Verpackungs-Datenbank als Faktencheck für Nachhaltigkeitsversprechen

Als Basis für ökologischere Verpackungen haben ETH-Forscherinnen eine Datenbank angelegt, die alle der über 3000 Primär- und Sekundärverpackungen aus dem Sortiment des Detailhändlers Denner erfasst.
Die erfasste Verpackung setzt sich nicht nur aus Plastik zusammen, sondern auch aus Glas, Papier und Metall. (Bild: Kurt Pfister / Denner)

Nach der Bescherung unter dem Weihnachtsbaum, nach dem Mittagessen «to-go» oder der letzten Online-Bestellung: Verpackungen sind allgegenwärtig. Wenn sie nicht wiederverwendet oder recycelt werden, verursachen sie einen enormen Ressourcenverbrauch. Auch deshalb steht die Reduktion von Verpackung in Nachhaltigkeitsprogrammen von Detailhändlern weit oben auf der Liste.

Wie sich mit Verpackung für die Nachhaltigkeit der grösste Unterschied machen lässt, untersuchen jetzt ETH-Forscherinnen um die Ökonomin Catharina Bening zusammen mit dem Schweizer Detailhändler Denner. Das «Sustainability in Business Lab» (sus.lab) hat zum Ziel, wissenschaftliche Erkenntnisse zur Nachhaltigkeit mit Partnern aus der Wirtschaft umzusetzen.

Wieviel Verpackung im Warenkorb?

Als Basis dafür hat Projektleiterin Julia Bachmann alle Primär- und Sekundärverpackungen sämtlicher 3’605 Produkte aus dem Sortiment von Denner in einer Datenbank erfasst. In Kleinarbeit hat sie mit einem Team von Studierenden alle Produkte ausgepackt, die Verpackung vermessen und gewogen und in Zusammenarbeit mit der Professur für Ökologisches Systemdesign das Material bestimmt. Denner öffnete der Gruppe dafür seine Verteilzentralen und teilte für die Studie die Absatzzahlen.

Der Detailhändler hat sich im Rahmen seines Nachhaltigkeitsprogramms unter anderem das Ziel gesetzt, das Verpackungsmaterial bei den Eigenmarken bis im Jahr 2025 um 20 Prozent zu reduzieren, und er will langfristig sämtliche Verpackungsmaterialien recyceln. Christopher Rohrer, Leiter Nachhaltigkeit bei Denner, sagt: «Mit der Zusammenarbeit mit der ETH haben wir jetzt als erster Detailhändler die Möglichkeit, auf wissenschaftlicher Basis nachhaltig die Verpackungsthematik anzupacken».

Die Datenbank sei ein Novum, sagt Catharina Bening: «Es wird in den Medien oft über neue Mittel, Verpackung zu sparen, diskutiert. Über Offenverkauf und Mehrweggeschirr etwa. Es fehlt aber bisher das Wissen darüber, wie die Verpackung im Warenkorb von Herr und Frau Schweizer eigentlich aussieht. Das war bis heute eine Blackbox.» Eine Datenbank, die Typ und Menge der verwendeten Verpackung auf Produktebene quantifiziert, existierte nicht.

Dabei bildet eine solche eigentlich die Voraussetzung für sinnvolle Nachhaltigkeitsziele in Bezug auf Verpackung. «Wir haben jetzt den Faktencheck für Nachhaltigkeitsversprechen gebaut», sagt ETH-Projektleiterin Julia Bachmann.

Nachhaltige Verpackungsmaterialien identifizieren

Von den jährlich rund 50'000 Tonnen Verpackungsmaterial entfällt fast die Hälfte auf Glas, knapp ein Viertel auf Papier, knapp ein Fünftel auf Plastik und weniger als ein Zehntel auf Metall. Die gute Nachricht ist, dass der grösste Teil dieser Verpackungsmaterialien recycelt werden können. Den Rest machen Verbundstoffe und andere Materialien aus.

Die Forscherinnen sehen auch bereits Ideen, um Verpackungen einzusparen: ein Grossteil des Papiers und Kartons entfalle auf sogenannte «Sekundärverpackungen», also auf Schachteln und Kisten für den Transport in die Filialen. Diese liessen sich relativ einfach durch wiederverwendbare, standardisierte Gefässe ersetzen.

Aber: Mit Zahlen zu Gewicht, Material und Absatzmenge stehen die Forscherinnen noch immer erst am Anfang. Welche Lösungen sinnvoll und umsetzbar sind und die grösstmögliche ökologische Wirkung haben, wird sich nach Detailanalysen und gemeinsamen Workshops zeigen, die jetzt folgen.

Branchenweite Lösungen

Dabei gilt der Grundsatz, Verpackungsmaterial auf ein Minimum zu reduzieren und die verbleibenden Materialien in geschlossene Kreisläufe zu führen, sodass möglichst wenig verwertet oder beseitigt werden muss.

Die Lösungen, die dabei entstehen, sollen Pionier- und Modellcharakter haben, sagt Bening: «Das Projekt mit Denner ist wichtig, weil einer der grossen Anbieter den ersten Schritt machen musste, um die gesamte Industrie in Bewegung zu setzen. Denner hat nun diesen wichtigen Schritt getan und ihr Produktportfolio für unsere Analysen geöffnet.». Das langfristige Ziel sei aber, anhand von zugänglichen, nachvollziehbaren Daten industrieweite Lösungen zu schaffen.