Neues Gerät liefert einzelne Zellen mit nur einem Klick

Das EPFL-Spin-off SEED Biosciences hat einen Pipettierroboter entwickelt, der einzelne Zellen nacheinander dosieren kann. Diese Innovation ermöglicht eine erhöhte Zuverlässigkeit und Rückverfolgbarkeit und kann den Forschenden in den Life Sciences Zeit und Geld sparen.
David Bonzon, CTO von SEED Bisociences © 2020 Alain Herzog

Die Ingenieurinnen und Ingenieure von SEED Biosciences, einem Spin-off der EPFL, haben einen einzigartigen Pipettierroboter entwickelt, der einzelne Zellen auf Knopfdruck isolieren kann ohne sie zu beschädigen. Ihr Gerät zeichnet auch die elektrische Signatur der Zellen auf, so dass sie zurückverfolgt werden können. Diese Innovation mag zwar trivial erscheinen, doch kann sie den Forschern mehrere Wochen kostbare Zeit sparen und die Entwicklungsarbeit in den Bereichen Pharmazeutika, Krebsbehandlungen und personalisierte Medizin beschleunigen. Das Unternehmen hat in diesem Jahr mit der Vermarktung seines Geräts begonnen.

Herstellung von Zelllinien aus einer einzigen Zelle

Jede biologische Zelle ist, wie jeder Mensch, anders, mit Variationen in ihrer Grösse, Form und Konfiguration. Das hat die Arbeit der Forschenden in den letzten Jahren besonders schwierig gemacht. Wegen dieser Unterschiede haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Stammzellen und Krebszellen geklont, um Proben zu erhalten, die effektiv verglichen werden können und zuverlässige Ergebnisse liefern. Diesen Ansatz verfolgen mehrere grosse Forschungsorganisationen wie die US Food and Drug Administration (FDA). Die Möglichkeit, Zelllinien aus einer einzigen Zelle zu erzeugen, ist für die Entwicklung neuer Therapien unerlässlich.

Die Methode, die Forschende derzeit anwenden, besteht darin, Zellen wiederholt zu verdünnen, um das Vorkommen einer bestimmten Zelle zu maximieren. Das dauert aber mehrere Wochen, es ist also ein langer und kostspieliger Prozess. Yann Barrandon, Honorarprofessor an der EPFL und Stammzellenexperte, hoffte jahrelang, dass die Ingenieurinnen und Ingenieure ein System entwickeln würden, das diesen Schritt zu einer einfachen Formalität macht, seine Forschung erleichtert und die Rückverfolgbarkeit gewährleistet. Des Wartens müde, schlug er das Projekt zwei Doktoranden der EPFL – David Bonzon und Georges Muller – vor, die es mit Hilfe von Professor Philippe Renaud vom Microsystems Laboratory 4 übernahmen. Nach mehreren Jahren harter Arbeit waren Bonzon und Muller bereit, ihr Gerät zu enthüllen. Sie gründeten SEED Biosciences und veröffentlichten zusammen mit weiteren Forschenden gerade zwei Artikel in SLAS Technology. «In den letzten Jahren sind mehrere Systeme eingeführt worden, aber unseres – Dispencell genannt – ist das erste, das alle Kriterien erfüllt. Es ist einfach zu bedienen, beeinträchtigt die Zellfunktionen nicht, kann sterilisiert werden, verbessert die Rückverfolgbarkeit und vieles mehr», sagt Bonzon, der CTO des Unternehmens.

Die Pipettenspitzen sind so konzipiert, dass sie sterilisiert und ersetzt werden können. © 2020 Alain Herzog

Um das Gerät zu verwenden, pipettieren die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler 20 µL einer Lösung mit einer hohen Zellkonzentration und ziehen dabei einige hundert Zellen ein. Dann setzen sie die Pipettenspitze in die Schale, in der sie die Zellen dosieren wollen. Per Knopfdruck können sie einzelne Zellen nacheinander abgeben. Das System enthält einen elektronischen Sensor, der mit einem ebenfalls von SEED Biosciences entwickelten Softwareprogramm verbunden ist, das die elektrische Signatur jeder Zelle aufzeichnet. Die Software ist empfindlich genug, um einzelne Zellen zu erkennen, wenn sie die Spitze passieren. Sie werden dann auf einem Computerbildschirm als scharfe Spitzen angezeigt. Das Unternehmen arbeitet nun an einem Merkmal, das geschädigte Zellen von gesunden Zellen unterscheiden kann.

Zwei Elektroden in der Pipettenspitze

Ein Teil des Geheimnisses des Geräts besteht darin, dass es einen 50 Jahre alten Mechanismus namens Coulter-Zähler verwendet. Mit diesem Zähler gelangen die Partikel zwischen zwei durch ein winziges Loch getrennten Kammern hindurch, während ein elektrischer Strom über das Loch geleitet wird. Bei dem Gerät von SEED Biosciences befindet sich eine Elektrode an der Pipettenspitze und eine weitere in der Lösung. Eine dünne Membran mit einem Loch von 30 μm erstreckt sich über die Spitze der Pipette und lässt die Zellen eine nach der anderen passieren. Da die Zellen nicht leitend sind, verursachen sie je nach Größe der Zellen Stromänderungen. Durch die Messung der Stromänderung bestimmt die Software den Durchgang und die elektrische Signatur der Zellen. Die Pipettenspitzen sind so konzipiert, dass sie sterilisiert und ausgetauscht werden können, um eine Kontamination zu vermeiden.

Das Gerät ist zunächst für die pharmazeutische Industrie bestimmt, hat aber auch vielversprechende Anwendungen in der personalisierten Medizin. SEED Biosciences führt derzeit eine Finanzierungsrunde durch, um seine Markteinführung zu unterstützen.