Ein Heizwerk, das erneuerbare Energiequellen kombiniert

Die EPFL hat vor kurzem ein innovatives Heizwerk in Betrieb genommen und wird es bald an ein grosses Rechenzentrum anschliessen. Die Anlage wird dem Ecublens-Campus helfen, die Erzeugung und den Verbrauch von Energie zu optimieren, mit dem Ziel, klimaneutral zu werden.
© 2021 Niels Ackermann/Lundi13

Von der Metro aus gesehen ist das Design des neuen Bauwerks recht auffällig: rote Blöcke, die vollständig mit Solarzellen verkleidet sind. In Wirklichkeit ist dies nur der sichtbare Teil eines riesigen unterirdischen Netzes, das sich vom Genfersee bis zum Innovationspark des Campus erstreckt. Die in diesem Jahr eröffnete neue Wärmepumpenanlage der EPFL besticht durch ihre Ästhetik, ihren innovativen Ansatz und ihre energiesparende Leistung. Sie wurde im Rahmen der CISBAT 2021 vorgestellt, einer Konferenz über die Energie- und Umwelteffizienz der gebauten Umwelt, die vom 8. bis 10. September an der EPFL stattfand.

Neben dem Gebäude befinden sich zwei Schornsteine, die mit Gaskesseln verbunden sind. Diese versorgten den EPFL-Campus zwei Jahre lang mit Wärme, während sich die Anlage im Bau befand. «Die neue Anlage wurde an einem Wochenende im vergangenen Februar getestet, als die Temperaturen unter den Gefrierpunkt fielen. Sie hat den Test mit Bravour bestanden», sagt Pascal Gebhard, der in der Gruppe Infrastruktur des Vizepräsidiums für Betrieb (VPO) arbeitet. Zusammen mit seinen Kolleginnen und Kollegen aus dem Bau- und Betriebsteam betreut er das Projekt seit dem Start im Jahr 2014 und insbesondere seit 2019, als das alte Heizwerk abgerissen wurde.

«Die neue Anlage erregt viel Aufmerksamkeit, und wir erhalten zahlreiche Anfragen für Besichtigungen. Die Wärmepumpentechnologie ist rund um den Genfersee auf dem Vormarsch. Ausserdem können wir mit der thermischen Abfallverwertung den Kreislauf schliesen und das Wasser mehrmals wiederverwenden. Es wird weniger Wasser benötigt, es wird weniger Energie für das Pumpen benötigt und es wird weniger Wasser in den örtlichen Fluss zurückgeführt.»      Pascal Gebhard

Bevor mit dem Bau der neuen Anlage begonnen wurde, heizten die Gebäude auf dem Campus seit 1985 mit Seewasser. Die EPFL ist seit Ende der 1970er Jahre, als sie ihr erstes Pumpwerk für Kühlzwecke baute, eine Vorreiterin auf diesem Gebiet. Damals wurden jedoch zwei ölbefeuerte Turbinen eingesetzt, um den Heizungsbedarf zu decken, insbesondere nachdem die Zahl der Gebäude auf dem Campus gestiegen war.

Eine innovative Lösung

Als es an der Zeit war, die veraltete Heizungsanlage zu erneuern, drängte die Abteilung Nachhaltigkeit der EPFL – und insbesondere ihr ehemaliger Leiter Philippe Vollichard, der nun in den Ruhestand gegangen ist – auf eine innovative Lösung. Anstatt sich für Gas zu entscheiden, was zwar kurzfristig Geld spart, aber auf Kosten der CO2-Emissionen geht, entschied man sich für den Bau eines integrierten Systems, das mehrere erneuerbare Energiequellen kombiniert.

Die neue Pumpstation saugt das Wasser mit einer konstanten Temperatur von 7°C aus dem See. Sie ist mit Wärmepumpen der nächsten Generation verbunden, die die Wassertemperatur dank eines thermodynamischen Prozesses, der Kompression, Kondensation, Expansion und Verdampfung umfasst, auf 50°C anheben und damit eine deutlich bessere Energieleistung erzielen.

Der andere grosse Fortschritt besteht darin, dass die Anlage die Wärmeabfälle nutzt, die von einem darauf errichteten Rechenzentrum mit Serverschränken erzeugt werden, deren Türen so konzipiert sind, dass sie gefiltertes, mit Seewasser gekühltes Brauchwasser aufnehmen können. Diese Lösung ist energieeffizient, aber technisch ziemlich gewagt – normalerweise sind Wasser und Elektronik am besten weit voneinander entfernt.

