Weicher Roboter für enge Interaktion mit Menschen

EPFL-Forschende haben einen bio-inspirierten Roboter mit einer neuartigen, getrimmten Helicoid-Struktur entwickelt, die einen breiten Bewegungsspielraum und eine sichere Interaktion mit dem Menschen ermöglicht.
Ein weicher, flexibler Roboter, der sicher mit Menschen interagieren kann © 2023 EPFL/Alain Herzog - CC-BY-SA 4.0

Im CREATE-Labor der EPFL wurde unter der Leitung von Josie Hughes ein Durchbruch auf dem Gebiet der Soft-Robotik erzielt. In Anlehnung an die vielseitigen Bewegungen von Elefantenrüsseln und Tintenfischtentakeln hat das Team das getrimmte Helikoid eingeführt – eine neuartige Roboterstruktur, die eine bessere Nachgiebigkeit und Kontrolle bei der Konstruktion von Robotern verspricht. Mit einer Mischung aus aufmerksamer biologischer Beobachtung und Computermodellierung haben die Forschenden nun einen weichen Roboterarm vorgestellt, der in der Lage ist, komplizierte Aufgaben zu bewältigen und eine sicherere Mensch-Roboter-Interaktion zu gewährleisten. Die Ergebnisse, die sowohl die Struktur als auch die Methodik detailliert beschreiben, wurden in Zusammenarbeit mit dem Fachbereich für kognitive Robotik der TU Delft erarbeitet und in der neuen Fachzeitschrift Nature, npj Robotics, veröffentlicht.

Professor Hughes hob die Bedeutung dieser Entwicklung hervor: «Durch die Erfindung einer neuartigen Struktur, dem getrimmten Helikoid, haben wir einen Roboterarm entwickelt, der sich durch hervorragende Kontrolle, Bewegungsumfang und Sicherheit auszeichnet. Wenn die neuartige Architektur mit verteilter Betätigung kombiniert wird – bei der mehrere Aktoren in einer Struktur oder einem Gerät platziert sind – hat dieser Roboterarm einen grossen Bewegungsbereich, eine hohe Präzision und ist von Natur aus sicher für die menschliche Interaktion.»

Ein weicher, flexibler Roboter, der sicher mit dem Menschen interagieren kann © 2023 EPFL/Alain Herzog - CC-BY-SA 4.0

Während herkömmliche Roboter starr sind, was sie oft für heikle Aufgaben oder enge Interaktionen mit Menschen ungeeignet macht, ist der weiche Roboterarm von CREATE für sicherere Interaktionen mit Menschen und die Anpassungsfähigkeit an ein breiteres Spektrum von Aufgaben konzipiert. Mit einer noch nie dagewesenen Kombination aus Flexibilität und Präzision verringert die weiche und nachgiebige Beschaffenheit des Arms potenzielle Risiken bei Mensch-Roboter-Interaktionen. Dies öffnet Türen für den Einsatz im Gesundheitswesen, in der Altenpflege und in anderen Bereichen. Im Gegensatz zu seinen starren Gegenstücken kann sich der weiche Roboterarm an verschiedene Formen und Oberflächen anpassen, was ihn zu einem idealen Werkzeug für komplizierte Aufgaben wie das Pflücken von Obst oder die Handhabung zerbrechlicher Gegenstände macht. In der Industrie könnte er zur Lösung für heikle Fliessbänder werden, indem er neben dem Menschen arbeitet und dessen Kapazität ergänzt, anstatt ihn zu ersetzen. Auch die Landwirtschaft könnte von seiner sanften Art bei der Handhabung von Pflanzen profitieren, indem er die Arbeiter während der intensiven Erntezeiten begleitet, um ihre Arbeitslast zu verringern.

