Künstliche Intelligenz zur Verbesserung der sportlichen Leistung

EPFL-Forschende haben sich mit Dartfish und dem Lausanner Eishockeyclub zusammengetan, um die Grenzen der Leistungsanalyse im Sport zu erweitern, indem sie die Technologie des maschinellen Sehens und Lernens auf das Geschehen auf dem Eis anwenden.
Die Mannschaft des Hockeyclubs Lausanne © Lionel Dériaz

Auch wenn es keinen Ersatz für stundenlanges Training gibt, ist die Videoanalyse im Sport zu einem Muss im Kampf um Medaillen geworden. Dartfish, ein 1999 gegründetes Spin-off der EPFL, hat sich genau auf diesen Bereich spezialisiert. Seine Technologie ermöglicht es Athletinnen und Trainierenden in Einzel- und Mannschaftssportarten, Videomaterial und Daten – sowohl live als auch aufgezeichnet – auszuwerten und taktische Strategien zu entwickeln.

Die Technologie von Dartfish stützt sich auf ein automatisches System zur Erkennung und Verfolgung von Menschen. Es ist jedoch eine Herausforderung, hohe Standards für Genauigkeit und Zuverlässigkeit aufrechtzuerhalten. Hier kommen die Forschenden des EPFL-Labors für visuelle Intelligenz im Verkehrswesen (VITA) ins Spiel: «Wir verwenden Kameras, um menschliches Verhalten zu erkennen, zu verfolgen und vorherzusagen», sagt Alexandre Alahi, Leiter des VITA-Labors, «unsere Kameras sind an Autos, in Gebäuden und jetzt auch in Sportarenen angebracht.»

Vor etwa einem Jahr hat sich Alahis Forschungsgruppe mit Dartfish für ein von der Schweizer Innovationsagentur Innosuisse finanziertes Projekt zusammengetan. Gemeinsam wollten sie ein neuartiges Videoanalysesystem entwickeln, das die Computer-Vision-Technologie des VITA-Labors mit dem Fachwissen von Dartfish auf dem Gebiet des Sports kombinieren sollte. Und weil – zumindest im Eishockey – eine starke Offensivlinie drei Spieler braucht, wählten sie den Lausanne Hockey Club (LHC) als Testfeld für ihr Gerät.

Tests unter realen Bedingungen

In der Vaudoise Aréna, in der der LHC seine Heimspiele austrägt, haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zehn Kameras installiert: vier an der Decke, um Spieler, Schiedsrichter und den Puck zu verfolgen, und sechs am Rand des Eises, um die Spieler zu identifizieren. Die Forschenden haben bereits damit begonnen, mehrere aufgezeichnete Spiele zu überprüfen und ihre Algorithmen anhand des Filmmaterials und der zugehörigen Daten auf die neue Umgebung zu trainieren: «Bislang haben wir eine Erkennungsgenauigkeit von 94 % erreicht», sagt Alahi. Der Teil der Gleichung, der die Verfolgung betrifft, ist jedoch wesentlich schwieriger. Um diese Hürde zu überwinden, werden die Forschenden neue Methoden entwickeln, die auf den Körperhaltungen der Spieler basieren. Dadurch sollen zuverlässigere Ergebnisse bei der Verfolgung von Personen erzielt werden.

Das System von Dartfish wird, sobald es fertig ist, drei Arten von Daten liefern. CEO Jean-Sebastien Mérieux erklärt: «Erstens wird es die Positionen der einzelnen Spieler alle 20 Millisekunden aufzeichnen. Zweitens wird es Spielstatistiken erstellen, aus denen hervorgeht, wie weit jeder Spieler gelaufen ist, wie viele Schüsse er abgegeben hat, wie lange er auf dem Eis war und so weiter. Und drittens wird es eine vollautomatische Spielsequenzierung durchführen – etwas, das heute grösstenteils manuell durchgeführt wird.»

Tagged Video mit Dartfish Tracking © Dartfish

«Die wachsende Beziehung zwischen der EPFL und dem LHC bildet die Grundlage, um das Potenzial der LHC-Spieler, des Vereins aber auch der Akademie zu steigern», sagt John Fust, der Sportdirektor des LHC. «Unsere Partnerschaft wird es dem LHC ermöglichen, auf und neben dem Eis neue Höhen zu erreichen.» Quirin Söhnlein, Leiter der Leistungsabteilung des LHC, fügt hinzu: «Die detaillierten Statistiken werden uns einen klaren Vorteil verschaffen und es uns ermöglichen, unsere Spielanalysen auf die nächste Stufe zu heben.»

Bessere Algorithmen mit weniger Training

Heutzutage werden im Bereich des maschinellen Lernens mit einer grossen Anzahl von Beispielen beeindruckende Ergebnisse erzielt: «Das heisst, je mehr Daten man hat, desto besser sind die Algorithmen», erklärt Alahi, «aber wir wollen neue Methoden entwickeln, die mit einer begrenzten Anzahl von Beispielen ein hohes Leistungsniveau erreichen.«Er sieht die gemeinsame Forschung mit dem LHC als Chance, KI-Modelle für reale Probleme zu entwickeln: «Letztendlich möchten wir ein erschwingliches System zur Analyse von Menschen entwickeln, das mit jeder Art von Kamera und in jeder Art von Umgebung funktioniert – von der Vorhersage, ob ein Fussgänger in der Stadt bei Rot über die Straße geht, bis hin zur Vorhersage des kollektiven Verhaltens bei Mannschaftssportarten.»

Ein lebendes Labor

Diese Forschung – ein weiteres Beispiel für den Ansatz des «lebenden Labors» – wird auch dazu beitragen, die Beziehungen innerhalb der Branche zu stärken: «Es ist eine Gelegenheit, den Technologietransfer zu beschleunigen, indem Endnutzende, F&E-Labors und die Unternehmen, die die Technologie vermarkten, frühzeitig im Entwicklungsprozess zusammenarbeiten», sagt Pascal Vuilliomenet, der die Zusammenarbeit zwischen der EPFL, Dartfish und dem LHC im Rahmen der SportTech-Initiative der EPFL initiiert hat. «Diese Forschung wird die Region Lausanne weiter als Brutstätte der Sportinnovation verankern und den Weg für vielversprechende neue Entwicklungen in der Zukunft ebnen.»