Neuer Hochleistungsrechner-Hub zur Nutzung von Sonnenenergie

Die EPFL wird bald ein europäisches Zentrum für Hochleistungscomputer beherbergen, das sich auf die Fusionsenergie konzentriert – eine potenzielle Quelle für saubere, risikofreie Energie. Als Teil dieser Bemühungen wird das Swiss Plasma Center der EPFL ein campusweites, interdisziplinäres Forschungsteam leiten.
© Carlos Castilla iStock photos

EUROfusion – oder das Europäische Konsortium für die Entwicklung der Fusionsenergie, das aus Organisationen aus 28 europäischen Ländern besteht – hat gerade die EPFL als Standort für seinen Advanced Computing Hub ausgewählt. Dieser Forschungshub wird vom Swiss Plasma Center geleitet und bringt eine vielfältige Gruppe von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Instituts für Mathematik der EPFL, des SCITAS (das eine wissenschaftliche Hochleistungsrechenplattform beherbergt), des Swiss Data Science Center (ein nationales Kompetenzzentrum für Big Data) und des Labors für experimentelle Museologie (eM+) zusammen. Diese Expertinnen werden den europäischen Forschenden, die auf dem Gebiet der Fusionsenergie arbeiten, wissenschaftliche und technische Unterstützung sowie Supercomputing-Kapazitäten zur Verfügung stellen.

Das Swiss Plasma Center ist eines der weltweit führenden Fusionsforschungslaboratorien. Ambrogio Fasoli, Leiter des Swiss Plasma Centers: «Dass wir als Gastgeber für den Advanced Computing Hub ausgewählt wurden, spiegelt unsere anerkannte Expertise in der Fusionstheorie und -simulation wieder und verdeutlicht den interdisziplinären Charakter unserer Arbeit. Es beweist, dass unsere Forschung auch für andere wissenschaftliche Gemeinschaften von Interesse ist, wie z.B. für die Mathematik und Big Data. Diese Wissenschaftlerinnen werden bald in der Lage sein, ihr Wissen zu bündeln und gemeinsam an einer internationalen Initiative auf hohem Niveau zu arbeiten.»

Aktualisieren von Simulationscodes

Das Forschendenteam hat viel Arbeit vor sich: Es wird die Computersimulationscodes aktualisieren, die in experimentellen Fusionsreaktoren, den sogenannten Tokamaks, verwendet werden. Der bekannteste dieser Reaktortypen, ITER, wird derzeit in Südfrankreich gebaut. Das Ziel von Tokamaks ist es, die Machbarkeit der Kernfusion im grossen Massstab zu demonstrieren. Fusionsenergie – erzeugt aus denselben Reaktionen, die auch im Inneren der Sonne ablaufen – könnte eine Alternative sein, um den gesamten Planeten mit sauberer Energie zu versorgen, ohne langfristig radioaktiven Abfall zu produzieren.

Eine Fusionsreaktion hier auf der Erde zu erzeugen, ist jedoch eine unglaublich komplizierte Aufgabe, sowohl aus experimenteller als auch aus theoretischer Sicht: «Auf dem Gebiet der Fusionsenergie geht es nicht nur darum, riesige Reaktoren wie ITER zu bauen, sondern auch Spitzenforschung zu betreiben, um physikalische Phänomene besser zu verstehen, zu interpretieren und vorherzusagen. Diese Vorhersagen beruhen auf gross angelegten Simulationen, für die die leistungsfähigsten Computer der Welt benötigt werden. Um solche Berechnungen durchführen zu können, brauchen die Forschenden operative Unterstützung», sagt Paolo Ricci, Professor am Swiss Plasma Center und leitender Wissenschaftler des Hubs.

Der Zweck des Hubs ist es, umfassende, europaweite Unterstützung für Fusionssimulationen zu bieten. Für die Simulation der komplexen Phänomene, die am Fusionsprozess beteiligt sind, werden unglaublich leistungsstarke Computer benötigt, die klug eingesetzt und regelmässig aufgerüstet werden müssen: «Wir werden versuchen, skalierbar und anpassungsfähig zu arbeiten. Die EUROfusion-Forschenden müssen in der Lage sein, von zukünftigen Fortschritten in der Computertechnologie zu profitieren. Unsere Aufgabe im Advanced Computing Hub wird es sein, bestehende Simulationscodes zu aktualisieren, damit die Forschenden die neuen Möglichkeiten der kommenden Generationen von Supercomputern voll ausschöpfen können», sagt Gilles Fourestey, Leiter des Hubs.

Echtzeit-Visualisierungen

Der Hub wird sich auch auf einen der neuen Kompetenzbereiche der EPFL stützen: 3D-Datenvisualisierung unter Verwendung von Technologien, die im Labor für experimentelle Museologie (eM+) unter Leitung von Prof. Sarah Kenderdine entwickelt wurden. Um den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu helfen, die hochkomplexen Daten, die von den Supercomputern generiert werden, besser zu verstehen, wird Kenderdines Labor immersive Augmented-Reality-Technologie und hochmoderne Einrichtungen zur Durchführung hochentwickelter 3D-Visualisierungen bereitstellen.

© Foto Sarah Kenderdine Authors: Joram Posma, Sarah Kenderdine, Jeremy Nicholson

Ziel ist es, die Ergebnisse der Simulationen grafisch darzustellen und den Forschenden letztendlich zu ermöglichen, in Echtzeit mit ihnen zu interagieren. «Was wir tun werden, ist, Datenfeeds live vom Swiss Plasma Center zu nehmen und sie in diese grossen Systeme zu importieren. Dies ermöglicht es mehreren Forschenden, in einem Visualisierungsraum zusammenzukommen. Das Aufkommen von Echtzeit-Grafiken ist ein grosser, boomender Bereich, in dem so viel möglich ist. Aber wie man diese Welten konstruiert, ist noch nicht klar. Das werden wir also gemeinsam herausfinden», sagt Kenderdine.

Die Initiative Advanced Computing Hub startet am 1. Juli 2021 und läuft bis 2025. Die meisten der beteiligten Forschenden glauben jedoch, dass es eine langfristige Einrichtung auf dem Campus der EPFL werden könnte. «Ich werde mich auf jeden Fall dafür einsetzen, dass dieses interdisziplinäre Projekt auch nach dem europäischen Rahmenprogramm weitergeführt wird», sagt Fasoli.