Hin zu einer günstigeren Analyse der Luftverschmutzung

EPFL-Wissenschaftler haben eine neue Methode zur chemischen Analyse von Feinstaub entwickelt, die sie mit Hilfe eines Innovationspreises der Innosuisse und eines neuen Start-ups auf breiter Basis – auch in Entwicklungsländern – anwenden wollen.
Satoshi Takahama und Nikunj Dudani und ihr Prototyp. © Alain Herzog / EPFL

Satoshi Takahama und Nikunj Dudani, zwei Wissenschaftler des Laboratory of Atmospheric Processes and their Impacts (LAPI) der EPFL, haben ein innovatives System entwickelt, das die zahlreichen Instrumente, die normalerweise zur Messung der Luftqualität verwendet werden, durch ein einziges Gerät ersetzen könnte, das klein genug ist, um in ein Handgepäck zu passen.

Die beiden haben soeben einen Zuschuss von 250 000 CHF von Innosuisse erhalten, um das grosse Marktpotenzial ihrer Erfindung zu unterstützen. Sie werden das Geld verwenden, um die Technologie zu einem brauchbaren Prototyp zu entwickeln und ein Start-up-Unternehmen zu gründen, das ihr Gerät in grossem Umfang einsetzen kann, auch in Entwicklungsländern. Ihr Projekt wurde von Vertretern des Luftqualitätsnetzes in den USA und Europa (ACTRIS) unterstützt.

Ein hochgestecktes Ziel erreichen

Forschende, die sich mit der Luftqualität befassen, verwenden derzeit viele verschiedene Instrumente, um die Zusammensetzung von Feinstaub in der Luft zu messen. Gleichzeitig lassen sich viele Arten von Verbindungen mit verschiedenen Methoden nur schwer nachweisen. Mit dem vorgeschlagenen Gerät hätten ein einziges Instrument, mit dem sie nicht nur die Zusammensetzung der Partikel, sondern auch andere nützliche Eigenschaften automatisch messen und analysieren und die Daten mühelos übermitteln können.

Die Methode der beiden Wissenschaftler besteht darin, Licht auf die Partikel zu projizieren, um ihre optischen Eigenschaften zu messen und so wichtige Informationen über ihre Zusammensetzung, Herkunft und andere Merkmale zu erhalten. Das neue System ist portabler und robuster, da keine sperrigen Pumpen benötigt werden. Es nutzt die Infrarotspektroskopie (IR), um die einzelnen Verbindungen in den feinen Partikeln zu einem Bruchteil der Kosten der derzeitigen Instrumente zu identifizieren. Die geringen Kosten sind vergleichbar mit denen für den Betrieb von Luftüberwachungsanlagen, allerdings ohne den damit verbundenen Aufwand.

Der Prototyp, den die Forscher in den nächsten Monaten perfektionieren wollen. Alain Herzog / EPFL

Die IR-Spektroskopie findet bereits breite Anwendung in pharmazeutischen Studien, bei der Analyse der Lebensmittelqualität und in der Bauindustrie. «Da unsere Methode die Zusammensetzung der Partikel online analysiert, müssen keine Filter gelagert und versandt werden, was zu Messfehlern führen kann», erklärt Satoshi Takahama, der das Projekt leitende Forscher. «Mit der IR-Spektroskopie können Partikel auch zerstörungsfrei analysiert werden, ohne dass zusätzliche Probenaufbereitungsschritte erforderlich sind.» Athanasios Nenes, Professor an der EPFL und Direktor des LAPI, fügte hinzu: «Das neue System soll es Ingenieuren ermöglichen, die Zusammensetzung von Partikeln auf zerstörungsfreie und kostengünstige Weise zu bestimmen. Dies ist ein ehrgeiziges Ziel, das nun zum ersten Mal in greifbare Nähe gerückt ist.»

«Wir wollten den Schritt der Datenanalyse standardisieren und automatisieren, da die vorhandenen Instrumente viel Spezialwissen erfordern, um sie richtig zu nutzen.»      Nikunj Dudani

Eingebundene Datenanalyse

«Wir wollten den Schritt der Datenanalyse standardisieren und automatisieren, da die bestehenden Instrumente viel Spezialwissen erfordern, um sie richtig zu nutzen», sagt Dudani, ein ehemaliger Doktorand von Takahama. «Ihr kompaktes Gerät soll in Laborexperimenten, bei Feldmessungen, in staatlichen und nichtstaatlichen Überwachungssystemen, in Produktionsbetrieben und in vielen anderen Bereichen im Innen- und Aussenbereich zum Einsatz kommen. Es könnte beispielsweise in Lüftungsanlagen von Gebäuden installiert oder von Herstellern erworben werden, deren Betriebe grosse Mengen an Feinstaub erzeugen.

Die LAPI-Wissenschaftler sehen ein erhebliches Potenzial für ihr Gerät und sind bestrebt, es in konkreten Anwendungen einzusetzen: «Ingenieure, die sich mit der Luftqualität befassen, haben seit den 1950er Jahren nach Einsatzmöglichkeiten für die IR-Spektroskopie gesucht. Wir sind stolz darauf, endlich die richtigen Leute, den richtigen Ansatz und die richtige Finanzierung zu haben, um unsere Idee zu verwirklichen», sagt Takahama, der seit fast einem Jahrzehnt an der EPFL an diesem Konzept arbeitet.

Die vielen Ursprünge von Feinstaub

Rund 40 % der Schweizer Bevölkerung ist einer übermässigen Feinstaubbelastung ausgesetzt. Ein Grossteil dieser Feinstaubpartikel entsteht durch die Oxidation von Verbindungen, die durch menschliche Aktivitäten und die Biosphäre emittiert werden. In den Städten werden die Partikel von Dieselmotoren, Holzfeuerungen und offenen Kaminen emittiert. Weitere Quellen sind Autobremsen, Reifen und Strassenbeläge, die abgenutzt werden, sowie der Staub, der in Steinbrüchen, Kiesgruben und auf Baustellen aufgewirbelt wird. Wenn wir diese Partikel einatmen, können die feinsten von ihnen tief in unsere Lungen eindringen und im gesamten Körper oxidativen Stress auslösen, der schliesslich zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlaganfall und anderen negativen Auswirkungen auf die Gesundheit führen kann. Die Belastung durch Luftverschmutzung und Feinstaub ist laut einem Bericht des Schweizer Bundesamts für Umwelt aus dem Jahr 2020 für mehr als 3700 vorzeitige Todesfälle in der Schweiz pro Jahr verantwortlich.