KI hilft bei der Qualitätssicherung von Windkraftanlagen

Eine internationale Zusammenarbeit zwischen der EPFL und der Universität Glasgow hat zu einem fortschrittlichen Algorithmus für maschinelles Lernen geführt, der verborgene Herstellungsfehler in den Rotorblättern von Windkraftanlagen aus Verbundwerkstoffen aufspüren kann – bevor die Turbinen in Betrieb genommen werden.
Einmal installiert, können fehlerfreie Turbinen rund 20 Jahre lang betrieben werden. © iStock EPFL

Fehlerhafte Rotorblätter von Windkraftanlagen können den Betreibern enorme Kosten verursachen, vor allem, wenn die Mängel unbemerkt bleiben, bis es zu spät ist. Deshalb ist die Qualitätssicherung für die globalen Windturbinenhersteller ein so strategisches Thema. Heute beschränken sich die Qualitätskontrollen auf die Oberflächeninspektion begrenzter Bereiche, wenn diese Verbundwerkstoffstrukturen vom Band laufen. Mit einem neuen Ansatz, der von Forschenden der EPFL und der Universität Glasgow gemeinsam entwickelt wurde, können Prüfingenieurfachleute eine neue patentierte Radartechnologie in Kombination mit einem KI-Assistenten einsetzen, um mögliche Anomalien unter der Oberfläche zu erkennen. Dieser Ansatz hat zahlreiche Vorteile: Er ist zerstörungsfrei, berührungslos, ermöglicht eine flexible und schnelle Datenerfassung und -analyse und benötigt nur sehr wenig Energie für den Betrieb. Die Forschungsergebnisse wurden soeben in der Zeitschrift Elsevier Mechanical Systems and Signal Processing (MSSP) veröffentlicht.

Signalverarbeitung und KI verschmelzen

Die Forschung stützt sich auf frühere Arbeiten der beiden institutionellen Partner. Geleitet wurde diese Arbeit von Olga Fink, heute Assistenzprofessorin für Bauingenieurwesen und Leiterin des Labors für Intelligente Wartungs- und Betriebssysteme (IMOS) an der EPFL Fakultät für Bau, Architektur und Umwelt (ENAC). In früheren Forschungsarbeiten hat sie Methoden zur Erkennung von Anomalien durch die Verarbeitung der von defekten Maschinen erzeugten Geräusche, zur Unterdrückung von Hintergrundgeräuschen bei Audioaufnahmen und zur Klassifizierung von Vogelstimmen entwickelt, indem sie bekannte und bewährte Signalverarbeitungsansätze mit Lernfähigkeiten ausgestattet hat.

«Die Hersteller bauen immer grössere Windturbinen mit immer komplizierteren Konstruktionen. All das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass während der Herstellungsphase ein Fehler auftritt.»      Olga Fink, Leiterin des IMOS

Heute sucht sie nach neuen Anwendungen für ihre KI-gesteuerten Systeme: «Windturbinen werden aus verschiedenen Verbundwerkstoffen wie Glas- und Kohlefasern hergestellt», sagt sie. «Die Hersteller bauen sie auch immer grösser und mit komplizierteren Designs. All das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass in der Fertigungsphase ein Fehler auftritt.»

Messtechnik

Das Team der Universität Glasgow unter der Leitung von Prof. David Flynn, James Watt School of Engineering und Leiter der Forschungsabteilung für autonome Systeme und Konnektivität, hat Pionierarbeit in den Bereichen Prognostik und Gesundheitsmanagement geleistet. Sie haben erforscht, wie Robotik und künstliche Intelligenz (RAI) eine Netto-Null-Infrastruktur unterstützen können. Die Forscher in Glasgow setzten ein patentiertes frequenzmoduliertes Dauerstrichradar mit einem Roboterarm ein, um Proben von Rotorblättern industrieller Windkraftanlagen in einem Abstand von 5, 10 und 15 Zentimetern von der Probe zu untersuchen. Mithilfe von Signalverarbeitungsmethoden konnten sie Merkmale und Vorläufer zukünftiger Ausfälle in diesen komplexen Verbundwerkstoffproben isolieren (siehe unten ein von der Universität Glasgow produziertes Video).

Verbesserung der Datendarstellung

Bei der Bereitstellung dieser experimentellen Daten für das IMOS-Team bestand die Herausforderung darin, den Informationsgehalt der in diesen Rohdaten enthaltenen Merkmale zu verbessern. Es stellte sich heraus, dass die vom Radar erfassten Signale je nach Inspektionsabstand sowie Oberflächen- und Kernmaterial des Blattes variierten. Gaëtan Frusque, Postdoktorand am IMOS und Hauptautor der Studie, erklärt: «Am IMOS haben wir eine komplexwertige Darstellung der Signale verwendet, um die darin enthaltenen Informationen besser zu trennen und das KI-Modell entsprechend anzupassen.» Somit kann der von ihnen entwickelte Algorithmus Anomalien von gleichförmigen Turbinenteilen unterscheiden.

Die Glasgower Forschenden planen nun, weitere Daten zu sammeln, um die IMOS-Ergebnisse weiter zu validieren. Die Forschenden wollen ihre Methode schliesslich an bestehenden Turbinen testen, indem sie den Sensor an einem Roboterarm oder einer Drohne anbringen. Auf diese Weise sollen sie in der Lage sein, Herstellungsfehler in Turbinen zu erkennen, bevor diese in Betrieb genommen werden, oder die Turbinen während des Betriebs zu überprüfen. Einmal installiert, können fehlerfreie Turbinen rund 20 Jahre lang betrieben werden.