierten Ansätzen schätzten sie, dass allein in Grossbritannien zwischen 300 000 und 600 000 COVID-19-Fälle dank der NHS COVID-19-App im Laufe von drei Monaten (24. September bis Ende Dezember 2020) verhindert wurden.

Die Ergebnisse wurden heute in Nature veröffentlicht und bestätigen frühere Studien zu Kontaktverfolgungs-Apps in der Schweiz (SwissCovid) und Spanien (Radar Covid). «Dies zeigt, dass ein starker Datenschutz nicht im Widerspruch zur epidemiologischen Wirksamkeit steht», sagt Carmela Troncoso, Professorin für Datenschutz und Sicherheit an der EPFL und Hauptautorin des DP3T-Protokolls, das die EPFL und die ETH Zürich in der frühen Phase der Pandemie mitentwickelt haben und das auch in der NHS-App verwendet wird. Das DP3T-Protokoll war die Grundlage des «Exposure Notification»-Systems, das in die Mobiltelefon-Betriebssysteme von Google und Apple integriert wurde und damit Milliarden von Menschen weltweit zur Verfügung steht.

«Dies zeigt, dass ein starker Datenschutz nicht im Widerspruch zur epidemiologischen Wirksamkeit steht.»      Carmela Troncoso

In diesen drei Monaten wurde die NHS-App von 16,5 Millionen Nutzenden verwendet und verschickte etwa 1,7 Millionen Expositionsbenachrichtigungen, nachdem 560 000 positiv getestete Nutzende sich dafür entschieden hatten, ihre engen Kontakte zu benachrichtigen. Die Forschenden schätzten, dass 6 % der benachrichtigten Personen anschliessend positiv getestet wurden, nachdem sie Symptome gezeigt hatten – eine «sekundäre Ansteckungsrate» (SAR), die im Einklang mit dem steht, was bei der manuellen Kontaktverfolgung beobachtet wird. Dies zeigt, dass die digitale Kontaktverfolgung genauso effektiv ist wie die manuelle Kontaktverfolgung, allerdings mit einem deutlichen Geschwindigkeitsvorteil und einem viel geringeren Risiko, die Gesundheitsdienste zu überfordern.

Mit einer geschätzten Rate von einem vermiedenen Fall für jeden eingegebenen COVID-Code hat die digitale Kontaktverfolgungs-App einen echten Unterschied gemacht. Die Forschenden schätzten ausserdem, dass jedes Prozent Steigerung der App-Nutzung die Fälle um 0,8 bis 2,3 % reduzieren könnte. «Das spricht wirklich für eine breitere Akzeptanz dieser Apps in der Bevölkerung», fügt Marcel Salathé, Professor für digitale Epidemiologie an der EPFL, hinzu. «Jede und jeder einzelne App-Nutzende hilft bei der Bekämpfung dieser Pandemie.»