Nach digitalem Neustart hat IGLUNA weiter Kurs auf den Mond
Wie sich herausstellte, war das Thema der zweiten Ausgabe von IGLUNA – «Ein ferngesteuertes Weltraum-Habitat» – unter den gegenwärtigen Umständen passend. Unter der Koordination des Swiss Space Center im Rahmen der ESA_Lab@-Initiative der Europäischen Weltraumorganisation ESA konzentriert sich IGLUNA auf die Entwicklung von Technologien, die das Leben von Astronautinnen und Astronauten im Weltraum erleichtern sollen.
Seit September 2019 stellen 150 Studierende aus 10 europäischen Ländern ihr Fachwissen und ihre Kreativität auf die Probe. Sie arbeiteten an Themen wie der Gestaltung von Lebensräumen, der Produktion von Sauerstoff, Nahrung und Elektrizität, von Navigation und Kommunikation mit der Erde, Erhaltung der körperlichen und geistigen Gesundheit und der Durchführung wissenschaftlicher Experimente.
Ein besonderes Jahr
«Für 2020 haben wir die Messlatte mit der Einführung ferngesteuerter Operationen höher gelegt», sagt Tatiana Benavides, Projektleiterin am Swiss Space Center. «Dies spiegelt die Realität der Weltraumforschung wider: Missionen zum Mond werden mit Robotern beginnen, die von der Erde aus ferngesteuert werden».
Das Treffen der Studierenden war ursprünglich für den 10. bis 19. Juli in Luzern geplant. Um extreme Umgebungen wie den Mond zu simulieren, sollten ihre Prototypen und Versuchsdesigns auf dem Berg Pilatus installiert und von einem Kontrollraum im Verkehrshaus der Schweiz aus gesteuert werden.
Die COVID-19-Pandemie zwang das Team jedoch dazu, die Veranstaltung zu überdenken. «Wir wurden überrascht und mussten als Gruppe lernen, wie man eine virtuelle Kampagne organisiert», sagt Benavides. Sie und ihr Team unterstützten die Teilnehmenden, als sich die Dinge änderten, und gaben ihnen Ratschläge und Tipps für ihre Präsentationen.
Das neue Format hatte jedoch auch sein Gutes: Die Online-Präsentationen ermöglichten nicht nur die Teilnahme aller, sondern förderten auch eine stärkere Beteiligung der Studierenden. «Im Jahr 2019 konnten einige Leute die anderen Projekte aus Zeitgründen und wegen der Entfernung zwischen den beiden Kampagnenstandorten in Zermatt nicht sehen», sagt Eva Buchs, Kommunikationsbeauftragte von IGLUNA. «In diesem Jahr konnten sich die Teams per YouTube-Live-Chat verbinden und sehen, was alle anderen vorhatten.»
Hervorragende Ergebnisse
Jedes Team hatte eine Stunde Zeit, um sein Projekt der breiten Öffentlichkeit und den Fachleuten der Luft- und Raumfahrt vorzustellen. Das SWAG-Team der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften präsentierte sein System für den Anbau von Pflanzen ohne Erde, eine Technik, die als Hydrokultur oder erdlose Kultur bekannt ist. Die Studierenden verwendeten menschliche Abfälle, um die Pflanzen mit notwendigen Nährstoffen zu versorgen, während ein geschlossener Kreislauf die nachhaltige Nutzung des Wassers sicherstellte. Sie entwickelten eine anpassbare LED-Beleuchtung und schufen eine dem Pflanzenwachstum förderliche Umgebung, die von Sensoren überwacht und von einem intelligenten System gesteuert wird.
«Wir glauben, dass die Zeit gekommen ist, Satelliten wie Raketen wiederzuverwenden», sagt Mayank, Leiter des Projekts Celestial. An der Technischen Universität Berlin haben Mayank und sein Team ihre eigenen Antennen und Satelliten entwickelt, die mit einem im Weltraum einsatzfähigen Kommunikationssystem ausgestattet sind, das für verschiedene Missionen ferngesteuert umkonfiguriert werden kann.
Gibt es Leben im Weltraum? Um dies herauszufinden, hat das Team LDMS for Life der Universität Bern an ORIGIN gearbeitet, einem kompakten, leichten und einfach zu bedienenden Instrument, das Biosignaturen erkennt und chemische Analysen von Planetenoberflächen durchführt. Das Team baute auch den Rover, der ORIGIN tragen wird, und installierte ein kryogenes Kühlsystem auf dem Gerät, um die extremen Bedingungen des Weltraums zu simulieren.
Zum Abschluss der Ausgabe 2020 wurden drei Teams bei der Verleihung der IGLUNA Space Awards geehrt. AMPEX, Celestial und PowerHab zeichneten sich durch die hervorragende Qualität ihrer Begleitdokumentation, ihre Fähigkeit, Sponsoren zu finden, ihren Teamgeist, die Struktur ihrer Präsentationen und ihr Engagement während der zehn Tage der Kampagne aus.
Zurück in die Zukunft
«Die Studierenden nehmen an IGLUNA nicht nur wegen der Erfahrung teil, sondern auch mit Blick auf ihre eigene Zukunft», sagt Benavides. «Es gibt die pädagogische Seite, aber auch die Möglichkeit, sich mit Fachleuten aus der Raumfahrt zu vernetzen, und schliesslich den Technologietransfer.» So hat beispielsweise das Team Celestial gerade ein Start-up lanciert, und GrowBotHub (heute eine Gesellschaft der EPFL) arbeitet seit letztem Jahr an der Feinabstimmung seines Prototyps – eines Roboters, der automatisch und ohne menschliches Zutun Pflanzen züchtet und erntet.
IGLUNA 2021 wird mit einer erweiterten «Business»-Komponente noch anspruchsvoller sein. Das Swiss Space Center prüft derzeit die Bewerbungen und wird Mitte August die Liste der Teilnehmenden bekannt geben.