Bike and Ride, eine innovative Lösung für die Genferseeregion
Es steht inzwischen eindeutig fest, dass der Verkehr, für ein Viertel der weltweiten CO2-Emissionen aufgrund des Energieverbrauchs verantwortlich, auch einer der Hauptverantwortlichen für die globale Erwärmung ist. Hauptschuldig, auch in der Schweiz, ist nach wie vor das Privatfahrzeug. Das Bewusstsein bewegt sich zwar in die richtige Richtung hin zur Nutzung nachhaltigerer Verkehrsmittel, aber der Prozess ist immer noch zu langsam und alternative Methoden sollten von den Behörden gefördert werden.
Eine solche alternative Lösung ist Bike and Ride (B+R), das die Nutzung von Fahrrädern und öffentlichen Verkehrsmitteln kombiniert, und grosses Potenzial in der Schweiz hat, wo das Schienennetz zu den leistungsfähigsten der Welt gehört. Für sein Masterprojekt in Bauingenieurwesen am Labor für Stadtsoziologie (Lasur) der EPFL wählte Felix Boesch dieses Thema mit Schwerpunkt Genferseeregion. Da der Anteil des öffentlichen Verkehrs in Kombination mit dem Fahrrad im Vergleich zu anderen Regionen des Landes, insbesondere in der Deutschschweiz und den nordeuropäischen Staaten, immer noch sehr gering ist, wollte er Strategien zu dessen Erhöhung aufzeigen.
Um die in diesem besonders bevölkerten und dynamischen Gebiet bestehenden Probleme zu eruieren, hat er eine quantitative Umfrage in Form eines Fragebogens erstellt, der mithilfe mehrerer Gemeinden in den Ballungsräumen Lausanne-Morges und Nyon verteilt wurde. «Ich war erstaunt über die Anzahl der interessierten Gemeinden. Ich habe fast 250 Antworten auf den Fragebogen zu den beiden Agglos erhalten», so Felix Boesch.
Der Bahnhof Lausanne verfügt über eine überwachte Fahrradstation. © 2020 R. Carlier
Seine Studie zeigt, dass gerade die Anfahrt mit dem Fahrrad als problematisch angesehen wird, vor allem wegen des Mangels an Komfort und Sicherheit. Auch die hohen Anschaffungskosten des Fahrrads, insbesondere bei E-Bikes, und die Angst vor Diebstahl beim Parkieren am Bahnhof, behindern die Umsetzung von B+R. Die Umfrage hat es somit ermöglicht, eine Prioritätenliste bezüglich der mit der Veloverkehrsinfrastruktur verbundenen Probleme zu erstellen.
Anpassung der Infrastruktur
Der zweite Teil der Umfrage bietet eine Analyse der Nutzung in drei Städten, in denen Bike and Ride sehr viel weiter verbreitet ist: Amsterdam, die Fahrradhauptstadt, Oakland/Berkeley in den Vereinigten Staaten und Bern.
Nur die Anpassung der Infrastrukturen wird eine breitere Nutzung von B+R nach dem Prinzip «Angebot schafft Nachfrage» ermöglichen. In dieser Hinsicht kann ein interessanter Vergleich mit Bern gezogen werden, wo die Topographie der Region Lausanne ähnelt, die für das Radfahren nicht sehr günstig ist. «Dank der Bereitstellung entsprechender Infrastruktur ist es der Regierung jedoch gelungen, den Anteil des Radverkehrs am Verkehrsaufkommen zu erhöhen», so Boesch, der in seiner Studie die Einführung des indirekten Linksabbiegens und von rot markierten Radwegen an neuralgischen Punkten der Hauptstadt aufführt.
«Keine Politik in dieser Angelegenheit»
Die vielbeachtete Arbeit von Felix Boesch wird von Vincent Kaufmann, Direktor von Lasur und Betreuer des Masterprojekts, gelobt. Als Spezialist für Mobilität geht er in den Schlussfolgerungen seines ehemaligen Studenten noch weiter.
COVID-19 und der Lockdown führten zu einem plötzlichen Bewusstsein und einer Veränderung der Reisegewohnheiten in der Westschweiz, was ein Echo auf das Masterprojekt Felix Boeschs ist. «Die Veränderungen kommen jetzt schnell. Es gab einen Ansturm auf das Radfahren und die Einführung von provisorischen Einrichtungen, die nun dauerhaft werden. Wir befinden uns bereits in einem Stadium, in dem Gemeinden und sogar Kantone erkennen, dass das Fahrrad ein Verkehrsmittel ist, auf das man sich in Sachen Mobilität verlassen kann», so Vincent Kaufmann.