Grundlagen für eine vertrauenswürdige künstliche Intelligenz

Europas führende KI-Forscherinnen und Forscher vernetzen sich. 30 Top-Forschungsinstitutionen bilden das europäische KI-Netzwerk ELLIS, das heute offiziell seinen Start feiert. Die ETH Zürich ist Gründungsmitglied. Ein Hauptziel: Grundlagen für eine vertrauenswürdige künstliche Intelligenz zu schaffen.
Europas führende KI-​Forschungseinrichtungen bündeln ihre Kräfte. (Bild:Shutterstock)

Die Bedeutung des maschinellen Lernens und die Anwendung von künstlicher Intelligenz nehmen in Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft zu. Künstliche Intelligenz (KI) steht für Technologien, die es Computern ermöglichen, Menschen bei Aufgaben zu unterstützen, deren Lösung Intelligenz erfordert. Bei sehr komplexen oder uneinheitlichen Datenmengen können die statistischen und datengetriebenen Verfahren des maschinellen Lernens wertvolle Ergebnisse erzielen.

Je mehr der Einfluss von KI zunimmt, umso mehr setzen Staaten, Unternehmen und Universitäten auf KI-Strategien. Namentlich die USA und China investieren stark in die KI. Eine Initiative, die KI-Forschende europaweit vernetzt, und die heute mit einer virtuellen Zeremonie eingeweiht wird, ist ELLIS, das «Europäische Laboratorium für lernende und intelligente Systeme». Das ELLIS-Netzwerk erstreckt sich über 14 europäische Länder und umfasst Institutionen von Weltrang wie das Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme, die Universitäten Cambridge und Oxford, das Technion, die Technische Hochschule Israels, das Sorbonne Center for Artificial Intelligence, die EPF Lausanne und die ETH Zürich.

30 ELLIS Units bündeln ihre Kräfte

Ins Leben gerufen im Dezember 2018, umfasst ELLIS heute 30 Forschungseinheiten.  Die ELLIS Unit der ETH Zürich gehörte 2019 zu den ersten 17 ELLIS Units. «Mit ihren kombinierten Stärken werden die Units dazu beitragen, dass Europa mit den KI-Hotspots der Welt konkurrieren kann, insbesondere den USA und China», sagte Bernhard Schölkopf, Mitbegründer von ELLIS und Co-Direktor des Max Planck ETH Center für Lernende Systeme heute an der virtuellen Feier zum offiziellen Start der 30 ELLIS Units. «Gemeinsam schaffen die Units neue Möglichkeiten für die Zusammenarbeit mit Forschenden in ganz Europa und bilden eine starke Grundlage für die Entwicklung einer KI, die mit den Werten einer offenen europäischen Gesellschaft im Einklang steht», sagte Schölkopf weiter.

ETH-Präsident Joël Mesot sagte in einer Videobotschaft an der Einweihung, es sei wichtig, die Kräfte auf europäischer Ebene zu bündeln, um Europa neben den USA und China als eigenständige Kraft in der KI zu etablieren. «Mit ELLIS haben wir die Chance, unsere Volkswirtschaften nicht nur dynamischer und wettbewerbsfähiger zu machen, sondern auch eine KI zu entwickeln, die ethischen Anforderungen gerecht wird», sagte Mesot: «Die ETH Zürich ist bereit, ihre wissenschaftliche Kompetenz in diese Initiative einzubringen, um Technologien zu ermöglichen, die der Gesellschaft in einer integrierenden Weise dienen.»

Das zentrale Ziel von ELLIS ist es, durch den europaweiten Austausch die Forschungsexzellenz und den Technologietransfer im Bereich des maschinellen Lernens und verwandter Gebiete zu fördern und die nächste Generation von Talenten auszubilden. Insgesamt haben die ELLIS-Einheiten Mittel in Höhe von rund 300 Millionen Euro für fünf Jahre zugesagt.

