Licht verbessert Prozessoren
Das exponentielle Wachstum des Datenverkehrs in unserem digitalen Zeitalter stellt einige echte Herausforderungen an die Rechenleistung. Und mit dem Aufkommen von maschinellem Lernen und KI, etwa bei selbstfahrenden Fahrzeugen und Spracherkennung, wird sich der Aufwärtstrend fortsetzen. All dies stellt eine grosse Belastung dar für die Fähigkeit aktueller Computerprozessoren, mit der Nachfrage Schritt zu halten.
Jetzt hat ein internationales Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern versucht, das Problem mit Licht anzugehen. Die Forschenden entwickelten einen neuen Ansatz und eine neue Architektur, die Verarbeitung und Datenspeicherung auf einem einzigen Chip kombiniert, indem sie lichtbasierte oder «photonische» Prozessoren verwenden, die nachweislich herkömmliche elektronische Chips übertreffen, indem sie Informationen viel schneller und parallel verarbeiten.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entwickelten einen Hardware-Beschleuniger für sogenannte Matrix-Vektor-Multiplikationen, die das Rückgrat von neuronalen Netzen (Algorithmen, die das menschliche Gehirn simulieren) sind, die ihrerseits für Machine-Learning-Algorithmen verwendet werden. Da sich verschiedene Lichtwellenlängen (Farben) nicht gegenseitig stören, konnten die Forschenden mehrere Lichtwellenlängen für parallele Berechnungen nutzen. Dafür nutzten sie eine andere innovative, an der EPFL entwickelte Technologie, einen chipbasierten «Frequenzkamm», als Lichtquelle.
«Unsere Studie ist die erste, die Frequenzkämme im Bereich der künstlichen neuronalen Netze einsetzt», sagt Professor Tobias Kippenberg von der EPFL, einer der Leiter der Studie. Professor Kippenbergs Forschung hat Pionierarbeit bei der Entwicklung von Frequenzkämmen geleistet. «Der Frequenzkamm bietet eine Vielzahl von optischen Wellenlängen, die unabhängig voneinander im selben photonischen Chip verarbeitet werden.»
«Lichtbasierte Prozessoren zur Beschleunigung von Aufgaben im Bereich des maschinellen Lernens ermöglichen es, komplexe mathematische Aufgaben mit hohen Geschwindigkeiten und Durchsätzen zu verarbeiten», sagt Senior Co-Autor Wolfram Pernice von der Universität Münster, einer der leitenden Professoren der Forschung. «Das ist viel schneller als herkömmliche Chips, die auf elektronische Datenübertragung angewiesen sind, wie Grafikkarten oder spezialisierte Hardware wie TPUs (Tensor Processing Unit).»
Nachdem sie die photonischen Chips entworfen und hergestellt hatten, testeten die Forschenden sie an einem neuronalen Netzwerk, das handgeschriebene Zahlen erkennt. Diese von der Biologie inspirierten Netzwerke sind ein Konzept aus dem Bereich des maschinellen Lernens und werden vor allem bei der Verarbeitung von Bild- oder Audiodaten eingesetzt. «Die Faltungsoperation zwischen Eingabedaten und einem oder mehreren Filtern, die zum Beispiel Kanten in einem Bild erkennen können, passen gut zu unserer Matrix-Architektur», sagt Johannes Feldmann, der jetzt an der University of Oxford am Department of Materials tätig ist. Nathan Youngblood (Universität Oxford) ergänzt: «Die Ausnutzung von Wellenlängenmultiplexing erlaubt höhere Datenraten und Rechendichten, also Operationen pro Fläche des Prozessors, die bisher nicht erreicht wurden.»
«Diese Arbeit ist ein echtes Vorzeigeprojekt europäischer Verbundforschung», sagt David Wright von der University of Exeter, der das EU-Projekt FunComp leitet, das die Arbeit finanziert hat. «Während jede beteiligte Forschungsgruppe auf ihre Weise weltweit führend ist, war es die Zusammenführung all dieser Teile, die diese Arbeit wirklich möglich gemacht hat.»
Die Studie wird diese Woche in Nature veröffentlicht. Die Arbeit kommt in vielen Bereichen zur Anwendungen: höhere gleichzeitige (und energiesparende) Verarbeitung von Daten in der künstlichen Intelligenz, grössere neuronale Netze für genauere Vorhersagen und präzisere Datenanalyse, grosse Mengen klinischer Daten für Diagnosen, Verbesserung der schnellen Auswertung von Sensordaten in selbstfahrenden Fahrzeugen und Ausbau von Cloud-Computing-Infrastrukturen mit mehr Speicherplatz, Rechenleistung und Anwendungssoftware.