Die Kühlung der Server zur Beheizung der übrigen Räumlichkeiten der EPFL führt zu beträchtlichen Stromeinsparungen, insbesondere im Vergleich zum herkömmlichen Ansatz, bei dem die Server mit Kühlaggregaten gekühlt werden. Bei einem Standardsystem werden 3,3 Stromeinheiten benötigt, um eine Stromeinheit an die Server zu liefern. Unter Berücksichtigung der Einsparungen bei der Heizung liegt dieser Wert bei 1,3 Einheiten, was einer Reduzierung um 60 % entspricht.

Was ist mit pflanzlichen Abfällen?

Die Innovation hört hier nicht auf. Die Anlage könnte eines Tages eine nahegelegene Kompostieranlage nutzen, in der pflanzliche Abfälle aus den angrenzenden Parks und Gärten entsorgt werden, da die Seiten und das Dach des Gebäudes mit Sonnenkollektoren ausgestattet sind und ein grosser Raum für Pilotversuche in Arbeit ist. Ein Fermenter für Lebensmittelabfälle aus den Campus-Cafeterien könnte ein weiterer Schritt in Richtung lokale Biogasproduktion in kleinem Massstab sein.

Die sehr geringen Mengen an produziertem Biogas würden jedoch nicht ausreichen, um den gesamten Bedarf der EPFL zu decken, so David Gremaud, Energy Project Manager bei der VP.

«Der Hauptzweck dieser Anlage besteht darin, Lebensmittelabfälle vor Ort zu verarbeiten anstatt sie per LKW abzutransportieren. Darüber hinaus kann sie von der akademischen Gemeinschaft für Lehr- und Forschungszwecke genutzt werden.»      David Gremaud

Energieeinsparungen

Die Umstellung von den ölbefeuerten Turbinen auf Wärmepumpen wird die CO2-Emissionen der EPFL um 1800 Tonnen pro Jahr reduzieren. Die Energieeinsparungen durch die Sonnenkollektoren sind jedoch nur marginal, da sie insgesamt nur 160 kW erzeugen, während eine einzige Wärmepumpe 2000 kW benötigt. Laut Gianluca Paglia, Projektleiter für Energiesysteme und Bauverfahren bei der EPFL-Abteilung für Nachhaltigkeit, ist die Installation der Sonnenkollektoren direkt auf dem Gebäude, in dem sich ein Heizwerk befindet, jedoch ein seltenes und lehrreiches Beispiel für gebäudeintegrierte Photovoltaik – eines der Themen der CISBAT.

Die Bauarbeiten selbst verzögerten sich mehrmals wegen COVID – aber auch wegen des Eindringens von Quagga-Muscheln. Diese in den Tiefen des Genfersees lebenden Tiere besiedelten die Rohrleitungen der Heizungsanlage und andere Geräte. Die Ingenieurfachleute mussten die Anlage gründlich reinigen und ein neues, herausnehmbares Sieb einbauen, das eine einfachere Reinigung der Oberfläche ermöglicht. Ausserdem setzten sie neue Filter ein.

Ein weiteres Problem, das es zu lösen galt, war die Einleitung des Abwassers aus dem Kühlsystem in den örtlichen Bach. Die Ingenieurfachleute entwarfen einen Mechanismus, mit dem die Abflussventile reguliert werden können, um das lokale Biotop zu schützen, und ebneten so den Weg für die Genehmigung der Umweltverträglichkeitserklärung des Projekts durch den Kanton.

Neues Rechenzentrum wird bald in Betrieb sein

Die Verzögerungen beim neuen Heizwerk haben auch Auswirkungen auf das neue Rechenzentrum der EPFL, das sich noch im Bau befindet. Die Projektverantwortlichen warten nun auf die Lieferung der Server-Racks: «Wir arbeiten nach einem engen Zeitplan», sagt Aristide Boisseau, Leiter des Rechenzentrums der EPFL. Das neue Heizwerk wird mit einem 1000 m² grossen Rechenzentrum verbunden, in dem 12 Serverreihen untergebracht werden sollen, darunter eine für die Universität Lausanne. Die im Rechenzentrum verwendeten Serverschränke werden etwas höher sein als herkömmliche Modelle und über wassergekühlte Türen verfügen. Diese Konstruktion wird bereits in anderen Gebäuden verwendet, allerdings bisher nur zu Kühlzwecken. Es ist geplant, die von den Servern erzeugte Wärme in das Heizwerk zu leiten, das in diesem Winter in Betrieb genommen werden soll. Dadurch wird die Datenspeicher- und -verarbeitungskapazität des Campus erhöht, zunächst auf die halbe Kapazität von 2 MW, später auf 4 MW.

