Start der ClearSpace-1 Mission

Die Arbeiten am Bau des ersten Satelliten, der Weltraummüll einfangen und in die Erdumlaufbahn bringen kann, haben gerade begonnen. Die Weltraumaktivitäten nachhaltiger zu gestalten, ist eine grosse Verantwortung – eine Verantwortung, die die Europäische Weltraumagentur dem EPFL-Startup ClearSpace übertragen hat.
© 2020 EPFL/J.Caillet

Während die Tinte auf dem Vertrag über die vorläufige Genehmigung der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) trocknet, nimmt die ClearSpace-1-Mission ihren Anfang. Vor einem knappen Jahr hat die ESA das EPFL-Startup ClearSpace ausgewählt, um ein europäisches Konsortium zu leiten, das Technologien zum Auffangen und planmässigen Verlassen der Umlaufbahn von Weltraummüll entwickelt. Dies ist in vielerlei Hinsicht eine beispiellose Entscheidung. Erstens ist es in einem Sektor, der von Regierungsbehörden und anderen wichtigen Akteuren der Industrie dominiert wird, ungewöhnlich, ein Start-up für eine solche Rolle auszuwählen. Darüber hinaus ist dies das erste Mal, dass eine Weltraumbehörde ein Programm zur Bergung eines der vielen im Weltraum verbliebenen Objekte ausgewählt und finanziert hat. Die erste Aufgabe des Konsortiums wird darin bestehen, einen Teil der Oberstufe der Vega-Rakete einzufangen – welche die ESA 2013 in den Weltraum geschickt hat und die derzeit die Erde in einer Höhe von 660 Kilometern umkreist – und dafür zu sorgen, dass sie kontrolliert wieder in die Atmosphäre eintritt. Der Start von ClearSpace-1 ist für 2025 geplant.

Das Start-up, das für die Planung des Projekts verantwortlich ist, war im vergangenen Jahr sehr beschäftigt, und seine Belegschaft hat sich von fünf auf mehr als 20 Mitarbeiter vervierfacht. Acht Länder sind an dem Projekt beteiligt: die Schweiz, Grossbritannien, die Tschechische Republik, Deutschland, Polen, Portugal, Rumänien und Schweden. Microsoft unterstützt das Projekt auch durch sein Global Social Entrepreneurship-Programm und ClearSpace sucht noch nach weiteren Sponsoren für die Mission. Seit Anfang des Jahres hat das Unternehmen hart an der Reorganisation seines Industrieteams gearbeitet, um das benötigte Know-how zu ermitteln, die richtigen Leute einzustellen und einen detaillierten Vorschlag zu erarbeiten, den die ESA soeben genehmigt hat.

«Wir haben eine Ausschreibung gestartet, und mehr als 50 Unternehmen aus ganz Europa haben sich beworben», sagt Luc Piguet, CEO von ClearSpace und EPFL-Alumnus mit einem Abschluss als in Elektrotechnik. «Wir wählten rund 20 Partner aus allen teilnehmenden Ländern aus, darunter vier Unternehmen hier in der Schweiz sowie die EPFL, die Hochschule für Technik und Wirtschaft Waadt (HEIG-VD) und das Astronomische Institut der Universität Bern (AIUB).» Das ClearSpace-1-Team hat bis März 2021 Zeit, um den Satelliten zu entwerfen, die Mission zu planen, alle Untersysteme zu definieren usw.

Gefährliche Geschosse

Die Inbetriebnahme ist das Ergebnis eines langfristigen Projekts, das 2012 am Raumfahrtzentrum der EPFL (eSpace) begann. Ziel der ersten CleanSpace-1-Initiative war bereits die Entwicklung von Technologien zur Erfassung und der planmässigen Desorbitation veralteter Weltraumobjekte – wie nicht mehr genutzte Satelliten, Raketenstufen, Teile von Solarpaneelen und lose Schrauben und Muttern –, die in den letzten 60 Jahren in die Umlaufbahn gebracht wurden und nun den Raum unmittelbar über der Erde ausfüllen. Diese Objekte umkreisen unseren Planeten mit einer Geschwindigkeit von 28 000 km/h, was sie zu gefährlichen Geschossen für Arbeitssatelliten und Astronauten auf der internationalen Raumstation macht. Aus diesem Grund müssen die Raumfahrtbehörden nicht nur künftige Satelliten am Ende ihrer Nutzungsdauer aus der Umlaufbahn nehmen, sondern auch Wege finden, um die bereits dort oben befindlichen Weltraumsatelliten und Trümmer loszuwerden.