Wie lässt sich erneuerbarer Strom ganzjährig nutzen?

Die Energiestrategie 2050 des Bundes sieht einen starken Ausbau von Photovoltaikanlagen vor. Doch woher nehmen wir unseren Strom, wenn die Sonne nicht scheint? Wasserstoff könnte eine Lösung sein.

Viele Einfamilienhäuser mit Photovoltaikanlagen nutzen heutzutage Lithium-Batterien, um den tagsüber produzierten Strom für die Nacht zu speichern. Solche Batterien besitzen einen hohen Wirkungsgrad – etwa 85 Prozent des gespeicherten Stroms kann wieder genutzt werden. Allerdings sind die Materialkosten sehr hoch, weshalb sie als Langzeitspeicher ungeeignet sind. Wasserstoff schneidet zwar mit einem Wirkungsgrad von derzeit etwa 50 Prozent schlechter ab, dafür lässt er sich in grösseren Mengen kostengünstig produzieren. In grossen Produktionsanlagen könnte künftig Strom aus neuen erneuerbaren Energien während Spitzenzeiten mit geringer Nachfrage in grünen Wasserstoff umgewandelt und für den Winter gespeichert werden.

Wasserstoff entsteht durch die sogenannte Wasserelektrolyse. Mit Strom wird Wasser in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt. Die elektrische Energie ist nun als chemische Energie im Wasserstoff gebunden. In sogenannten Brennstoffzellen wird dieser elektrochemische Prozess bei Bedarf umgekehrt und Wasserstoff mit Sauerstoff aus der Luft wieder in Strom umgewandelt. Als Nebenprodukte entstehen dabei bloss Wärme und Wasser.

Das Verfahren perfektionieren

Das Prinzip klingt einfach, erfordert jedoch viel wissenschaftliches und ingenieurtechnisches Knowhow. Denn sowohl bei der Elektrolyse als auch bei der Umwandlung in den Brennstoffzellen geht Energie verloren. Um einen möglichst hohen Wirkungsgrad zu erzielen, wird am PSI und insbesondere an der Versuchsplattform ESI –  ESI steht für Energy System Integration – intensiv geforscht und experimentiert.

Nebst dem Wirkungsgrad stellt auch die Speicherung eine Herausforderung dar. Wasserstoff ist ein sehr leichtes Gas, das ein grosses Speichervolumen beansprucht. An der ESI-Plattform wird dafür ein Tank verwendet. Dieser Tank fasst rund 7 Megawattstunden Wasserstoff – wieder in Strom umgewandelt liefert er damit rund 3,5 Megawattstunden Energie, was in etwa dem Verbrauch eines Zweipersonen-Einfamilienhaushalts pro Jahr entspricht. In grossem Massstab würden solche Tanks jedoch zu viel Platz beanspruchen. Natürliche Salzkavernen, wie sie in Deutschland zur Wasserstoffspeicherung genutzt werden, existieren in der Schweiz (noch) nicht. Deshalb werden auch unterirdische Röhrensysteme geprüft, um den Wasserstoff platzsparend zu speichern.

Aktuell ist das Angebot an grünem Wasserstoff in der Schweiz überschaubar und wird hauptsächlich für die Mobilität genutzt. An zwölf Tankstellen können Autos und Lastwagen mit grünem Wasserstoff betankt werden. Mit dem Ausbau neuer erneuerbarer Energien wird dem Wasserstoff jedoch eine grössere Rolle zugeschrieben. Das Labor für Energiesystemanalyse am PSI schätzt, dass ab 2050 jährlich bis zu 5 Terrawattstunden Energie in Form von Wasserstoff zur Verfügung stehen werden. Dieser könnte dann sowohl in der Mobilität als auch als Langzeitenergiespeicher eingesetzt werden. In der zweiten Episode unserer Energiezukunft-Serie erklären wir, wie Strom in Form von Wasserstoff gespeichert werden kann.

Perfecting the process

The principle sounds simple, but it requires a lot of scientific and engineering know-how, because energy is lost both during electrolysis and during conversion in the fuel cell. In order to achieve the highest possible efficiency, intensive research and experimentation is being carried out at PSI and in particular on the experimental platform ESI, which stands for Energy System Integration.

In addition to efficiency, another challenge is storage. Hydrogen is a very light gas that takes up a large volume when stored. The ESI platform uses a tank for this purpose. The tank holds around 7 megawatt hours of hydrogen – when converted back into electricity, it can generate around 3.5 megawatt hours of energy, roughly equivalent to the annual consumption of a two-person single-family household. Deployed on a larger scale, however, such tanks would take up too much space. Natural salt caverns, such as those currently used in Germany for hydrogen storage, do not (yet) exist in Switzerland. Therefore, underground systems of pipes are also being examined as a means of storing hydrogen in a way that doesn’t take up too much space.  

Currently, there is a limited supply of green hydrogen in Switzerland and that is mainly used for mobility. Cars and trucks can be refuelled with green hydrogen at twelve filling stations. However, as new renewable energies expand, hydrogen is expected to play a greater and greater role. The Laboratory for Energy System Analysis at PSI estimates that from 2050 onwards, up to 5 terawatt hours of energy will be available annually in the form of hydrogen. This could then be used both for mobility and for long-term energy storage. In the second episode of our Energy Future series, we explain how electricity can be stored in the form of hydrogen.

Strom im Sommer während Spitzenzeiten in Form von Wasserstoff speichern und ihn bei Bedarf wieder ins Netz einspeisen – an der ESI-Plattform am PSI werden die benötigten Komponenten zur Erzeugung, Speicherung und Umwandlung von Wasserstoff entwickelt und anhand von Simulationen auf ihre Effizienz geprüft.
(Video: Paul Scherrer Institut/Benjamin A. Senn, Markus Fischer, Mahir Dzambegovic)
Die Video-Serie Energiezukunft befasst sich mit Alltagsfragen zum Thema Energiewende in der Schweiz. In kurzen Videos wird pro Folge eine Frage aufgeworfen. Anhand der Energieforschung am PSI werden mögliche Lösungen formuliert.

Text: Paul Scherrer Institut/Benjamin A. Senn