«Ohne Wasserstoff schaffen wir die Energiewende nicht»

Seit rund sechs Jahren setzt sich die H2 Energy AG für den Aufbau eines erneuerbaren Wasserstoff-Ökosystems in der Schweiz ein. Gestern wurde es dafür vom Bundesamt für Energie (BFE) mit dem «Watt d'Or» ausgezeichnet. Erst kürzlich gab das Unternehmen zudem bekannt, dass dank einer Beteiligung der international tätigen Rohstoffhändlerin Trafigura nun die Expansion ins europäische Ausland folgen wird. Im Interview schaut Verwaltungsratspräsident Rolf Huber zurück auf die letzten Jahre – und auf den Beitrag der Empa an der Erfolgsgeschichte von H2 Energy.
Rolf Huber beim Tankstopp an der Empa: «Wir konnten stark von der Partnerschaft mit der Empa profitieren.» Fotos: Empa

Herr Huber, man darf Ihnen gleich zweifach gratulieren: Mit dem «Watt d'Or» erhalten Sie die verdiente Ehrung im eigenen Land, und dank der Investition von Trafigura können Sie Ihre Vision nun auch ins Ausland tragen. Worüber freuen Sie sich mehr?

Rolf Huber: Es freut mich, dass es uns gelungen ist, die Bedeutung von Wasserstoff für die Energiewende deutlich zu machen. Wir haben mit der ersten öffentlichen Wasserstofftankstelle in Hunzenschwil und der Elektrolyseanlage im Wasserkraftwerk Aarau sehr lokal begonnen. Mittlerweile ist ein gesamtschweizerisches Ökosystem mit einem nationalen Tankstellennetz im Aufbau. Ich bin überzeugt, dass die Energiewende ohne Wasserstoff nicht zu schaffen ist. Gleichzeitig ist es eine Illusion zu glauben, wir könnten das innerhalb unserer Landesgrenzen erledigen. Die Schweiz wird immer von Energieimporten abhängig sein. Mit Trafigura als Partner haben wir die Möglichkeit, die Produktion von grünem Wasserstoff auch im Ausland zu fördern, und hoffen darauf, dass wir durch unsere Nachfrage nach erneuerbarem Strom beispielsweise den Zubau von Windkraftwerken an den europäischen Küsten ins Rollen bringen. Ich bin stolz darauf, dass die Schweiz in Europa als eine führende Nation in Sachen Wasserstoff angesehen wird – viel stärker, als das hierzulande überhaupt wahrgenommen wird.

H2 Energy und die Empa verfolgen ein gemeinsames Ziel: eine Mobilität, die komplett auf fossile Treibstoffe verzichtet. H2 Energy hat als Partner der ersten Stunde die Empa-Demonstrationsanlage «move» unterstützt. Wie hat Ihnen die Kooperation mit der Empa geholfen?

«move» hat mich von Anfang an sehr interessiert. Technologisch ist «move» breiter aufgestellt, als wir das sind. Gerade vom Aufbau der 700bar-Wasserstofftankstelle an der Empa konnten wir für die erste kommerzielle Tankstelle in Hunzenschwil stark profitieren. Die Wasserstoffproduktion, der Transport und der Betankungsvorgang: Das sind komplexe Prozesse. Es stellen sich nicht nur technische, sondern auch sicherheitsrelevante Fragen. Es war extrem wichtig, dass die Empa im Rahmen von «move» konkrete Erfahrungen beim Aufbau einer Wasserstofftankstelle gemacht und diese mit ihren Partnern geteilt hat. In Zusammenarbeit mit Behörden ist zudem ein Leitfaden zum Bau von Wasserstofftankstellen entstanden, der nun offiziell anerkannt ist und der den Aufbau eines Tankstellennetzes massiv erleichtern wird. Das hätten wir als Unternehmen niemals geschafft. Was mich zudem von Anfang an fasziniert hat: Die Empa hat einen ganzheitlichen Ansatz in Energiefragen und hat stets das grosse Ganze im Blick. An der Empa traf ich auf unglaublich hilfsbereite und kompetente Menschen, die mich wiederum mit weiteren interessanten Personen vernetzten. Für diese Unterstützung bin ich der Empa extrem dankbar.

Was braucht es, damit die Vision einer postfossilen Mobilität in der Schweiz bis 2050 realisiert werden kann, so wie es die Energiestrategie des Bundes vorsieht?

Auf der einen Seite braucht es weitere technologische Fortschritte und Modelle eines optimalen Zusammenspiels verschiedenster Technologien mit wirtschaftlichem Potenzial. Da zähle ich vor allem auf Forschungsinstitutionen wie die Empa. Von der Politik erhoffe ich mir ein noch stärkeres Bewusstsein für ein verursachergerechtes Verteilen der externen Kosten. Wir sind auf gutem Weg, aber es braucht meiner Meinung nach noch mehr Anreize, um von der fossilen Energie loszukommen. Und schliesslich braucht es auch in der Wirtschaft Personen und Unternehmen, die bereit sind, auf zukunftsfähige Ideen zu setzen – im Wissen darum, dass man damit keine kurzfristigen Gewinne einfahren kann. Das sind dann Spinner wie wir, die am Anfang sehr viel investieren, einfach damit eine Idee wahr wird, und dadurch vielleicht auch andere zum Aufspringen ermutigt werden.

Wie geht es nun weiter mit H2 Energy – in der Schweiz und im Ausland?

In der Schweiz werden wir den eingeschlagenen Weg weiterverfolgen. Das heisst: das geplante Tankstellennetz weiter aufbauen, mehr Wasserstoffproduktionsanlagen schaffen und unsere Logistik effizienter machen. International verändert sich der Energiemarkt momentan stark, und wer mitspielen will, muss sich jetzt in Position bringen. In nicht allzu ferner Zukunft wird der Energiemarkt nicht mehr von den ölproduzierenden Ländern abhängig sein. Dann wird Wasserstoff eine zentrale Rolle spielen – und dann wollen wir dabei sein.