Dem Wasser im Permafrost auf der Spur

Die SLF-Forschungsgruppe Permafrost überwacht die Bodentemperaturen im Permafrost und kommt mit neuen Messmethoden dem steigenden Wassergehalt infolge des Klimawandels auf die Spur. Damit lassen sich nicht nur gefährliche Naturgefahrenprozesse besser beurteilen, sondern auch das künftig verfügbare Wasser im Alpenraum.
Bohrlafette auf dem Blockgletscher Schafberg (Pontresina GR). Die Löcher werden gebohrt, mit Druckluft ausgespült und anschliessend mit Messinstrumenten versehen. (Foto: Marcia Phillips, SLF)

Dass sich der Permafrost aufgrund des Klimawandels erwärmt, ist schon lange bekannt. Das Tempo, mit dem er auftaut, erstaunt jedoch sogar Fachleute. Marcia Phillips, die den Zustand des Schweizer Permafrosts seit 1996 mithilfe von Messungen in Bohrlöchern überwacht, sagt: «Die Permafrostböden haben sich massiv verändert, seit ab 2015 fast jedes zweite Jahr ein Hitzesommer aufgetreten ist. Die Bodentemperaturen sind stark gestiegen, was an einigen Orten zu Eisverlust und grossen Hangbewegungen geführt hat.» So bewegen sich zum Beispiel Blockgletscher – ein Gemisch aus Schutt und Eis und typisches Phänomen für alpine Permafrostgebiete – heute viel schneller talabwärts als noch vor zwanzig Jahren. Aus ihrer oft steilen Front löst sich so eher Material, was wiederum vermehrt zu Steinschlag oder Murgängen führen kann.

Neue Messmethodik für Permafrostgebiete

Die Wissenschaft geht davon aus, dass Blockgletscher aufgrund der Eiserwärmung mehr Wasser enthalten und deshalb rascher kriechen als früher, kennt dazu aber bisher noch kaum Fakten. Phillips, die heute die zum CERC gehörende SLF-Forschungsgruppe Permafrost leitet, hat sich zum Ziel gesetzt, dies zu ändern. Zusammen mit ihrem Team testete sie am Schafberg oberhalb Pontresina ein neues Vorgehen, das in Permafrostgebieten noch nie angewendet wurde: Die Forschenden kombinierten die bisherigen Temperaturmessungen mit Wasserdruckmessungen und Erhebungen des elektrischen Widerstands zwischen zwei Bohrlöchern. Letzteres ermöglichte es, die Änderungen des spezifischen Widerstands im Boden über eine Distanz von fünf Metern täglich und mit einer hohen räumlichen Auflösung zu erfassen. Mit dieser Kombination von Methoden konnten die Forschenden erstmals aufzeigen, dass sich die Wasser-/Eisverhältnisse in Blockgletschern kleinräumig stark unterscheiden, obwohl die Temperaturen des Bodeneises wenig variieren und nahe bei 0 °C sind.

Wasser als Schlüssel zum Verständnis

Methodik und Resultate wurden kürzlich in der Fachzeitschrift «The Cryosphere» publiziert und motivieren Phillips zu weiterer Forschung: «Ich bin überzeugt, dass Menge und Fluss von Wasser im Permafrost der Schlüssel für das Verständnis vieler auch tiefgründiger Hangbewegungen sind. Nachdem die Messungen am Schafberg erfolgreich verlaufen sind, werden wir dieselbe Kombination von Methoden nun im Rahmen eines Nationalfondsprojekts an weiteren Blockgletschern in der Schweiz anwenden. In einem anderen Projekt untersuchen wir ausserdem, welche Rolle Wasser in instabilen Felswänden spielt. Wir möchten damit weitere Grundlagen liefern, um die beobachteten Hangbewegungen und Felsstürze zu erklären, aber auch die zukünftige Wasserverfügbarkeit im alpinen Raum besser voraussagen zu können.»