«Wir wollen nicht alles auf eine Karte setzen. Wir planen, die Zahl unserer kleinen Rechenzentren – derzeit etwa 30 – etwas zu reduzieren und die beiden grossen in den Gebäuden MA und INJ beizubehalten.»      Aristide Boisseau

Raum für die Durchführung von Pilotversuchen

Der letzte grosse Vorteil – und nicht der geringste – des neuen Heizwerks ist, dass es einen grossen, erhöhten Bereich für die Durchführung von Pilotversuchen umfassen wird. Dieser Raum wird die Grösse von sechs Badmintonfeldern haben und sich über eine ganze Seite des Werksgebäudes erstrecken. «Vor Philippes Weggang haben wir eine Liste möglicher Projekte in den Bereichen Lehre und Forschung erstellt», sagt François Maréchal, Chemieingenieur und Professor für Maschinenbau an der EPFL.

In der Tat eignet sich dieser Bereich auf vielfältige Weise für die Lehre, z. B. zur Erläuterung von Systemkonzepten und -vergleichen, zur Verfolgung von Betriebsdaten, zum Abgleich von Messungen, zur Verbesserung der Prozesssteuerung und zur Erstellung von Prognosen. Es eröffnet sich auch eine Reihe von Synergien zwischen den EPFL-Labors, insbesondere innerhalb der Fakultät für Ingenieurwissenschaft und Technologie. So arbeitet Maréchals Kollege Jan van Herle, ein leitender Wissenschaftler der EPFL-Gruppe für Energiematerialien (GEM) in Sitten, an einer Brennstoffzelle, die im Heizwerk installiert werden kann, um das aus organischen Abfällen gewonnene Biogas in Wärme und Strom umzuwandeln. Jürg Schiffmann, ausserordentlicher Professor am EPFL-Labor für angewandtes mechanisches Design, hat einen neuartigen Kompressor für Wärmepumpen entwickelt, und Prof. Mario Paolone vom EPFL-Labor für verteilte elektrische Systeme hat eine Möglichkeit gefunden, das Heizwerk in das intelligente System zur Steuerung des Stromverbrauchs auf dem Campus zu integrieren.

Die Planung von Heizungsanlagen ist ein zukunftsträchtiger Bereich, und Maréchal ist ermutigt durch die Entwicklung, die das EPFL-Heizwerk im Laufe der Jahre genommen hat.

«Die in unserem Heizwerk eingesetzte Technik ist nicht unbedingt kompliziert. Was unsere Anlage innovativ macht, ist die Art und Weise, wie die verschiedenen Systeme miteinander verbunden sind. Das war beim Bau vor 50 Jahren so und ist es auch heute noch, was den EPFL-Campus zu einer Referenz in Sachen nachhaltiger Entwicklung macht.»      François Maréchal

Eine weitere vielversprechende Entwicklung ist die wachsende Zahl von Studierenden, die sich für Maréchals Kurs zur Optimierung von Energiesystemen anmelden. In diesem Kurs, dessen Teilnehmerzahl innerhalb weniger Jahre von 15 auf 60 gestiegen ist, verwendet Maréchal das neue Heizwerk der EPFL als Fallbeispiel: «Jede Ingenieurin und jeder Ingenieur, die und der sich mit Energiesystemen beschäftigt, muss die Energiewende im Blick haben. Das ist ein entscheidendes Thema, das für die Studierenden der Ingenieurwissenschaften sehr motivierend ist. Es ist zwar mit viel Arbeit verbunden, aber es zeigt den Studierenden auch, wie wichtig es ist, systemische Möglichkeiten zur Einbindung erneuerbarer Energien in ihre Entwürfe zu analysieren. Am Ende sind sie ziemlich stolz auf das, was sie erreicht haben.»