ETH setzt auf Top-Talente und Interdisziplinarität

Die ETH Zurich ELLIS Unit ist ein wesentlicher Teil des ETH AI Centers, das die ETH Zürich am 20. Oktober 2020 mit einer virtuellen Feier eröffnen wird. Dieses zählt über 25 Professorinnen und Professoren aus sechs ETH-Departementen: Mathematik, Informatik, Informationstechnologie und Elektrotechnik, Maschinenbau und Verfahrenstechnik, Biosysteme sowie Bau, Umwelt und Geomatik. Ein Drittel sind Forscherinnen. Das ETH AI Center vernetzt die KI-Forschenden innerhalb der ETH und führt die theoretischen und methodischen Grundlagenkenntnisse der KI mit dem Know-how aus den Disziplinen zusammen.

Andreas Krause, Wissenschaftlicher Direktor der ETH-Einheit ELLIS und des ETH AI Center, zu den Schwerpunkten der KI-Forschung an der ETH (auf Englisch). (Video: ETH Zürich)

«Unser ETH AI Center und die ELLIS-Einheit widmen sich ganz der interdisziplinären Zusammenarbeit in der KI-Forschung. Wir sind offen für Partner und Gäste aus Wissenschaft und Industrie», sagt Andreas Krause, der die ETH ELLIS Unit und das ETH AI Center leitet. «Unser Ziel ist es, ein begeisterndes, integratives und inspirierendes Umfeld für Top-Talente zu schaffen, Start-ups zu fördern und den Dialog mit Politik und Öffentlichkeit zu pflegen.»

Vertrauen, Gesundheit und Nachhaltigkeit im Fokus

Die Forschungsaktivitäten an der ETH reichen von den theoretischen Grundlagen des maschinellen Lernens und den Prinzipen einer zuverlässigen und vertrauenswürdigen KI bis hin zur Untersuchung, wie KI-Systeme mit Menschen interagieren und diese unterstützen. Weitere Schwerpunkte betreffen Forschungsgebiete wie Gesundheit, Nachhaltigkeit und Umwelt, Robotik, sowie ethische und gesellschaftliche Fragestellungen der KI. «Zuverlässigkeit und Nachvollziehbarkeit haben einen wichtigen Stellenwert, denn sie betreffen hochrelevante Fragen der gesellschaftlichen Auswirkungen und des Vertrauens in KI», sagt Krause.

Innerhalb des ELLIS-Netzwerks sind Forschung und Austausch in 11 ELLIS-Programmen und in der Initiative «ELLIS gegen COVID-19» organisiert. In zwei ELLIS-Programmen sind ETH-Forscher die Co-Leiter: Andreas Krause im Programm für interaktives Lernen sowie Gunnar Rätsch, Professor für Biomedizininformatik, bei «ELLIS Health». Ausserdem sind Luc van Gool, Professor für Computer Vision, und Konrad Schindler, Professor für Photogrammetrie und Fernerkundung, Fellows in den Programmen für Computer Vision sowie für die Erd- und Klimawissenschaften. Weitere ELLIS-Fellows sind Joachim Buhmann, Thomas Hofmann, Karsten Borgwardt und Davide Scaramuzza.

«Mit dem Aufbau des ‹ELLIS Health›-Programms kann ich zum Entstehen einer aktiven Forschungs-Community im Bereich ‹Machine Learning for Health› in Europa und der Schweiz beitragen», sagt Gunnar Rätsch: «So entsteht ein fruchtbares Klima, das die Forschung und Innovation im maschinellen Lernen und in der KI in Europa vorantreibt.»

Der Austausch ist auch für Julia Vogt das grosse Plus von ELLIS. Die ETH-Professorin für Medizinische Datenwissenschaften erforscht maschinelle Lerntechniken, die Ärzte und Ärztinnen unterstützen, um Krankheiten besser zu behandeln. «An den Workshops werden neueste Ergebnisse und aktuelle KI-Forschungsfragen offen diskutiert und schnell zugängig gemacht», sagt sie, «durch ELLIS entdecke ich neue Synergien, die für mich bereits zu herausragenden Kollaborationen in Europa geführt haben».