ETH Zürich und EPFL lancieren grüne Energie-Koalition

Gemeinsam mit Partnern aus Politik, Wissenschaft und Industrie wollen die ETH Zürich und die EPFL Lösungen für die Speicherung und den Transport erneuerbarer Energieträger vorantreiben. Das Ziel: ein klimaneutrales und flexibles Energiesystem für die Schweiz. Etwa 20 Partner und Industrieunternehmen haben bereits ihr Interesse an einer Zusammenarbeit bekundet.
EPFL-Präsident Martin Vetterli und ETH Zürich-Präsident Joël Mesot. ©Fred Merz/Lundi13/EPFL

Die Schweiz sieht sich mit einer kombinierten Energie- und Klimakrise konfrontiert. Um das gesetzte Netto-Null-Ziel bis 2050 zu erreichen und gleichzeitig eine Energielücke zu vermeiden, ist das Land auf erneuerbare Energiequellen, saisonale Speichermöglichkeiten und eine effiziente Anbindung an den europäischen Strommarkt angewiesen. Neben Pumpspeicherkraftwerken, Batterien oder Wärmespeichern bieten insbesondere synthetische Kraftstoffe und Gase wie Wasserstoff eine interessante Möglichkeit, um günstigen Strom aus Fotovoltaikanlagen im Sommer für den Winter zu speichern, zu transportieren und zu handeln. Es gibt zahlreiche vielversprechende Technologien, die sich derzeit in Entwicklung befinden, aber noch nicht voll einsatzfähig sind. Hier setzt die «Coalition for Green Energy and Storage» an, die am 8. Juni auf dem Swiss Economic Forum in Interlaken öffentlich vorgestellt wurde.

«Mit der Koalition wollen wir bestehende Technologien zur CO2-Abscheidung und zur Produktion und Speicherung von kohlenstoffneutralen Gasen und Treibstoffen schnell zur Marktreife bringen und auf einen industriellen Level heben», erklärt ETH-Präsident Joël Mesot den Plan. Ziel ist es, innert nützlicher Frist ein skalierbares, klimaneutrales und flexibles Energiesystem zu ermöglichen.

Gesucht: Partner aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft

«Allein unsere beiden ETH verfügen über ein enormes Potenzial: 150 auf Energie spezialisierte Forschungsgruppen, rund 460 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und vier erfolgreiche Spin-offs sind im Bereich der Kohlenstoffabscheidung und -speicherung tätig. Zusammen mit anderen Forschungsgruppen des Paul Scherrer Instituts PSI und der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa verfügt der ETH-Bereich sowohl über die nötige Expertise als auch über die nötige Grösse, um gemeinsam mit Industriepartnern die aktuellen Herausforderungen anzugehen», sagt EPFL-Präsident Martin Vetterli. Die ETH Zürich und die EPFL sind nun auf der Suche nach Technologie- und Umsetzungspartnern sowie nach Geldgebern und Unterstützern aus Politik und Gesellschaft.

Rund 20 Unternehmen und Organisationen haben bereits ihr Interesse an einer Zusammenarbeit bekundet: Alpiq, AMAG, BKW Energie, SBB / CFF, Carvolution AG, Cemsuisse, Emil Frey Gruppe, Edelweiss, FIR Group AG, Gaznat, Genève aéroport, GE Vernova, Gruyère Hydrogen Power SA, Implenia, MAN Energy Systems, Migros Industry, Romande Energie, Rolex, Swissmem, SWISS International Air Lines, VBSA, Viteos SA, Verband der Schweizerischen Gasindustrie / Association Suisse de l'Industrie Gazière.

Neben den Präsidenten der beiden ETH sind mit Swiss International Air Lines (SWISS) und dem Energiedienstleister Alpiq zwei weitere Mitglieder des SEF-Gremiums bereits an Bord: «Wir sind stolz, Teil dieser Energiekoalition zu sein. Wir arbeiten gemeinsam daran, die Produktion von synthetischen Treibstoffen voranzutreiben, in denen wir den grössten Hebel für einen zunehmend nachhaltigen Flugverkehr in der Zukunft sehen. Gleichzeitig erforschen wir neue Möglichkeiten der Energiespeicherung, die letztlich die Versorgungssicherheit in der Schweiz verbessern und der gesamten Gesellschaft zugute kommen werden», sagt Swiss-CEO Dieter Vranckx. Die Fluggesellschaft muss schnell wirtschaftliche Lösungen finden, um ihre eigenen Klimaziele zu erreichen. Synthetische Treibstoffe spielen dabei eine wichtige Rolle. Alpiq ihrerseits verfügt über ein breites Portfolio an Wasserkraft- und Speicherkraftwerken in der Schweiz und gehört in ihrem Werk in Gösgen zu den Pionieren bei der Produktion von grünem Wasserstoff. Mit zahlreichen Projekten für den Zu- und Ausbau von erneuerbaren Energien und verschiedenen Speichertechnologien in der Schweiz und im benachbarten Ausland ist Alpiq gut positioniert, um einen wichtigen Beitrag zur Koalition zu leisten: «Mit einer breiten Koalition von Partnern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft können wir unser Netto-Null-Ziel erreichen und gleichzeitig eine nachhaltige Energieversorgung sicherstellen. Dies stärkt den internationalen Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort Schweiz», sagt Antje Kanngiesser, CEO von Alpiq, und unterstützt die Koalition ausdrücklich. Der bekannte Schweizer Philanthrop Hansjörg Wyss hat bereits seine Unterstützung für die Koalition zugesagt.

Geplant: Forschungsplattformen im Megawattmassstab

Die Koalition plant, innovative technische Lösungen zu erforschen, um zusätzliche Möglichkeiten zu schaffen, die Energiespeicher nutzen, um die saisonalen Unterschiede in der Stromproduktion in der Schweiz und in Europa auszunutzen. Dies wird die Versorgungssicherheit der Schweiz verbessern und den Energiehandel mit europäischen und internationalen Partnern diversifizieren, wodurch neue Geschäftsfelder und Chancen für Technologie-Start-ups und die Schweizer Industrie entstehen. Die technischen Optionen werden systematisch analysiert, um die effizientesten Lösungen in Bezug auf Versorgungssicherheit und Kosten zu finden und umzusetzen.

Der formale Prozess zur Gründung der Koalition wird bis Ende 2023 abgeschlossen sein, so dass die ersten Projekte Anfang 2024 gestartet werden können. Demonstrationsanlagen, die auf bestehender Technologie im Megawattbereich aufbauen, sollen ab 2028 produktiv sein und als Forschungsplattform dienen. Für die Finanzierung der ersten Projektphase ist ein Budget von rund 100 Millionen Schweizer Franken erforderlich.