Wasser beeinflusst die Viskosität von Hyaluronan

Hyaluronsäure, auch bekannt als Hyaluronan, ist ein Polysaccharid, das die Viskosität von Körperflüssigkeiten mitbestimmt. Laut einer neuen Studie von EPFL-Forschenden beeinflusst es auch das Verhalten von weit mehr Wassermolekülen als bisher angenommen. Ihre Ergebnisse – gerade in Science Advances veröffentlicht – eröffnen neue Erkenntnisse über die Rolle, die Wasser im menschlichen Körper spielt.
Sylvie Roke, Leiterin des Labors für fundamentale BioPhotonik © 2020 Alain Herzog

Während Wasser seit langem als entscheidender Bestandteil biologischer Systeme bekannt ist, beginnen Wissenschaftlerinnen erst in jüngster Zeit, die komplizierten Wege zu entdecken, auf denen es die Strukturierung biologischer Verbindungen wie Proteine, Membranen, DNA und Zucker vorantreibt. Das gilt auch für Hyaluronan, ein Polysaccharid, das um Zellen und in Teilen unseres Körpers vorkommt, wo Schmierung und Viskosität wichtig sind, wie in unseren Gelenken. Hyaluronan ist ein Schlüsselfaktor für die Beschaffenheit der wässrigen Flüssigkeiten in diesen Bereichen. Mit einer neuen Methode, die in ihrem Labor entwickelt wurde, fanden die Forschenden des Labors für fundamentale BioPhotonik (LBP) heraus, dass Hyaluronan die Ausrichtung von viel mehr Wassermolekülen beeinflusst als bisher angenommen. Ihre Forschung, die in Science Advances publiziert wurde, markiert einen Durchbruch in der Art und Weise, wie Forschende die Rolle des Wassers in der Biologie wahrnehmen.

Eine neue Art, die Hydratation zu verstehen

Die LBP-Forschenden untersuchten auf Nanoskala, wie Hyaluronan mit Wasser interagiert. Hyaluronanmoleküle enthalten viele Anionen, also negativ geladene Ionen, während die Wassermoleküle (H2O) neutral, aber an einem Ende positiv und am anderen Ende negativ geladen sind. Diese Ladungsverteilung richtet die Wassermoleküle aus, wenn sie die negative Ladung des Hyaluronans «sehen». Bisher ging man davon aus, dass die Ladungen das Wasser über eine Distanz von 3 Wassermolekülen beeinflussen und nur diese Wechselwirkung stattfindet. Mit ihrer neuen Methode fanden die LBP-Wissenschaftlerinnen jedoch heraus, dass sich der Einfluss tatsächlich auf bis zu 1600 Wassermoleküle erstreckt. Sie entdeckten auch einen zweiten Mechanismus für die Ausrichtung von Wasser – das elektrostatische Feld der Anionen verändert die Art und Weise, wie sich Wassermoleküle miteinander verbinden, leicht. Dieser Mechanismus ist auch in Hyaluronan-Lösungen im Spiel. Diese bahnbrechende Entdeckung könnte herkömmliche Denkweisen über Wasser und dessen Wechselwirkung mit komplexen Molekülen in Frage stellen. Hyaluronan ist bekannt für seine viskositätssteigernden Eigenschaften, von denen man bisher annahm, dass sie nur durch Wechselwirkungen zwischen den Hyaluronan-Molekülen entstehen. Diese Arbeit zeigt jedoch, dass auch Wasser und dessen Beeinflussung eine wichtige Rolle spielt.

Prüfung der Orientierung von Wassermolekülen

Hyaluronan richtet Wassermoleküle aus, indem es Wasser-Wasser-Korrelationen verstärkt. Es wirkt wie eine «flexible Kette, die von ausgedehnten Schalen aus orientierungskorreliertem Wasser umgeben ist, das in Abhängigkeit von den Bewegungen des Hyaluronan-Moleküls schwankt», sagt Sylvie Roke, Leiterin des LBP. Ihr Team von Forschenden hat die räumlichen Korrelationen über nanoskopische Längenskalen gemessen.

Ihre Methode unterscheidet sich von Standardtechniken wie der Lichtstreuung, die Schwankungen im Hyaluronan und nicht in den Wassermolekülen misst. Ausserdem sind die bestehenden Techniken nicht empfindlich genug, um bei sehr niedrigen Konzentrationen zu arbeiten. Die LBP-Methode, die so genannte elastische Femtosekunden-Sekundärstreuung, bietet eine 1000-fach höhere Empfindlichkeit und erlaubt es, die winzigen strukturellen Korrelationen zu messen, die sich aus den Veränderungen der Wasserstruktur ergeben. Die Beleuchtung einer Lösung mit einem Femtosekunden-Laserpuls im nahen Infrarot führt zur Erzeugung von Photonen, die die doppelte Energie der einfallenden Photonen haben. Solche Photonen der zweiten Harmonischen können nur von Regionen in der Flüssigkeit erzeugt werden, die eine gebrochene Symmetrie im Vergleich zur isotropen Struktur der reinen Bulk-Flüssigkeit aufweisen. Sie berichten daher sehr empfindlich über Strukturunterschiede. Im Gegensatz dazu werden bei regulären Lichtstreumethoden von jedem Molekül die gleichen Farbphotonen emittiert, so dass strukturelle Unterschiede nur durch eine Differenzmessung nachweisbar sind. Daraus resultiert die 1000 x höhere Empfindlichkeit, wie auch – in diesem Fall – die Empfindlichkeit gegenüber Wasser.

Ein neues Licht auf die Komplexität wässriger Systeme werfen

Roke erklärt: «Die Möglichkeit zu beobachten, wie sich Wasserüberstrukturen als Reaktion auf Moleküle wie Hyaluronan verändern, eröffnet ein ganz neues Forschungsfeld. Unsere Methode könnte in Kombination mit anderen, nicht-linearen optischen Ansätzen eingesetzt werden, um die Komplexität wässriger Systeme, die wir gerade erst zu entdecken beginnen, besser zu untersuchen.»