Warum Olivin und Diamanten beste Freunde sind

Kaum ein Edelstein ist schwieriger zu finden als der Diamant. Geologinnen und Geologen der ETH Zürich und der Universität Melbourne haben nun einen Zusammenhang zwischen seinem Vorkommen und dem Mineral Olivin hergestellt. Das könnte die Suche nach Diamanten künftig erleichtern.
Rohdiamant, der aus einem Kimberlit-​Block hervorragt (Bild: Adobe Stock)

In Kürze

  • Der Gehalt von Magnesium und Eisen im Mineral Olivin gibt Aufschluss darüber, ob in einer Kimberlit-Gesteinsprobe Diamanten vorkommen könnten oder nicht.
  • Je mehr Magnesium, desto wahrscheinlicher liegen Diamanten vor.
  • Die Bestimmung anhand von Olivin ist viel schneller als die bisherigen Nachweismethoden. Erste Firmen setzen die neue Methode bereits ein.

Diamanten sind der beste Freund einer Frau, wie Marilyn Monroe vor 70 Jahren sang - und eine riesige Knacknuss für Menschen, die nach ihnen suchen. «Diamantenproduzenten wünschten sich manchmal, sie würden Gold, Kupfer oder einem anderen Rohstoff fördern, denn nichts ist so kompliziert wie Diamanten zu entdecken und abzubauen», betont Andrea Giuliani, Senior Scientist am Institut für Geochemie und Petrologie der ETH Zürich. «Es gibt keine Methode, die garantiert, Diamanten zu finden.»

Seit 2015 befasst Giuliani sich mit der Entstehung und dem Vorkommen des Edelsteins. Dafür hat der Geologe, damals noch an der Universität Melbourne, unzählige Proben von Kimberlit untersucht, ein bläulich bis schwarzes Gestein magmatischen Ursprungs. Denn Diamanten sind nur dort zu finden, wo es Kimberlit gibt. Und diese wiederum kommen nur auf sehr alten Kontinentalblöcken vor, die geologisch über Milliarden von Jahren unverändert blieben: vorwiegend in Kanada, Südamerika, im zentralen und südlichen Afrika, in Australien und Sibirien. «Nur schon die Suche nach einem Kimberlit gleicht der Suche nach einer Nadel im Heuhaufen», so Giuliani. «Hat man dieses Gestein einmal gefunden, fängt die aufwendige Diamantensuche erst richtig an.»

Viel Eisen, keine Diamanten

Giuliani und seine Kolleg:innen haben nun eine Methode entwickelt, die das Aufspüren von Diamantenlagerstätten künftig vereinfacht. Dabei stützen sie sich auf die chemische Zusammensetzung von Kimberliten. Schon früh war Giuliani nämlich aufgefallen, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen dem Vorkommen von Diamanten und Olivin – einem Mineral, das rund die Hälfte von Kimberlit-Gestein ausmacht.

Olivin besteht aus unterschiedlichen Anteilen von Magnesium und Eisen. Je mehr Eisen Olivin enthält, desto weniger Magnesium hat das Mineral und umgekehrt. «In Gesteinsproben, in denen das Olivin sehr eisenhaltig war, gab es keine Diamanten oder nur sehr wenige», so die Feststellung der Forschenden. «Wir begannen, weitere Proben und Daten zu sammeln – immer mit dem gleichen Resultat.» Die Untersuchungen bestätigten schliesslich, dass das Eisen-Magnesium-Verhältnis von Olivin direkt mit dem Diamantgehalt des Kimberlit-Gesteins zusammenhängt.

Mit diesen Erkenntnissen wandte sich Giuliani an den Diamantenproduzenten und -händler De Beers, der ihm die Kimberlitproben zur Verfügung gestellt hatte. De Beers war interessiert, unterstützte die wissenschaftlichen Untersuchungen finanziell und bat die Forschenden, die Resultate vorläufig nicht zu veröffentlichen. 2019 kam Giuliani als Ambizione Fellow an die ETH Zürich und begann, unterstützt durch den Schweizerischen Nationalfonds, nach Erklärungen für den Zusammenhang zwischen dem Magnesium-Eisen-Gehalt von Olivin und dem Vorkommen von Diamanten zu suchen.

