Flexibilität als Schlüssel zu breiter Einführung von Solarenergie

Der erfolgreiche Einsatz der Solarenergie wird von vielen Faktoren abhängen, unter anderem davon, wie gut die Netzbetreiber in der Lage sind, Angebot und Nachfrage auszugleichen, um erneuerbare Energien in ihre Niederspannungsnetze einzubinden. Eine EPFL-Dissertation untersucht, wie Stromversorger die Flexibilität fördern können, um dieses Ziel zu erreichen.
Die Solarenergie wird eine entscheidende Rolle beim Übergang zu einer CO2-neutralen Gesellschaft spielen. ©istock

Die Kosten für Solarstrom sind in weniger als zehn Jahren um das Fünffache gesunken, auf durchschnittlich 6,8 Rp./kWh. Diese Form der erneuerbaren Energie ist jetzt wettbewerbsfähig und kann fast überall erzeugt werden – und sie ist in der Lage, eine entscheidende Rolle beim Übergang zu einer CO2-neutralen Gesellschaft zu spielen. Eine Herausforderung muss jedoch noch bewältigt werden: Wie lässt sich Solarenergie effektiv in Stromnetze einbinden, insbesondere in solche mit geringer Leistung? Jordan Holweger, Doktorand am Labor für Photovoltaik und Dünnschichtelektronik der EPFL, untersuchte, wie Energieversorgungsunternehmen die Flexibilität von Solarstromanlagen fördern können, damit diese in grossem Umfang in Niederspannungsnetzen eingesetzt werden können.

Das Hauptproblem bei der Einbindung von lokal erzeugtem Solarstrom in Stromnetze ist die unstete Natur dieser Energieform. An einem durchschnittlichen Herbsttag kann die Sonneneinstrahlung um das Fünffache ansteigen, sobald die Sonne aufgeht, was dazu führt, dass einige mit Solarmodulen ausgestattete Häuser, die bis dahin Energie verbraucht haben, diese plötzlich ins Netz einspeisen. Diese Schwankungen, die kaum vorhersehbar sind, können zu Überlastungen führen, die Netzspannung in die Höhe treiben und andere Netzstörungen hervorrufen. Um den Energieversorgern zu helfen, diese Risiken zu vermeiden, untersuchte Holweger, wie die Flexibilität genutzt werden kann, um die von einem bestimmten System erzeugte Solarstrommenge mit der verbrauchten Menge auszugleichen. Dabei betrachtete er nur dezentrale Erzeugungsanlagen – im Gegensatz zu grossen Photovoltaikanlagen – deren Strom hauptsächlich in Niederspannungsnetze eingespeist wird.

Zwei mögliche Hebel

Der erste Hebel, den Holweger zur Verbesserung der Systemflexibilität und zur Abmilderung der Auswirkungen auf die Stromnetze ausgemacht hat, betrifft das Verbraucherverhalten. Wie können finanzielle Anreize genutzt werden, um die Verbraucherinnen und Verbraucher zu einer Änderung ihrer Gewohnheiten zu bewegen? Holweger führte ein Experiment mit rund 600 Haushalten im Berner Jura durch, denen zwischen 11 und 15 Uhr oder auf der Grundlage von Wettervorhersagen ein niedrigerer Stromtarif angeboten wurde. Keiner der Haushalte, die an dem Experiment teilnahmen, war mit Sonnenkollektoren ausgestattet. «Die Reaktion war eher verhalten», sagt Holweger, «die Haushalte tendierten dazu, ihren Stromverbrauch zu erhöhen, wenn der Tarif niedriger war, aber sie reduzierten ihren Verbrauch nicht wirklich, wenn der Tarif höher war. Das liegt wahrscheinlich daran, dass die Strompreise in der Schweiz zu niedrig sind, als dass kleine Änderungen das Verbraucherverhalten beeinflussen könnten. Die Einsparungen bewegen sich in der Grössenordnung von ein paar Franken.»

Jordan Holweger hat seine Arbeit letzten Juli verteidigt ©Alain Herzog/EPFL

Er untersuchte auch, wie Verbraucherinnen und Verbraucher ihre Gewohnheiten ändern, nachdem sie Solarzellen installiert haben. Hier war die Reaktion ausgeprägter, mit einer deutlichen Verhaltensänderung, die höchstwahrscheinlich durch die Kombination von Kosteneinsparungen und einem Gefühl des moralischen Imperativs ausgelöst wurde. Diese Haushalte hätten einen starken Anreiz, die von ihnen erzeugte Solarenergie zu verbrauchen, um ihre Stromrechnung zu senken, «aber dieser Hebel ist nicht stark genug, um die Stromnetze wirklich zu beeinflussen», sagt Holweger.

Der zweite Hebel, den Holweger identifizierte, betrifft technische Massnahmen wie Batterien, Wärmepumpen, elektrische Heizungen und Systeme zur Abregelung der Solarstromerzeugung. Auch hier seien die Stromtarife ein wichtiger Faktor, so Holweger. Nur Tarife, die einen echten Anreiz böten, würden die Verbrauchenden dazu bewegen, beispielsweise eine Batterie zu kaufen: «Um eine echte Flexibilität zu erreichen, müssen die Versorgungsunternehmen Tarife für die Nutzungszeit einführen und intelligente Zähler installieren, um Solaranlagen zu einer attraktiven Investition zu machen», sagt er. Ein Ansatz, den die Versorgungsunternehmen anwenden könnten, um die Kosten für den Ausbau der Netzkapazität zu vermeiden, ist die Nutzung der Flexibilität der verschiedenen Komponenten von Solarenergiesystemen. Wenn beispielsweise eine Überproduktion zu einem Problem wird, könnten sie Batterien aufladen oder die Wechselrichter der Solarmodule abschalten, damit sie keine Energie mehr liefern.

Reicht das aus? «Ja, für eine lange Zeit», antwortet Holweger, «aber sobald der Anteil der Solarenergie 70 % erreicht hat, müssen die Versorgungsunternehmen ihre Niederspannungsnetze aufrüsten. In Städten, wo die Solarkapazität begrenzt ist, wird das kein Problem sein. Aber auf dem Land können die Dächer mit Solarzellen bedeckt werden. Mit den von uns beschriebenen technischen Flexibilitätsmassnahmen können die Versorgungsunternehmen eine doppelt so hohe Durchdringungsrate bewältigen, bevor sie in die Aufrüstung investieren müssen. Das bedeutet jedoch, dass sie die Zustimmung der Verbrauchenden zur Fernsteuerung ihrer Solaranlagen einholen müssen – was die Frage aufwirft, ob die Verbrauchenden das überhaupt wollen.»