Zugfenster für Mobilfunksignale durchlässig machen

Das EPFL-Spin-off nu glass hat erfolgreich ein tragbares System getestet, das die Fensterscheiben von Eisenbahnwaggons für den Mobilfunk durchlässig macht. Dies kann Bahnunternehmen und Mobilfunkbetreibern erhebliche Umwelt- und Kostenvorteile bringen, da sie keine Signalverstärker mehr installieren müssen, um den Fahrgästen drahtlose Verbindungen zu ermöglichen.
© 2022 Alain Herzog

Zugreisende erwarten an Bord eine gute Internetverbindung, doch die derzeit in den Zügen verwendeten isolierten Fensterscheiben stören die Funksignale. Zurzeit umgehen die Eisenbahnunternehmen dieses Problem, indem sie jeden Triebwagen mit einem Signalverstärker oder Repeater ausstatten. Repeater sind jedoch teure Geräte, die viel Strom verbrauchen, umweltschädlich sind und bei jedem neuen Fortschritt in der Funktechnologie ersetzt werden müssen. Um die Notwendigkeit von Verstärkern zu vermeiden, hat nu glass eine Laserbehandlung entwickelt, die direkt auf den eingebauten Fensterscheiben angewendet werden kann. Das Unternehmen hat sein System kürzlich in einem Triebwagen der SBB im Rangierbahnhof Olten getestet und dabei festgestellt, dass es den Bahnunternehmen und den Mobilfunkbetreiberkonsortien, die den Fahrgästen Konnektivität bieten, erhebliche Kosteneinsparungen ermöglicht.

Ein Drittel des Stroms, den Triebwagen verbrauchen, wird für ihre Heiz- und Kühlsysteme verwendet, weshalb eine wirksame Isolierung unerlässlich ist. Vor etwa zehn Jahren begannen die Eisenbahnunternehmen, die Fenster mit einer hauchdünnen Metallbeschichtung zu versehen, die die Energieeffizienz der Waggons verdoppeln kann – aber sie verhindert auch, dass Funksignale durchdringen. Eisenbahnunternehmen und Mobilfunkbetreiber beschlossen daher, in jedem Triebwagen Repeater zu installieren, damit die Fahrgäste ihre vernetzten Geräte an Bord nutzen können. Die Installation und Wartung dieser Boxen ist jedoch ein kostspieliger Prozess, und die Boxen müssen regelmässig ausgetauscht werden, um mit der neuesten Wi-Fi-Technologie Schritt zu halten: «Zum Beispiel müssen die Eisenbahnunternehmen jetzt alle ihre Repeater ersetzen, um den Wechsel von 4G zu 5G zu vollziehen», sagt Luc Burnier, Gründer und CEO von nu glass. Darüber hinaus kann jeder Repeater bis zu 700 Watt Leistung benötigen.

«Unser Ziel ist es, unser System letzendlich im ganzen Land und in Europa einzusetzen.»      Luc Burnier, CEO nu glass

Die Forschenden des LESO-PB haben mit Unterstützung von Unternehmen der Eisenbahnindustrie vor einigen Jahren ein Laserbehandlungsverfahren entwickelt, das mikroskopisch kleine Linien in die Metallbeschichtung graviert, so dass Mobilfunkfrequenzen durchgelassen werden können, ohne die Wärmedämmeigenschaften der Beschichtung zu beeinträchtigen. Eine Reihe von Fensterscheibenherstellern verwendet dieses System bereits für das von ihnen produzierte Glas. Doch die meisten Triebwagen sind heute noch nicht reif für einen Austausch – jeder hat eine Lebensdauer von etwa 30 Jahren. Die Forschenden haben daher eine tragbare Version ihres Systems entwickelt, die direkt in den vorhandenen Triebwagen eingesetzt werden kann. Diese Innovation wird nun über nu glass vermarktet.

Ein optisches Gerät, das effektiv auf gebogenen Scheiben funktioniert

Die Laserbehandlung graviert mikroskopisch kleine Linien in die Metallbeschichtung © 2022 Alain Herzog

Das System von nu glass besteht aus einem Laser, der in einem tragbaren Gehäuse untergebracht ist, das die Bediener an einem Zugfenster anbringen. Der Laser kann ein einzelnes Fenster in etwa 15 Minuten und einen ganzen Triebwagen in nur wenigen Stunden gravieren. Die Herausforderung bei der Entwicklung des Systems bestand darin, den Laser mit ausreichender Präzision zu bewegen. Die Ingenieurfachleute von LESO-PB integrierten daher ein optisches Messgerät in das System, das den Laser kontinuierlich in die richtige Position bringt. «Dank der optischen Vorrichtung funktioniert unser System auch bei gebogenen Fenstern, wie zum Beispiel bei Panoramazügen», erklärt Burnier.

Nu glass erhielt letztes Jahr einen InnoGrant der EPFL und nahm die letzten Anpassungen an seiner Erfindung vor. Die Ergebnisse des kürzlich durchgeführten Pilotversuchs waren sehr ermutigend. «Der nächste Schritt wird der Einsatz in einem Triebwagen in einem Zug sein, der durch die Schweiz fährt, damit wir ein Feedback von den Fahrgästen erhalten können», sagt Burnier. «Unser Ziel ist es, unser System schliesslich im ganzen Land und in ganz Europa einzusetzen.»