Diamanten mögen kein «Stop-and-Go»

Dazu untersuchten die Forschenden der ETH Zürich, wie sich die sogenannte Metasomatose, die im Erdinnern stattfindet, auf Diamanten auswirkt. Bei der Metasomatose wird Gestein durch heisse Flüssigkeiten und Schmelze angegriffen. Die im Gestein vorhandenen Minerale reagieren dabei mit den in den Fluiden gelösten Stoffen zu anderen Mineralen.

Die Geolog:innen analysierten Kimberlit-Proben, die Olivine mit einem hohen Eisengehalt aufwiesen - und demnach keine Diamanten. Sie fanden heraus, dass Olivin dort eisenhaltiger wird, wo Schmelze in den lithosphärischen Mantel eindringt und die Zusammensetzung der Gesteine stark verändert. Und in genau dieser Schicht, in rund 150 Kilometern Tiefe, kommen Diamanten vor. Durch die Infiltration der Schmelze, welche für eisenhaltigeres Olivin sorgt, werden die Diamanten zerstört. Wenn hingegen keine oder nur sehr wenig Schmelze aus darunter liegenden Schichten in den lithosphärischen Mantel eindringt und somit keine Metasomatose stattfindet, enthält Olivin viel Magnesium - und Diamanten bleiben erhalten.

«Unsere Studie zeigt, dass Diamanten nur dann intakt bleiben, wenn Kimberlite auf ihrem Weg nach oben einzig Mantelfragmente mitnehmen, die noch nicht stark mit vorheriger Schmelze interagiert haben», sagt Giuliani. Dazu muss man wissen, dass Kimberlite normalerweise nicht in einem Durchgang an die Erdoberfläche gelangen. Vielmehr beginnen sie als flüssige Masse aufzusteigen, nehmen unterwegs Mantelfragmente auf, erkalten und bleiben dann stecken. In einem nächsten Impuls folgt mehr Schmelze aus der Tiefe, nimmt Bestandteile des erkalteten Erdmantels mit, steigt höher, erkaltet, bleibt stecken. Dieser Prozess kann mehrmals stattfinden. «Es ist ein regelrechtes «Stop-and-go» mit Schmelzen, Aufstieg, Verfestigung. Und das wirkt sich zerstörerisch aus auf Diamanten», sagt Giuliani. Herrschten hingegen jene Bedingungen, die Kimberlite direkt an die Oberfläche aufsteigen liessen, dann sei das ideal für den Erhalt der Diamanten, erklärt der Forscher.

De Beers wendet Olivin-Analyse bereits an

Die Olivin-Analyse ist so zuverlässig wie bisherige Prospektionsmethoden, die sich vorwiegend auf die Minerale Klinopyroxen und Granat stützen. Die neue Methode ist aber weniger aufwendig und schneller: Es braucht nur wenige Analysen, um eine Vorstellung davon zu haben, ob man sich in einem Kimberlit-Feld befindet, in dem man Diamanten finden kann oder nicht.

Die Analyse von Olivin ergänzt die bisherigen Messungen und trägt zu einem vollständigeren Bild bei. «Das Grossartige an dieser neuen Methode ist nicht nur die Vereinfachung, sondern auch, dass sie es uns endlich ermöglicht zu verstehen, warum die bisherigen Methoden funktioniert haben», sagt der Senior Scientist. Und er ergänzt: «De Beers wendet die neue Methode bereits an.»

Literaturhinweis

Giuliani, A., Phillips, D., Pearson, D.G. et al. Diamond preservation in the lithospheric mantle recorded by olivine in kimberlites. Nat Commun 14, 6999 (2023). doi: 10.1038/s41467-023-42888-x.