Eine Bildungsoase im Herzen des Campus

Durch ein neues Gebäude und die Renovierung der Coupole sollen 1 500 Hörsaalplätze geschaffen werden. Das international ausgeschriebene Projekt wird nun unter der Leitung des Architekten Dominique Perrault realisiert.
Blick auf das neue Gebäude aus der Vogelperspektive. © Dominique Perrault Architecte - ADAGP

Auf dem Reissbrett des Architekten sucht man das neue Gebäude vergeblich – ein Zeichen dafür, dass es besonders unauffällig in das Campusgelände integriert wird. Im Wesentlichen nimmt dieser Komplex, der aus modularen Hörsälen mit 200 bis 500 Plätzen bestehen wird, den Platz der Tiefgarage Esplanade ein, die sich im Herzen des Lausanner Campus der EPFL befindet. Er wird zwischen 2025 und 2028 gebaut, während gleichzeitig die Gebäude der Coupole einer gründlichen Verjüngungskur mitsamt Umbauten und energetischen Verbesserungen unterzogen werden.

Diese Vergrösserung der Lehrflächen wurde aufgrund des Wachstums der Studierendenzahlen an der EPFL notwendig, die sich zwischen 2010 (7 400) und 2026 (rund 15 000 gemäss Hochrechnungen) verdoppelt haben werden. «Eine gründliche Analyse des Bedarfs an Arbeitsplätzen durch die akademische Vizepräsidentschaft zeigt, dass es vor allem an grossen Hörsälen fehlen wird», betont Mélissa Armand, Projektverantwortliche des Bereichs Entwicklung und Bau der EPFL.

Der Handlungsbedarf wurde zur Kenntnis genommen: 2022 fand ein partizipativer Workshop statt, worauf das Bauprojekt im Januar dieses Jahres ausgeschrieben wurde. Das Vorhaben weckte das Interesse von elf – darunter acht internationalen – Architekturbüros. Fünf von ihnen wurden selektiert, um im Sommer einen detaillierten Vorentwurf zu präsentieren. Schliesslich wählte ein Expertenkollegium – bestehend aus Vertretern aller an der EPFL beteiligten Interessensgruppen, einschliesslich der Studierenden – das Projekt «Double Deck» aus. Das Konzept wurde von einer Gruppe lokaler Auftragnehmer unter der Leitung von Perrault Architecture vorgeschlagen. Das Pariser Büro zeichnete bereits für den Umbau der BI- und MED-Gebäude verantwortlich.

Neue Verkehrswege

Statt die derzeitige Esplanade zu erhöhen, wird der Neubau durch das Dach verlängert, indem es mit einer Vegetationsdecke versehen wird, die einen kühlen, nachhaltigen Raum im Herzen des Geländes schafft. Auf zwei Ebenen werden neue, der sanften Mobilität gewidmete Verkehrswege erstellt, die den nördlichen und südlichen Teil des Campus harmonischer miteinander verbinden. Auch der Ost-West-Übergang wird verbessert. «Damit wird das Herzstück unserer Schule grundlegend neu definiert», freuen sich Aude Chigard und Baptiste Lecœur, die als AGEPOly-Vertreter der Studierenden Mitglieder des Auswahlkomitees waren. «Die Tatsache, dass dieses neue Herzstück des Campus Hörsäle und Arbeitsbereiche für Studentinnen und Studenten bietet, ist ein starkes Symbol für das Engagement der EPFL für die Bildung.»

Die Coupole, deren grosse Hörsäle mittlerweile in die Jahre gekommen sind, wird mehr Platz für Verpflegungseinrichtungen erhalten, und die Unterrichtsräume werden eine willkommene Modernisierung erfahren. Der Clou des Projekts: Die Bauarbeiten werden so organisiert, dass kein einziger Unterrichtsplatz während der dreijährigen Bauzeit verloren geht. Als Tüpfelchen auf dem i sieht das Projekt einen neuen Begegnungsraum auf dem Dach des CO-Gebäudes vor, der einen atemberaubenden Blick auf den Campus, den See und die Alpen bieten wird.

Erweiterte Austauschmöglichkeiten

Die Jury gab dem Projekt von Dominique Perrault den Zuschlag, weil es die zahlreichen Einschränkungen, die der Standort mit sich bringt, auf intelligente Weise meistert. Die Umbauten sollten sich in die denkmalgeschützten Gebäude aus der ersten Bauphase der EPFL einfügen, ohne sie zu verunstalten oder die Aussicht von der Esplanade zu beeinträchtigen, und gleichzeitig eine «Naht» zwischen den verschiedenen Teilen des Campus und dem EPFL Pavilions-Gebäude bilden. Das Vorhaben legt auch grossen Wert auf die Wiederverwendung von aus dem Abriss des Parkhauses gewonnenen Materialien – ein wichtiges Kriterium, um die Auswirkungen des Baus zu minimieren. «Die architektonische Strategie, die wir verfolgen, besteht darin, die vorhandene Infrastruktur wiederzuverwenden und in Architektur zurückzuverwandeln», erklärt Dominique Perrault. «Um diese Infrastrukturen am Leben zu erhalten – oder wiederzubeleben –, fügen wir ihnen eine doppelte Ebene und neue Grünflächen hinzu. So wird der Parkplatz auf das Niveau der Hörsäle erhoben, während die Fläche über den Parkplätzen zum weitläufigen Gartenplatz wird. Dieses “Double Deck”, wie wir das Projekt genannt haben, bildet zwei Verkehrs- und Funktionsebenen – eine neue Topografie – und erweitert den Austausch unter den verschiedenen Architekturen, um eine urbane Kohärenz auf dem EPFL-Gelände und einen Lebensknotenpunkt im Herzen des Campus zu schaffen.»

Die Realisierung ist Teil des Bauprogramms des ETH-Bereichs für das Jahr 2025. Das Projekt sieht ein Budget von 70 bis 80 Millionen Franken vor, dessen Freigabe von den Eidgenössischen Räten bestätigt werden muss – dies voraussichtlich während der Herbstsession des Parlaments 2024.