CO2-Abscheidung von Lkw und Emissionsreduktion um 90 %

Forscher der EPFL haben ein neues Konzept patentiert, das den CO2-Ausstoss von Lastwagen um fast 90 % reduzieren könnte. Dabei wird das CO2 in der Abgasanlage aufgefangen, in eine Flüssigkeit umgewandelt und am Fahrzeug gespeichert. Das flüssige CO2 würde dann an eine Tankstelle geliefert und dort mit erneuerbarer Energie wieder in Kraftstoff umgewandelt.
© 2019 EPFL

In Europa ist der Verkehr für fast 30 % der gesamten CO2-Emissionen verantwortlich, wovon 72 % auf den Straßenverkehr* entfallen. Während der Einsatz von Elektrofahrzeugen für den Individualverkehr dazu beitragen könnte, diese Zahl zu senken, ist die Emissionsreduktion des gewerblichen Verkehrs - wie Lkw oder Busse - eine weitaus grössere Herausforderung.

Die Forscher der EPFL haben nun eine neuartige Lösung gefunden: Sie fangen das CO2 direkt in der Abgasanlage der Lastwagen ab und verflüssigen es in einer Box auf dem Fahrzeugdach. Das flüssige CO2 wird dann an eine Tankstelle geliefert, wo es mit Hilfe von erneuerbarer Energie in konventionellen Kraftstoff umgewandelt wird. Das Projekt wird von der Gruppe für industrielle Prozess- und Energiesystemtechnik unter der Leitung von François Maréchal an der Ingenieurschule der EPFL koordiniert. Das patentierte Konzept ist Gegenstand einer Arbeit in Grenzen der Energieforschung.

Ein komplexer Prozess im Innern des Fahrzeugs

Die Wissenschaftler schlagen vor, mehrere an der EPFL entwickelte Technologien zu kombinieren, um das CO2 abzufangen und es in einem Prozess von einem Gas in eine Flüssigkeit umzuwandeln, bei dem ein Grossteil der im Fahrzeug verfügbaren Energie, wie etwa die Wärme des Motors, zurückgewonnen wird. In ihrer Studie verwendeten die Wissenschaftler das Beispiel eines Lieferwagens.


Quelle: François Maréchal / EPFL

Zunächst werden die Rauchgase des Fahrzeugs im Auspuffrohr abgekühlt und das Wasser von den Gasen getrennt. Das CO2 wird von den anderen Gasen (Stickstoff und Sauerstoff) mit einem Temperaturwechsel-Adsorptionssystem isoliert, wobei ein Adsorptionsmittel mit metallorganischen Gerüsten (MOFs) verwendet wird, die speziell für die Absorption von CO2 ausgelegt sind. Diese Materialien werden vom Energypolis-Team der EPFL Valais Wallis unter Leitung von Wendy Queen entwickelt. Sobald das Material mit CO2 gesättigt ist, wird es erhitzt, so dass ihm reines CO2 entzogen werden kann. Die vom Laboratorium von Jürg Schiffmann auf dem Campus der EPFL in Neuenburg entwickelten Hochgeschwindigkeitsturboverdichter nutzen die Wärme des Fahrzeugmotors, um das gewonnene CO2 zu verdichten und in eine Flüssigkeit zu verwandeln. Diese Flüssigkeit wird in einen Tank eingelagert und kann dann an den Tankstellen wieder in konventionellen Treibstoff umgewandelt werden, wobei der Strom aus erneuerbaren Energien gewonnen wird. "Der Lastwagen legt die Flüssigkeit beim Tanken einfach ab", sagt Maréchal.

Der gesamte Prozess findet in einer Kapsel von 2 m x 0,9 m x 1,2 m statt, die über der Fahrerkabine angebracht ist. "Das Gewicht der Kapsel und des Tanks beträgt nur 7 % der Nutzlast des Fahrzeugs", fügt Maréchal hinzu. "Der Prozess selbst verbraucht wenig Energie, weil alle seine Stufen optimiert wurden."

Die Berechnungen der Forscher zeigen, dass ein LKW mit 1 kg konventionellem Kraftstoff 3 kg flüssiges CO2 erzeugen könnte und dass die Umwandlung keine Energiekosten verursacht.

Nur 10 % der CO2-Emissionen können nicht recycelt werden, und die Forscher schlagen vor, dies mit Biomasse auszugleichen.

Das System könnte theoretisch mit allen Lastwagen, Bussen und sogar Booten und mit jeder Art von Kraftstoff funktionieren. Der Vorteil dieses Systems besteht darin, dass es im Gegensatz zu Elektro- oder Wasserstoff-basierten Systemen in bestehende Lkw nachgerüstet werden kann, um deren Auswirkungen auf den Kohlenstoffausstoss zu neutralisieren.