Eine Technologie, um virtuelle Objekte berühren zu können

Forscher der EPFL haben flexible Aktuatoren entwickelt, die das Gefühl eines Gegenstandes zwischen den Fingern reproduzieren. Sie verleihen der virtuellen Realität den Eindruck von Berührung.
2020 EPFL

In der virtuellen Realität existieren die Objekte, die wir aufheben, nicht. Dem Sehsinn fehlt der Tastsinn. Auf dem Campus der EPFL in Neuenburg fragte sich Professor Herbert Shea, der sich seit langem mit künstlichen Muskeln und Motoren auf Silikonbasis beschäftigt, wie man eine Tasse oder einen Stift fühlbar machen kann, ohne dass sie aus realen Materialien bestehen.

Kapseln, die sich aufblasen

«Mit meinem Team haben wir kleine, schnelle und dünne Aktoren entwickelt. Sie haben die Form von millimetergrossen Kapseln, die sich entsprechend der elektrostatischen Energie aufblasen und entleeren», erklärt Herbert Shea. Die Kapsel besteht aus einer isolierenden Silikonmembran und ist mit Öl gefüllt. Jede Blase ist mit vier Elektroden verbunden, die wie Reissverschlüsse funktionieren. Wenn die elektrische Spannung aktiviert wird, rücken die Elektroden näher zusammen und lassen die Kapseln blasenförmig anschwellen.

Die Empfindung eines Objekts rekonstruieren

Das System ist ein gewagtes, da die Kapseln, Haxel genannt, von oben nach unten, von links nach rechts oder kreisförmig aufgeblasen werden können. «Wenn wir sie unter den Finger legen, haben wir die Möglichkeit, ein Gefühl von einem echten Objekt herzustellen», erklärt Shea. Die Forschung wird in der wissenschaftlichen Zeitschrift Advanced Material veröffentlicht.

Videospiele und Chirurgie

Das Team von Herbert Shea arbeitet bereits daran, ein Dutzend dieser Kapseln in einen Handschuh zu integrieren. «Diese Kapseln werden mit einem anderen System auf dem Handrücken kombiniert, das die Finger blockieren kann, um zu verhindern, dass sie in das virtuelle Objekt eindringen. Dies vermittelt das Gefühl, einen festen Gegenstand zu greifen, wenn nur ein Vakuum vorhanden ist. Wir werden auch in der Lage sein, einen Effekt von Materie zu übertragen: Der Benutzer wird in der Lage sein, den Unterschied zu erkennen, ob er ein Holz-, Plastik- oder Keramikgerät in der Hand hält. Dies wird für Videospiele, aber auch für chirurgische Simulationen nützlich sein», sagt der Professor. Herbert Shea setzt auch auf haptische Illusionen, um das Gefühl so realistisch wie möglich zu machen. «Wir werden von dem beherrscht, was wir sehen. Wenn unser Sehvermögen stark beansprucht wird, wie in der virtuellen Realität, kann unser Gehirn leicht über die Gegenstände, die wir berühren, getäuscht werden. Das virtuelle Objekt wird dann konkret», erklärt er.

Damit die Entdeckung funktionsfähig ist, muss noch die Computersoftware erstellt werden, mit der die Empfindung der Objekte und ihr Gewicht in den Handschuhen programmiert werden kann. «Einfache Bewegungen lassen sich leichter aufbauen als solche, die ein gewisses Mass an Präzision in der Ausführung erfordern», so Shea.