MegaX, die erste Kamera, die kleinste Lichtteilchen einfängt
"Davon habe ich schon lange geträumt", sagt Edoardo Charbon, Professor an der EPFL und Leiter des Labors für fortgeschrittene Quantenarchitektur an der Fakultät für Ingenieurwissenschaften der EPFL. "MegaX ist der Höhepunkt von mehr als 15 Jahren Forschung über Einzelphotonen-Lawinendioden (SPADs), die als Photodetektoren in der Bildsensortechnologie der nächsten Generation eingesetzt werden." Charbon hat guten Grund, stolz zu sein, denn er und sein Forschungsteam haben die erste Millionen-Pixel-Kamera der Welt entwickelt. Ihre Ergebnisse wurden soeben in Optica veröffentlicht.
Eine Sternschnuppe
Das Besondere an ihrer Kamera ist, dass sie die kleinste Form von Lichtteilchen einfangen und zählen kann: Photonen. Photonen sind für das menschliche Auge unsichtbar; wir können nur kontinuierliche Strahlen von Photonen sehen, wie sie in Laserpointern verwendet werden. Aber MegaX kann die Bahnen einzelner Photonen in Lichtstrahlen filmen. Wenn sie in Videoform gezeigt werden, sehen sie wie Sternschnuppen aus. "Wir mussten die Filmgeschwindigkeit um den Faktor 300 Millionen verlangsamen, um zu sehen, wie sich die einzelnen Photonen bewegen", sagt Charbon.
Aber das ist noch nicht alles. MegaX ist extrem schnell und kann bis zu 24'000 Bilder pro Sekunde aufnehmen; im Vergleich dazu werden Filme mit 24 Bildern pro Sekunde gefilmt. MegaX hat noch drei weitere wichtige Vorteile: Es verfügt über einen sehr grossen Dynamikbereich, kann 3D-Darstellungen erzeugen und diese Darstellungen tiefgehend segmentieren – und das alles zur gleichen Zeit. "Dank seiner hohen Auflösung und seiner fortschrittlichen Erkennungsfähigkeiten", so Charbon, "könnte MegaX in Anwendungen eingesetzt werden, die virtuelle und erweiterte Realität beinhalten".
3D-Bilder rekonstruieren
Wie funktioniert die Kamera also genau? "Sie fängt einzelne Photonen ein und wandelt sie in elektrische Signale um, die in einem digitalen Speichersystem gespeichert werden", sagt Charbon. Der Prozess des Einfangens von Photonen dauert nur eine Nanosekunde, also 1x10-9 Sekunden. Die Kamera kann auch genau erkennen, wann ein Photon auf einen Sensor trifft, und messen, wie viel Zeit das Photon benötigt hat, um zwischen dem aussendenden Objekt und der Kamera hin- und her zu wandern, um so die Entfernung zu berechnen. "Diese Zeit nennt man Flugzeit", erklärt Charbon. "Die Fähigkeit, sie zu berechnen und eine Million Pixel gleichzeitig zu erfassen, lässt die Kamera sehr schnell 3D-Bilder erzeugen."
Sowohl hell als auch dunkel
Wie markant die Wirkung ist, sehen wir, wenn wir uns ein Beispielbild ansehen, das aus der Sicht eines Büros aufgenommen wurde. Mit Standardkameras sind sehr helle und sehr dunkle Bereiche in einem Bild gesättigt – unsere Augen sehen nur schwarz-weiss. Mit MegaX können wir jedoch sowohl helle als auch dunkle Objekte gleichermassen gut sehen. "Mit MegaX lässt sich der Dynamikbereich erheblich steigern, weit über das hinaus, was man mit einer High-Definition-Kamera erreichen kann", so Charbon.
Werden wir also bald in der Lage sein, eine MegaX zu kaufen? "Im Moment nicht", sagt Charbon. Das Haupthindernis ist die Pixelgrösse. Eine normale Kamera hat eine Pixelgrösse von 0,9 µm, aber die Pixelgrösse in MegaX ist mit 9 µm zehnmal größer. "Unser Team arbeitet bereits an einer MegaX der nächsten Generation mit einer Pixelgröße von 2,2 µm", fügt Charbon hinzu. "Unser Ziel ist nicht unbedingt, dass MegaX wie eine herkömmliche Kamera funktioniert, sondern vielmehr eine 4D-Kamera – drei Standarddimensionen plus Zeit – mit möglichst vielen Pixeln, um eine höhere Auflösung zu erreichen."