Der Kernpunkt der Forschung liegt in der neuartigen Architektur des Roboterarms. Die Forschenden haben eine federähnliche Spirale, die sie als «Helikoid» bezeichnen, kreativ modifiziert, indem sie Teile davon beschnitten haben, um sie mit verschiedenen Funktionen auszustatten. Durch diesen scheinbar einfachen Vorgang konnten sie genau steuern, wie flexibel oder steif die Spirale in verschiedenen Richtungen wird. Indem sie die Form anpassen, können sie den inneren Teil widerstandsfähig gegen Quetschungen und den äusseren Teil flexibel genug machen, um sich leicht zu biegen. Mit diesem speziellen Design haben sie einen weichen Roboter geschaffen, der sich auf bisher unbekannte Weise bewegen und agieren kann und die Art von Geschicklichkeit und weichem Griff zeigt, die in der Natur zu finden ist, wie z. B. im Rüssel eines Elefanten oder in den Tentakeln eines Oktopus.

«Die Verbindung von Naturbeobachtung mit präzisen Computermodellen hat das Potenzial der Soft-Robotik für künftige kommerzielle Anwendungen gezeigt.»      Josie Hughes. CREATE-Labor, EPFL

«Durch die Beobachtung dieser Tiere und die Entwicklung einer neuartigen architektonischen Struktur wollen wir diesen in der Natur vorkommenden Bewegungs- und Kontrollbereich nachahmen», so Josie Hughes. Zu diesem Zweck setzte das Team fortschrittliche Computermodelle ein, um Beobachtungen in greifbare Ergebnisse umzusetzen. Anhand dieser Modelle testeten sie iterativ ihre innovativen Spiralentwürfe – bis hin zu einer endgültigen, getrimmten Helikoidform. Qinghua Guan und Francesco Stella, die die eigentliche Entwicklung des Roboters leiteten, gaben Einblicke in den Entwurfs- und Optimierungsprozess: «Wir geben eine bestimmte Oberfläche in das Computermodell ein, trimmen und passen es dann an. Computergestützte Methoden leiten uns und helfen uns, die optimale geometrische Struktur für maximalen Arbeitsraum und Nachgiebigkeit zu ermitteln. Das Ergebnis? Eine Roboterkreation, die sich an der Natur orientiert, aber mit präzisem menschlichen Einfallsreichtum und Computermodellierung verfeinert wurde. Am Ende waren unsere Computermodelle so genau, dass wir nur eine Version des Arms bauen mussten.»

Die Fortschritte des CREATE-Labors der EPFL symbolisieren einen entscheidenden Wandel im Bereich der Robotik. Herkömmliche Roboteranwendungen, die von einer starren Mechanik dominiert werden, könnten sich hin zu diesem weicheren, menschenfreundlicheren Gegenstück entwickeln. Für diesen ersten kommerziellen Soft-Manipulator wurde ein Patent angemeldet, und ein gemeinsames Start-up der EPFL und der TU Delft wurde unter dem Namen Helix Robotics gegründet. Professorin Hughes fasst treffend zusammen: «Die Kombination von scharfen Beobachtungen aus der Natur mit präzisen Computermodellen hat das Potenzial der Soft-Robotik für künftige kommerzielle Anwendungen enthüllt. Unser Ziel ist es, die Roboter näher an den Menschen heranzuführen, nicht nur in Bezug auf die Nähe, sondern auch auf das Verständnis und die Zusammenarbeit. Wir hoffen, dass dieser weiche Roboterarm ein Beispiel für eine Zukunft ist, in der Maschinen den Menschen unterstützen, ergänzen und seine Bedürfnisse besser als je zuvor verstehen.»

Professorin Josie Hughes wird den Helix-Roboter zusammen mit mehreren anderen ihrer Kreationen am Swiss Robotics Day an der ETH Zürich am 3. November vorstellen. Auch viele andere EPFL-Professorinnen und -Professoren werden ihre Arbeit vorstellen. Der Tag ist dem Besten der Schweizer Robotik aus Industrie, Start-ups, Universitäten, Forschungslabors, gemeinnützigen Organisationen und Behörden gewidmet. Die Veranstaltung bietet hochkarätige Rednerinnen und Redner (Boston Dynamics, Disney) und Podiumsteilnehmende sowie Start-up-Pitches und mehr als 50 Ausstellungsstände mit Live-Demos.