Umweltstörungen treffen grosse Arten am stärksten

Um Ökosysteme zu schützen, ist es wichtig zu verstehen, wie Umweltstörungen, wie beispielsweise Waldbrände oder Wirbelstürme, die Natur beeinflussen. Wie sich deren Häufigkeit und Intensität auf kleine und grosse Organismen auswirken, zeigt nun eine Studie der Eawag und Universität Zürich. Demnach sind grosse Arten stärker von Störungen betroffen als kleine Arten, was die Grössenverteilung innerhalb ökologischer Gemeinschaften beeinflusst.
Waldbrände, Dürren, oder Tropenstürme sind nur einige Beispiele für Umwelt-Störungen. (Bild: Pixabay)

Ein grundlegendes Merkmal von ökologischen Gemeinschaften ist, dass kleine Organismen häufiger vorkommen als grosse. Diese sogenannten «ökologischen Pyramiden» finden sich in terrestrischen als auch aquatischen Systemen. Je nachdem welchen Platz die Organismen in den Pyramiden einnehmen, unterscheiden sich ihre ökologischen Funktionen und sie reagieren anders auf Einwirkungen von Menschen. Beispielsweise haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ausgiebig untersucht, wie sich die Fischerei auf die Grössenverteilung der Fische in marinen Systemen auswirkt. Ein generelles Verständnis für andere Ökosysteme fehlt jedoch bisher.

«Zu verstehen, wie ökologische Gemeinschaften auf Störungen reagieren, ist aber im Hinblick auf globale Umweltveränderungen essentiell», sagt Claire Jacquet, Postdoc in der Eawag-Gruppe «Räumliche Dynamiken», die von Florian Altermatt, Professor für aquatische Ökologie an der Universität Zürich, geleitet wird.

Nun hat das Team der Eawag und Universität Zürich gezeigt, dass grosse Organismen viel stärker unter Umweltstörungen leiden als kleine. Je häufiger Störungen auftreten, desto mehr verstärkt sich dieser Effekt und insbesondere erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass grosse Arten aussterben und sich die Grössenverteilung der Artgemeinschaften verändert.

Experimente bestätigen Theorie

Um die Dynamik ökologischer Pyramiden zu untersuchen, kombinierten die Forschenden zwei sich ergänzende Ansätze. Erstens entwickelten sie ein mathematisches Modell. Dieses berechnet die Biomasse von Gemeinschaften, wenn sie Störungen von unterschiedlicher Häufigkeit und Intensität ausgesetzt sind.

Zweitens verifizierte das Team die Ergebnisse des mathematischen Modells im Labor. Dazu untersuchten sie aquatische Gemeinschaften, die sich aus 13 Protistenarten (Einzellern) und mehreren Süsswasserbakterienarten zusammensetzten, deren Grössen um mehrere Grössenordnungen variierten. Diese Mikrokosmen setzten sie unterschiedlich häufigen und starken Störungen aus, indem sie die Sterblichkeit innerhalb der Artgemeinschaften systematisch manipulierten. Auf diese Weise lassen sich natürliche Umweltstörungen nachahmen.

Anschliessend bestimmten die Forschenden die Gesamtbiomasse der Mini-Ökosysteme sowie die Häufigkeit der einzelnen Arten. Diese kontrollierten Experimente erlaubte ihnen, verallgemeinerbare Schlussfolgerungen zu formulieren.

Demnach stimmten die Laborergebnisse mit dem mathematischen Modell überein. Sie zeigten, dass seltener auftretende Störungen einen geringeren Einfluss auf die Form der ökologischen Pyramiden aufweisen als solche, die häufiger oder mit höherer Intensität auftreten. Zudem gelang es kleinen Organismen jeweils besser, Störungen zu überstehen als grossen.

Reproduktionsrate erklärt Phänomen

Die Wissenschaftler erklären diese Dynamik wie folgt: Kleine Tiere vermehren sich viel schneller als grosse, was bedeutet, dass die Zeit zwischen zwei Generationen kürzer ist. «Die Reproduktionsrate bestimmt somit auch, wie schnell die Tiere auf Veränderungen ihrer Umwelt reagieren können», erklärt Claire Jacquet. Dementsprechend brauchen grosse Tiere im Vergleich zu kleinen Tieren mehr Zeit zwischen zwei Störungsereignissen, um sich vollständig zu erholen.

«Unsere Studie lässt sich auf ein breites Spektrum von realistischen Szenarien übertragen», sagt Florian Altermatt. «Erst dieses Verständnis erlaubt uns überhaupt, Auswirkungen von Störungen in natürlichen Systemen zu mildern.»