ETH Zürich und Kanton Bern: Gemeinsam gegen das Coronavirus

Wie genau verbreitet sich das Corona-​Virus in der Schweiz? Um das auf einer breiten Datenbasis herauszufinden, haben Medizininformatiker der ETH Zürich und der Kanton Bern ihre Online-​Befragungen in der gemeinsamen Plattform «covidtracker.ch» zusammengelegt.
Eine Karte stellt dar, wie sich die Corona-Fälle in der Schweiz verteilen. (Visualisierung: Covidtracker.ch)

Um besser zu verstehen und schneller zu erkennen, wie sich das Coronavirus in der Schweizer Bevölkerung verbreitet, hat das Team von Gunnar Rätsch, Professor für Biomedizininformatik an ETH und Universitätsspital Zürich, den COVID-19 Symptom Survey entwickelt (vgl. ETH-News vom 31. März 2020). Den entsprechenden Fragebogen konnten alle Bewohnerinnen und Bewohner der Schweiz auf einer Webseite in wenigen Minuten ausfüllen.

Unabhängig davon hat auch eine kleine Gruppe von Studierenden und Unternehmern gemeinsam mit dem ehemaligen Kantonsarzt des Kantons Bern, Jan von Overbeck, eine solche Plattform mit Fragebogen aufgebaut. Die beiden bisher getrennten Plattformen und ihre Fragebögen sind nun seit Sonntag unter www.covidtracker.ch zu einem gemeinsamen «Covid-19 Symptom-Tracker» zusammengeführt. Ein Ziel der Befragung ist es, möglichst rasch eine aussagekräftige Karte der potenziellen Gefahrenherde zu erstellen, die zeigt, wo sich die Fälle der Lungenkrankheit COVID-19 besonders häufen und wie sich die Pandemie in der Schweiz regional verteilt. Damit könnte man die Eindämmungsmassnahmen sehr gezielt einsetzen, sowie frühzeitig eine zweite Infektionswelle erkennen.

Eine aktuelle Karte ist unter www.covidtracker.ch/map veröffentlicht. Durch die Zusammenlegung umfasst der Datensatz aktuell rund 225’000 Antworten – vor allem aus den Grossräumen Zürich, Bern und Genfersee.

«Für uns Forschende hat die Zusammenlegung den Vorteil, dass nun die Abdeckung in der Bevölkerung breiter ist und der Fragebogen aussagekräftiger und interaktiver», sagt Gunnar Rätsch. Abgefragt wird nun, ob jemand jetzt oder in der Vergangenheit die typischen Symptome von COVID-​19 verspürt hat, wann jemand einen Corona-Test machte, wie jemand den Gesundheitszustand sowie relevante Vorerkrankungen einschätzt und ob man regelmässig zur Arbeit geht, in Selbst-​Isolation lebt oder im Gesundheitssystem arbeitet. Dazu werden Geschlecht, Alter und Grösse des Haushalts sowie die Postleitzahl erfasst.

Anonymisierte Daten für die Früherkennung

Auch beim gemeinsamen Covid-19-Symptom-Tracker sind die Daten anonymisiert. Die Befragung ist so angelegt, dass man mehrmals mitmacht. Dazu erhält man einen Code. Auf diese Weise erkennt der Computer, welche Daten zusammengehören, zugleich sind jedoch keine Rückschlüsse auf Einzelpersonen möglich. Hingegen sind die Daten für verschiedene Auswertungen verwendbar.

Ein Ziel der Forschenden ist es, neue Datenanalysemethoden und Modelle der Epidemie anhand der Echtzeitdaten zu entwickeln. Da man die Fragebögen über eine längere Zeit ausfüllt, erhalten die Forscher auch Daten darüber, wie sich der Gesundheitszustand der Teilnehmenden je nachdem mit der Zeit verändert. Darum arbeiten Gunnar Rätsch und sein Team an Algorithmen, die dereinst zur COVID-19-Früherkennung beitragen sollen, indem sie zum Beispiel die zuvor eingetragenen Symptome zu einem positiven Corona-Test in Beziehung setzen und dadurch erfassen, ob und wann die Symptome tatsächlich die Lungenkrankheit widerspiegeln.

Um die Behörden bei der Eindämmung der Corona-Epidemie zu unterstützen, haben die ETH Zürich und der Kanton Bern im Rahmen der Zusammenlegung auch ein gemeinsames Konsortium gebildet, in dem unter anderem die ETH Zürich und die Gesundheits-, Sozial- und Integrationsdirektion des Kantons Bern vertreten sind. Das Konsortium hat seine Arbeit bereits aufgenommen und legt alle vorhandenen Datensätze zusammen.

Im Rahmen der Zusammenarbeit ist das Team von Gunnar Rätsch für die Forschung verantwortlich. Der wissenschaftliche Teil der Zusammenarbeit läuft unter dem Projekttitel «Tracking the Dynamics of COVID-19».

Das Ziel, sich mit weiteren, vergleichbaren Projekten zu koordinieren und die gesammelten Daten zusammenzubringen, wird auch über die Zusammenarbeit der ETH Zürich und des Kantons Bern hinaus weiterverfolgt – zum Beispiel koordinieren sich die Macher von covidtracker.ch mit der App-basierten Initiative «Corona Science» der Berner Fachhochschule und ergänzen sich mit ihren Daten im Kampf gegen die Pandemie.