Ein Feldlabor für DNA-Analysen

GenoRobotics ist ein interdisziplinäres EPFL-Projekt zur Entwicklung eines tragbaren, automatisierten Geräts zur Extraktion und Sequenzierung von DNA in jeder Art von Umgebung. Das Projektteam hofft, dass seine Erfindung die Kartierung der Biodiversität unseres Planeten einfacher und schneller machen wird.
(Von links nach rechts) Jonathan Selz, Nicolas Adam und Cyril Monette. © Alain Herzog 2021 EPFL

Die Erhaltung der biologischen Vielfalt der Erde ist eine entscheidende Herausforderung. Biologinnen müssen in der Lage sein, Arten auf der ganzen Welt zu identifizieren und zu kategorisieren und ihre Umgebung zu untersuchen, um sie zu schützen und zu erhalten. Das Problem ist, dass die derzeitigen Charakterisierungsmethoden im Verhältnis zu dem Tempo, mit dem sich der Klimawandel auf unsere Ökosysteme auswirkt, viel zu lange dauern. Obendrein sind diese Methoden im Feld schwer anzuwenden, vor allem in abgelegenen, nicht erschlossenen Gebieten – im wahrsten Sinne des Wortes.

Um dieses Problem zu lösen, haben zwei EPFL-Absolventen – Nicolas Adam (Mikrotechnik) und Jonathan Selz (Robotik) – das Projekt GenoRobotics ins Leben gerufen, um ein robustes, tragbares und automatisiertes Gerät zur Extraktion und Sequenzierung von Pflanzen-DNA-Proben direkt im Feld zu entwickeln. Ihr Projekt wird von der EPFL im Rahmen des interdisziplinären MAKE-Programms unterstützt. «Mit GenoRobotics können wir unser Interesse an der Wissenschaft mit unserer Liebe zur Natur verbinden», sagen Adam, der ausgebildeter Skilehrer ist, und Selz, ein begeisterter Kletterer.

Zwei Jahre sind zu lang

Die Idee für GenoRobotics entstand vor drei Jahren, nachdem Adam und Selz Sven Bürki, einen Schweizer Biologen und Assistenzprofessor für evolutionäre Pflanzenbiologie an der Boise State University in Idaho, kennengelernt hatten: «Alles begann mit einer von Sven geleiteten Forschungsexpedition nach Madagaskar, um die Lebensräume von Lemuren zu charakterisieren», sagt Adam, «die dabei gesammelten DNA-Proben mussten zur Analyse zurück in die USA geschickt werden. Und da der Versand von lebenden Proben dem Nagoya-Protokoll unterliegt, war er mit viel Bürokratie verbunden – insbesondere angesichts des politischen Klimas in Madagaskar. Am Ende vergingen zwei Jahre zwischen der Entnahme der Proben und der Analyse in einem Labor.»

Adam und Selz erkannten, dass diese langen Verzögerungen nicht mit der Dringlichkeit vereinbar sind, die für den Erhalt der Artenvielfalt notwendig ist. Sie begannen daher, Ideen zu entwickeln, wie sie vor Ort durchgeführt werden könnten – nicht nur, um zu verhindern, dass Forschende Proben über Grenzen hinweg verschiffen müssen, sondern auch, weil ein tragbares Labor «es den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ermöglichen würde, eine zweite Probe zu nehmen, wenn sich herausstellt, dass sie die erste nicht verwenden können, oder zusätzliche Proben auf der Grundlage der Ergebnisse ihrer DNA-Sequenzierung zu sammeln, wenn sie beispielsweise eine neue Art entdecken», sagt Selz.

«Als Studierende sehen wir nicht immer den praktischen Nutzen dessen, was wir im Unterricht lernen. Aber dieses Projekt zeigt uns, wie wir die Theorie auf reale Probleme anwenden können.»      Cyril Monette

Neben Adam und Selz gehören zum GenoRobotics-Projektteam fünf Professorinnen und Professoren, drei Doktorierende und rund 15 weitere EPFL-Studierende aus verschiedenen Programmen. Das Team arbeitet speziell an der Entwicklung einer Technologie zur Vorbereitung von Proben für die DNA-Sequenzierung und zur Speicherung der einmal gesammelten Daten. Für die Sequenzierung «planen wir, das von Oxford Nanopore Technologies entwickelte tragbare System zu verwenden», sagt Cyril Monette, ein Student des Mikroingenieurwesens im dritten Jahr an der EPFL, der für die Entwicklung des DNA-Quantifizierungssensors verantwortlich ist. Das Projektteam plant auch, das System von Oxford Nanopore für die Vorbereitung der Bibliotheken zu verwenden, die zur Unterscheidung verschiedener DNA-Proben verwendet werden.

