Tageslicht in Büros verbessert das Wohlbefinden

Eine Doktorandin der EPFL untersuchte den Einsatz von automatischen Steuerungssystemen für Jalousien und elektrische Beleuchtung zur Regulierung der Tageslichtmenge in einem Büro. Sie fand heraus, dass solche Systeme den Energiebedarf eines Gebäudes senken und den zirkadianen Rhythmus der Menschen anregen, was deren Gesundheit und Wohlbefinden verbessert.
Einige Gebäude sind so konzipiert, dass sie tagsüber optimal mit Tageslicht versorgt werden. © iStock

«Wir verbringen 90 % unserer Zeit in Gebäuden, in denen wir viel zu viel Energie verbrauchen», sagt Marta Benedetti, die kürzlich an der EPFL in Energiesystemtechnik promoviert hat. Das ist vor allem in Bürogebäuden ein Problem: «Wenn wir arbeiten, stehen wir wahrscheinlich nicht auf, um die Jalousien zu verstellen oder das Licht zu dimmen, wenn sich das Tageslicht im Laufe des Tages ändert.»

Einige Bürogebäude sind mit computergesteuerten Jalousien und elektrischen Beleuchtungssystemen ausgestattet, die so konzipiert sind, dass sie automatisch die optimale Lichtmenge zu jeder Tageszeit liefern. Diese Systeme passen sich den natürlichen Schwankungen des Sonnenlichts an, indem sie zum Beispiel künstliche Lichtquellen dimmen, wenn sie nicht benötigt werden, um das vorhandene Tageslicht voll auszunutzen. Bislang war Ingenieurinnen und Ingenieuren jedoch nicht klar, wie viel Energie diese Systeme wirklich einsparen und welche konkreten Vorteile sie für die Gesundheit und das Wohlbefinden der Mitarbeitenden bringen. Diese Fragen wollte Benedetti in ihrer Doktorarbeit beantworten, die sie am Labor für Solarenergie und Bauphysik (LESO-PB) der EPFL an der Fakultät für Architektur, Bau- und Umweltingenieurwesen (ENAC) durchführte.

«Wenn wir arbeiten, ist es unwahrscheinlich, dass wir aufstehen und die Jalousien verstellen oder das Licht dimmen, wenn sich das Tageslicht im Laufe des Tages ändert.»      Marta Benedetti, PhD LESO-PB

Uhren, Sensoren und Brillen

Im Rahmen ihrer Studie, die über ein Jahr dauerte, führte sie ein Experiment mit 34 Freiwilligen im Versuchsgebäude von LESO-PB durch. Die Teilnehmenden arbeiteten jeweils eine Woche in einem Büro mit automatischer Jalousiesteuerung und künstlicher Beleuchtung und eine Woche in einem Standardbüro. In beiden Arten von Büros konnten die Teilnehmenden die Jalousien und die elektrische Beleuchtung jederzeit selbst einstellen. Ziel des Experiments war es, die Auswirkungen der verschiedenen Arten der Tageslichtexposition auf die Körpersysteme der Teilnehmenden zu messen: «Wir baten die Freiwilligen, während der ganzen vier Wochen des Experiments eine Smartwatch zu tragen, um die Anzahl ihrer Schlaf- und Wachstunden aufzuzeichnen», sagt Benedetti, «und während der Wochen im Büro trugen die Freiwilligen ausserdem Hauttemperatursensoren sowie Brillen mit Lichtsensoren, damit wir aufzeichnen konnten, wie viel Licht ihre Augen ausgesetzt waren.»

Darüber hinaus wurden regelmässig Speichelproben entnommen, um die Konzentrationen von Melatonin, auch bekannt als Dunkelheitshormon, und Cortisol, einem Hormon, das bei Stress ausgeschüttet wird, zu messen. Wie man die Proben sammelt und analysiert, erfuhr Benedetti von ihrem Doktorvater, einem Chronobiologen, der sie in die Konzepte auf diesem Gebiet einführte. «Ich habe viele Studien darüber gelesen, wie Tageslicht den menschlichen Körper beeinflusst, insbesondere die Ausschüttung von Hormonen, die unseren Schlafrhythmus und unsere Stimmung regulieren», sagt Benedetti. «Dieses Wissen kann dazu beitragen, schwere Krankheiten wie Krebs zu verhindern.»

Energieeinsparungen

Um die Auswirkungen in Bezug auf die Energieeffizienz zu bewerten, installierte Benedetti Zähler, um den Energieverbrauch für Beleuchtung und Heizung in jedem Bürotyp im Laufe eines Jahres zu messen. Sie stellte fest, dass das mit dem automatisierten System ausgestattete Büro 9,6 % weniger Strom verbrauchte als das normale Büro, ohne dass der visuelle Komfort der Teilnehmenden darunter litt. Andere von Benedetti gemessene körperliche Auswirkungen, wie Schlafqualität und kognitive Leistung, waren unabhängig davon, in welchem Büro die Teilnehmenden arbeiteten, vergleichbar. Der Sehkomfort wurde mit einem speziellen Blendungsmessgerät gemessen, das gemeinsam vom LESO-PB und dem Schweizerischen Zentrum für Elektronik und Mikrotechnik (CSEM) entwickelt wurde, und lag in allen Versuchsphasen in einem akzeptablen Bereich.

Bei der Arbeit im Büro mit dem automatischen System waren die Teilnehmenden 50 Minuten früher am Morgen dem Tageslicht ausgesetzt als bei der Arbeit im Standardbüro. Ihre Melatoninkonzentration erreichte folglich etwa 25 Minuten früher am Abend ihren Höchststand und bereitete ihren Körper besser auf den Schlaf vor. Die Differenz der Körpertemperatur zwischen Rumpf und Gliedmassen (der distal-proximale Hauttemperaturgradient) begann morgens 19 Minuten früher zu sinken, um den Körper auf das Aufwachen vorzubereiten, und abends 20 Minuten früher zu steigen, um den Körper auf den Schlaf vorzubereiten.

«Automatisierte Systeme wie das von uns Getestete könnten zum Beispiel Menschen helfen, die unter Schlafstörungen leiden.»      Marta Benedetti, PhD LESO-PB

Hilfe bei Schlafstörungen

«Die Probandinnen und Probanden konnten ausser dem Targen der Sensoren während des gesamten Experiments ihr normales Leben führen, d. h. zu Mittag essen, trainieren usw.», erklärt Benedetti, «das bedeutet, dass die im Rahmen unserer Studie gesammelten Daten repräsentativer sind als die Daten früherer Studien, die im Allgemeinen in einer stärker kontrollierten Umgebung durchgeführt wurden. Wir haben herausgefunden, dass wir den zirkadianen Rhythmus der Menschen beeinflussen können, indem wir die Menge des Tageslichts verändern, dem sie ausgesetzt sind. Automatisierte Systeme wie das von uns getestete könnten zum Beispiel Menschen helfen, die unter Schlafstörungen leiden.» Es ist erwähnenswert, dass die beiden Büros, die für das Experiment verwendet wurden, bereits von vornherein über viel Tageslicht verfügten. Das erklärt, warum es bei einigen der gemessenen Variablen kaum Unterschiede gab, so Benedetti.