Filtermembran macht Viren unschädlich

ETH-Forschende entwickeln eine neue Filtermembran, die hocheffizient verschiedenste Viren aus dem Wasser und der Luft filtriert und inaktiviert. Die Membran basiert auf biokompatiblen Materialien und weist eine entsprechend gute Umweltbilanz auf.
Eine neue Filtermembran entfernt Viren aus dem Wasser und macht Trinkwasser sicher. (Bilder: iStock / Colourbox; Montage: Katja Schubert)

Viren können sich auf unterschiedliche Arten verbreiten. Einige tun dies über Tröpfchen und Aerosole wie das neue Coronavirus, andere lassen sich im Wasser finden wie Rota- oder Enteroviren.

Bisher wurden solche aquatischen Viren mittels Nanofiltration oder durch das Verfahren der Umkehrosmose aus dem Wasser entfernt, was teuer ist und die Umwelt belastet. Nanofilter etwa bestehen aus erdölbasierten Rohmaterialien, die Umkehrosmose wiederum benötigt relativ viel Energie.

Umweltfreundliche Membran entwickelt

Nun hat ein internationales Team von Forschenden unter der Leitung von Raffaele Mezzenga, Professor für Lebensmittel und weiche Materialien an der ETH Zürich, eine neue Filtermembran entwickelt, welche Viren hocheffektiv aus Wasser eliminiert und umweltfreundlich ist. Für ihre Herstellung verwendeten die Forschenden natürliche Ausgangsmaterialien.

Die Filtermembran basiert auf dem demselben Prinzip, das Mezzenga und seine Mitarbeitenden entwickelt haben, um Schwer- oder Edelmetalle aus dem Wasser zu entfernen. Die Grundlage der Membran sind denaturierte Molkeproteine, die sich zu feinsten Fäserchen, sogenannten Amyloidfibrillen, zusammenlagern. Neu haben die Forschenden dieses Fibrillengerüst mit Nanopartikeln aus Eisen-Hydroxid (Fe-O-HO) kombiniert.

Die Herstellung der Membran ist relativ einfach. Um die Fibrillen zu produzieren werden aus der Milchverarbeitung stammende Molkeproteine in Säure zu geben und auf 90 Grad Celsius erhitzt. Dadurch strecken sich die Proteine und lagern sich aneinander an, so dass Fäserchen entstehen. Die Nanopartikel lassen sich im selben Reaktionsgefäss wie die Fibrillen erzeugen, indem die Forschenden den pH-Wert anheben und Eisensalz beigeben. Dieses «zerfällt» in Eisen-Hydroxid-Nanopartikel, die sich an den Amyloidfibrillen anlagern. Als Träger für die Membran verwendeten Mezzenga und seine Mitarbeitenden in diesem Fall Zellulose.

Die Kombination von Amyloidfibrillen und Eisen-Hydroxid -Nanopartikeln macht die Membran zu einer hochwirksamen und effizienten Falle für verschiedene, im Wasser zirkulierende Viren. Das positiv geladene Eisenoxid zieht die negativ geladenen Viren elektrostatisch an und inaktiviert sie. Die Amyloidfibrillen alleine wären dazu nicht in der Lage, da sie wie die Virenpartikel bei neutralem pH-Wert ebenfalls negativ geladen sind. Die Fibrillen sind aber der ideale Träger für die Eisenoxid-Nanopartikel.

Verschiedene Viren hocheffizient eliminiert

Die Membran eliminiert verschiedene Viren im Wasser, so auch hüllenlose Adeno-, Retro- und Enteroviren, die gefährliche Magendarm-Infektionen verursachen können. Pro Jahr sterben rund eine halbe Million Menschen – oft Kleinkinder in Entwicklungs- und Schwellenländern – an Infektionen mit Enteroviren. Diese sind äusserst zäh und säurebeständig und verbleiben sehr lange im Wasser. Die Filtermembran könnte deshalb gerade in ärmeren Ländern solche Infektionen verhindern helfen.

Sehr effizient eliminiert die Membran auch Grippeviren H1N1 sowie das Sars-Cov-2-Virus aus dem Wasser. In den gefilterten Proben lag die Konzentration der beiden Viren unterhalb der Nachweisgrenze, was einer fast vollständigen Eliminierung diese Krankheitserreger gleichkommt.

«Wir sind uns bewusst, dass das neue Coronavirus überwiegend über Tröpfchen und Aerosole übertragen wird. Doch selbst dabei muss es stets von Wasser umgeben sein. Dass wir es sehr effizient auch aus dem Wasser entfernen können, unterstreicht die breite Anwendbarkeit unserer Membran eindrücklich», sagt Mezzenga.

Konzipiert ist die Membran in erster Linie für den Einsatz in Kläranlagen oder bei der Trinkwasseraufbereitung. Sie könnte jedoch auch in Luftfilteranlagen oder sogar in Masken eingesetzt werden. Sie besteht ausschliesslich aus biokompatiblen Materialien –, könnte also nach Gebrauch einfach kompostiert werden, und lässt sich mit minimalem Energieaufwand produzieren. Sie weist deshalb eine hervorragende Umweltbilanz auf, wie die Forschenden in ihrer Studie ebenfalls aufzeigen. Die Filtration ist passiv, kommt also ohne zusätzlichen Energieaufwand aus, was den Betrieb CO2-neutral macht und sie für verschiedene Einsatzorte prädestiniert.

An der Arbeit beteiligt waren nebst dem Labor von Raffaele Mezzenga auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von mehreren Schweizer Universitäten, darunter Virenspezialistinnen der Universitäten Zürich, Lausanne und Genf, der EPFL, der Universität Cagliari sowie des ETH-Spin-offs BluAct. Das Unternehmen hält das Patent auf diese neue Technologie.

Literaturhinweis

Palika A, Armanious A, Rahimi A, et al. An anti-viral trap made of protein nanofibrils and iron oxyhydroxide nanoparticles. Nature Nanotechnology, 2021. Published online 3 June; doi: 10.1038/s41565-021-00920-5