Globale Herausforderungen: Wie kann die Pflanzenforschung helfen?

Pflanzen machen Licht zu Zucker und sind somit das Fundament aller Ökosysteme sowie der Ernährung der Menschheit. In einer globalen Initiative haben Pflanzenforschende nun gemeinsam mit Vertretern aus der Zivilgesellschaft die 100 drängendsten Fragen an die Pflanzenwissenschaften zusammengetragen.
Die Pflanzenforschung wird eine entscheidende Rolle dabei spielen, ob und wie die Menschheit den Klimawandel bewältigen. (Foto: Markus Bolliger)

Sei es Pflanzen zu züchten, die Reaktion von Wäldern auf den Klimawandel abzuschätzen oder Lösungen zur Schädlingsbekämpfung zu suchen: Die Pflanzenforschung wird eine entscheidende Rolle dabei spielen, ob und wie die Menschheit den Klimawandel bewältigen, den Verlust der biologischen Vielfalt eindämmen und eine wachsende Weltbevölkerung nachhaltig ernähren kann. Eine internationale Jury mit Mitgliedern aus allen Kontinenten hat nun die 100 drängendsten Fragen an diesen Forschungszweig ausgewählt. Sie wurden heute in der Fachzeitschrift New Phytologist veröffentlicht.

Urheberin ist Claire Grierson von der Universität Bristol. Sie lancierte 2022 einen Aufruf an Mitglieder aus Wissenschaft und Industrie, interessierte Laien sowie Interessensgruppen, der über 600 Fragen zusammenbrachte. Eine Jury von 20 Pflanzenforschenden, unter ihnen Arthur Gessler von der Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL, komprimierte diese auf 100. Unter den ersten zehn, den dringlichsten Fragen, finden sich: Wie wird sich der Klimawandel auf Pflanzenreichtum, Erträge, Bioregionen und Ökosysteme auswirken? Wie können wir sicherstellen, dass die unterschiedlichen Ziele und Bedürfnisse unserer vielfältigen Gesellschaften von den Pflanzenforschenden verstanden und erfüllt werden? Könnte das Anregen von Abwehrstoffen bei Pflanzen eine Basis für eine neue grüne Revolution sein?

Den globalen Süden einbeziehen

«Die Initiative ist ein Aufruf an die Wissenschaft: Dies sind die wichtigsten und dringlichsten Probleme, die von der Pflanzenforschung angegangen werden sollen», sagt der WSL-Waldökologe Arthur Gessler. «Unser Forschungszweig hat die Verantwortung und die Möglichkeiten, in den von den Fragen abgedeckten Gebieten wirklich etwas zu verändern.»

Ein herausragendes Merkmal der Initiative nebst des Bottom-up-Ansatzes ist das Bemühen, die ganze Welt mit einzubeziehen. Jurymitglied Shyam Phartyal von der indischen Nalanda Universität sagt, das hohe Mass an Vielfalt zeichne diese Studie aus, «nicht nur bei der Sammlung von Fragen, sondern auch bei der Auswahl der Gremiumsmitglieder aus dem globalen Süden.» Und Jurymitglied Ida Wilson von der Stellenbosch University in Südafrika ergänzt: «Meine Arbeit ist lösungsorientiert und muss sich direkt mit den Herausforderungen befassen, mit denen die Landwirte in Südafrika und Afrika konfrontiert sind.»

Es war schon der zweite derartige Aufruf, die Forschungsprioritäten der Pflanzenwissenschaften weltweit zu bestimmen. Bei der ersten, ebenfalls von Claire Grierson geleiteten Ausgabe von «100 wichtige Fragen für die pflanzenwissenschaftliche Forschung» von 2011 tauchte der Begriff Klimawandel deutlich seltener auf als in diesem Jahr. «Das ist ein Appell, dass wir besser verstehen müssen, was passieren wird, wenn sich die globalen Umweltbedingungen weiter verändern», sagt Gessler.