Neue Inspektionsdrohne wird autonomer durch Wind

Elythor, ein Spin-off der EPFL, hat eine neue Drohne entwickelt, deren Flügelform sich in Echtzeit an die Windverhältnisse und die Flugposition anpassen kann, was den Energieverbrauch der Drohne reduziert. Ausserdem kann die Position der Flügel verändert werden, so dass die Drohne vertikal oder horizontal fliegen kann. Diese Eigenschaften machen sie zu einer perfekten Kandidatin für die Inspektion von Kraftwerken.
Morpho, die Drohne, deren Flügel sich den Windverhältnissen anpassen, um ihre Flugzeit zu verlängern © 2023 Elythor

Seit Jahrhunderten sind die Menschen davon fasziniert, wie leicht Vögel durch die Luft gleiten. Ihre instinktive Fähigkeit, den Wind zu ihrem Vorteil zu nutzen war die Inspiration für Morpho, die neue Inspektionsdrohne von Elythor. Morpho ist ein hybrides, unbemanntes Luftfahrzeug (UAV), das je nach Aufgabe seine Form verändern kann, teils mit Flügeln, teils mit einem Quadcopter. Seine anpassungsfähigen Flügel verlängern die Flugzeit der Drohne und verleihen ihr eine grössere Manövrierfähigkeit. In Kombination mit den eingebauten Sensoren und Kameras kann die Drohne in geschlossenen Räumen genauso gut fliegen wie in der freien Natur, was sie ideal für die Inspektion von Kraftwerken und anderen Infrastrukturen wie Hochspannungsleitungen, Windturbinen, Gaspipelines und Offshore-Ölplattformen macht.

Kostensenkung um ein Drittel und Verkürzung der Inspektionszeit

Wenn sie auf ihren vier Beinen steht, hat Morpho eine stromlinienförmige Form, die an eine kleine Rakete erinnert. Das ändert sich jedoch schnell, sobald die Rotoren zu surren beginnen. Dank ihrer Fähigkeit zum Senkrechtstart kann die Drohne auf engem Raum eingesetzt werden, bis auf wenige Zentimeter an ein Gerät heranfliegen und dieses inspizieren, ohne es zu berühren. Sobald die Inspektion abgeschlossen ist, kann Morpho die Motoren ausschalten und in eine horizontale, aerodynamischere Position drehen und schnell zum nächsten Inspektionsort fliegen. Wenn die Drohne unterwegs auf starke oder schnell wechselnde Winde trifft, fährt sie ihre Flügel je nach Bedarf aus oder ein, um ihre Flugbahn beizubehalten. Bei den richtigen Windverhältnissen kann sie auch gleiten. Das spart nicht nur Zeit bei der Inspektion, sondern bedeutet auch, dass die Drohne länger fliegen kann: «Wir haben berechnet, dass der Einsatz von Morpho die Zeit und die Kosten einer Drohneninspektion um durchschnittlich 35 % senken kann», sagt Harry Vourtsis, Mitbegründer und CEO von Elythor. Sobald Morpho den nächsten Inspektionsort erreicht, kann sie ihre Flügel einklappen und in eine vertikale Position zurückkehren, um direkt an die Ausrüstung heranzufliegen.

Harry Vourtsis, CEO und Mitbegründer, und Nathan Müller, Mitbegründer des Start-ups © 2023 Alain Herzog

«Unser Design kann den Stromverbrauch um bis zu 85 % senken, wenn die Drohne in vertikaler Position fliegt.»      Nathan Müller, Mitbegründer von Elythor

Asymmetrische Flügelverstellung sorgt für Stabilität bei starkem Wind

«Geflügelte Drohnen haben den Vorteil längerer Flugzeiten, während Quadcopter eine bessere Manövrierfähigkeit haben», sagt Vourtsis, «wir haben beides kombiniert und ein anpassungsfähiges Flügelsystem hinzugefügt, das den Energiebedarf der Drohne noch weiter reduziert.» Die meisten Drohnen mit festen Flügeln, die senkrecht starten und landen (VTOL), stellen einen Kompromiss dar: mit Flügeln, die klein genug sind, um die Reibung während des senkrechten Flugs zu verringern, aber gross genug, um während des waagerechten Flugs ausreichend Auftrieb zu erzeugen. VTOL-Drohnen haben ausserdem Probleme beim Starten und Landen bei starkem Wind, da ihre grosse Oberfläche senkrecht zum Wind steht.

Das Flügelsteuerungssystem von Morpho ist das Ergebnis mehrjähriger Forschung am EPFL-Labor für intelligente Systeme und wurde in mehreren wissenschaftlichen Artikeln beschrieben. Das System umfasst Sensoren, die mit einem Softwareprogramm zur Überwachung von Windrichtung und -geschwindigkeit verbunden sind. Nathan Müller, ebenfalls Mitbegründer von Elythor, erklärt: «Die Steuerung wählt auf der Grundlage der Flugbahn und der effektiven Geschwindigkeit der Drohne sowie etwaiger Änderungen der Windrichtung automatisch aus, ob die Flügel an Ort und Stelle gehalten werden oder sich frei mit dem Wind bewegen können. Ausserdem kann die Fläche der Flügel je nach Windrichtung entweder symmetrisch oder asymmetrisch angepasst werden.

Die Algorithmen des Steuerungssystems zielen nicht nur darauf ab, den Kompromiss zwischen Luftreibung und Auftrieb zu optimieren, sondern auch den Stromverbrauch zu minimieren. Dies bedeutet, dass die Windströmungen ausgenutzt werden, um die Drohne gleiten zu lassen, oder dass die Flügel asymmetrisch eingestellt werden, um das Gieren – also die Drehung um die vertikale Achse – zu regulieren. Dies sorgt für mehr Stabilität bei starkem Wind.

Quantitative Studien, die im EPFL-Labor durchgeführt wurden, zeigen, dass Morpho eine deutlich bessere Manövrierfähigkeit und Energieeffizienz aufweist: «Unser Design kann den Energieverbrauch um bis zu 85 % reduzieren, wenn die Drohne in der vertikalen Position fliegt», sagt Müller, «es verbessert auch die Fluglage und die Stabilität der Drohne erheblich.» Diese Vorteile bedeuten, dass Morpho Inspektionen unter einer grösseren Bandbreite von Wetterbedingungen durchführen kann.

«Wir wollen Inspektionsplattformen revolutionieren»

Da Elythor seinen Kundinnen und Kunden eine schlüsselfertige Lösung anbieten will, entwickelt das Unternehmen auch Software für die Zusammenstellung und Analyse der von Morpho gesammelten Daten: «Wir wollen die Inspektionsplattformen revolutionieren», sagt Vourtsis. Heute setzen Kraftwerksbetreiber verschiedene Arten von Drohnen ein, je nachdem, wo sich die zu inspizierenden Anlagen befinden. Und die Anlagen erstrecken sich manchmal über mehrere Kilometer und umfassen komplizierte Strukturen, die betreten werden müssen, wie Windturbinen und Sendetürme.

Elythor hat eine beträchtliche Anschubfinanzierung erhalten und plant, seine Drohne in den kommenden Monaten zur industriellen Serienreife und Ende dieses Jahres auf den Markt zu bringen.