Extraktion auf Hydrogel-Basis

Die Extraktion von Pflanzen-DNA kann manchmal bis zu 30 einzelne Schritte erfordern, die heute manuell durchgeführt werden. Um diese Einschränkung zu umgehen, entschieden sich Adam und Selz für ein spezielles Hydrogel, das bereits von den EPFL-Studieenden verwendet wurde, die den iGEM-Wettbewerb 2019 gewonnen hatten: «Das Hydrogel enthält winzige, etwa 800 µm lange Nadeln und wurde ursprünglich für die Verabreichung von Impfstoffen entwickelt», erklärt Adam: «Man muss nur auf ein Pflaster mit dem Hydrogel drücken, um DNA-Stränge anzuziehen. Unsere Tests zeigen, dass die so gewonnenen Stränge rein genug und konzentriert genug sind, um ein DNA-Barcoding durchzuführen. Und um zu verhindern, dass die Proben bei der Extraktion verunreinigt werden, entwickeln wir einen neuen Mechanismus, der wie ein Hefter funktioniert.»

© Alain Herzog 2021 EPFL

Sobald die Stränge gesammelt sind, besteht der nächste Schritt darin, die DNA zu quantifizieren. Im GenoRobotics-Gerät wird dies mit einem miniaturisierten Spektralphotometer geschehen – einem gängigen Gerätetyp, der misst, wie die DNA-haltigen Moleküle UV-Strahlen absorbieren. «Der schwierige Teil ist, sicherzustellen, dass man nach dem Quantifizierungsprozess genügend genetisches Material hat», sagt Monette. Die EPFL-Studierenden, die an dem Projekt beteiligt sind, bauen einen Proof-of-Concept-Prototyp, den sie diesen Sommer während einer Forschungsexpedition im Jura-Gebirge testen werden.

Und wenn es darum geht, Kopien von DNA-Proben zu erstellen, erforschen die GenoRobotics-Ingenieure alternative Methoden zur PCR, die wiederholte Heiz- und Kühlzyklen erfordert, die viel Energie verbrauchen. «Wir untersuchen eine isotherme Methode namens Rekombinase-Polymerase-Amplifikation, die Enzyme verwendet und bei 37°C durchgeführt wird», sagen Adam und Selz.

Ein weiteres Element ihres Projekts ist die Entwicklung einer Datenbank, mit der sich Daten unter Feldbedingungen – wo Internetverbindungen oft nicht verfügbar und die Stromversorgung unzuverlässig ist – leicht erfassen und nachverfolgen lassen. Die Idee ist, dass die GenoRobotics-Datenbank eine Schnittstelle zu den bestehenden iBOL- und GenBank-Datenbanken bilden: «Je nach Probe kann die Sequenzierung eines ganzen Genoms Dutzende von Gigabytes an Speicherplatz benötigen. Deshalb planen wir, DNA-Barcoding zu verwenden, da es sich dabei nur um kurze DNA-Abschnitte handelt – ein einziges Gen reicht, um zwischen zwei Arten zu unterscheiden. Wir planen, unsere Datenbank in Abschnitte für verschiedene Länder aufzuteilen, um sie später herunterzuladen», sagen Adam und Selz.

Analyse von Wasser- und Bodenproben

Neben einem tragbaren DNA-Messgerät für Pflanzen entwickelt das GenoRobotics-Team in Zusammenarbeit mit dem schwimmenden Labor LéXPLORE auch eines für Wasserproben: «DNA-Stränge sind im Wasser häufig stark verdünnt, also mussten wir einen Weg finden, sie zu konzentrieren», sagt Adam. «Wir entwerfen derzeit ein Pump- und Filtersystem, das Polymere verwendet, um die organische Substanz anzusammeln, damit die DNA extrahiert werden kann.» Das Projektteam plant auch, ein tragbares Gerät für Bodenproben und Mikroorganismen zu entwerfen, und hat zu diesem Zweck bereits eine Partnerschaft mit dem Genfer Naturkundemuseum geschlossen.

«Als Studierende sehen wir nicht immer den praktischen Nutzen dessen, was wir im Unterricht lernen», sagt Monette, «aber dieses Projekt zeigt uns, wie wir die Theorie auf reale Probleme anwenden können. Und weil wir mit Wissenschaftlerinnen und Ingenieuren aus verschiedenen Bereichen zusammenarbeiten, lernen wir auch Methoden aus anderen Disziplinen. Ich musste zum Beispiel biologische Mechanismen studieren, um verschiedene mögliche Methoden für unseren Sensor zur DNA-Quantifizierung bewerten und die richtige auswählen zu können. Das war eine grosse Herausforderung.»

Neben der Anwendung ihres eigenen Fachwissens eignen sich die Teammitglieder im Rahmen des GenoRobotics-Projekts eine Reihe von karrierefördernden Fähigkeiten an. Dazu gehört, wie man die «Sprache» anderer Wissenschaften spricht, mit der Privatwirtschaft zusammenarbeitet, mit Herstellern verhandelt und Projektpartner findet. Und Adam und Selz wollen ihr Team erweitern: «Es ist eine grossartige Gelegenheit, Technik für die Umwelt einzusetzen. Es bringt Menschen mit vielen verschiedenen Hintergründen zusammen, und wir bieten eine Vielzahl von Möglichkeiten, konkrete Anwendungen zu entwickeln.»