Kontrollierte genetische Veränderungen rücken einen Schritt näher

Forschende an der EPFL haben ein künstliches Protein entwickelt, das die Wirkung des Genom-Editierwerkzeugs CRISPR kontrollieren kann. Die Forschungsergebnisse erscheinen in einem Artikel in der Zeitschrift Nature Chemical Biology.
Das synthetische AcrX-Protein (orange) fungiert als Pause-Taste, die eine bessere Kontrolle über die Genom-Editierung von CRISPR-Cas9 (grau) ermöglicht © 2020 EPFL

Ein Team des Laboratory of Protein Design & Immunoengineering (LDPI) der EPFL unter der Leitung von Professor Bruno Correia hat in Zusammenarbeit mit dem Labor von Dominik Niopek am Universitätsklinikum Heidelberg und dem BioQuant-Zentrum Heidelberg mit Hilfe von Computermodellen ein Protein (kurz AcrX) entwickelt, das das CRISPR-Genom-Editing in menschlichen Zellen steuern kann. Die Studie ist soeben in der Zeitschrift Nature Chemical Biology erschienen.

Pause-Taste

Acr-Proteine (Anti-CRISPR) sind leistungsstarke Werkzeuge zur Kontrolle von CRISPR-Cas-Technologien. Das verfügbare Acr-Repertoire ist jedoch auf natürlich vorkommende Varianten beschränkt. Um den Durchbruch zu schaffen, mussten die Forschenden über den Tellerrand schauen. "Unser künstliches Protein ist eine Weiterentwicklung der in der Natur vorkommenden Proteine", sagt Prof. Correia von der School of Engineering (STI) der EPFL. "Wir wandten strukturelle Konstruktionsprinzipien an, um die natürliche Version des Proteins zu verbessern. Mit anderen Worten, wir entwarfen dieses Molekül, indem wir viele mögliche Varianten im Computer simulierten und die vielversprechendsten identifizierten."

Als synthetisches Protein kann AcrX Funktionen erfüllen, die ausserhalb der Reichweite von natürlich vorkommenden Proteinen liegen. In diesem Fall wirkt es wie eine Pausentaste, die den Forschenden mehr Kontrolle über CRISPR-Cas9 gibt. "Hemmende Proteine kommen in der Natur vor, aber das künstliche, das wir entwickelt haben, ist viel wirksamer. Es kann z.B. die CRISPR-Aktivität vollständig blockieren und ein zielgerichtetes Editieren vermeiden, wodurch das Editieren des Genoms viel sicherer wird. Dies könnte in Zukunft für das therapeutische Genom Editing direkt bei Patientinnen mit genetischen Störungen von grosser Bedeutung sein", fügt Correia hinzu.

CRISPR-Cas molekulare Schere

CRISPR steht für Clustered Regularly Interspaced Short Palindromic Repeats. Vereinfacht ausgedrückt handelt es sich dabei um ein Werkzeug zur Genombearbeitung, das wie eine hochpräzise molekulare Schere funktioniert, indem es Ziel-DNA wegschneidet, die dann verworfen oder durch anderes genetisches Material ersetzt werden kann. Aber es hat einen Haken: Normalerweise ist es schwierig, die Editiertätigkeit von CRISPR nach dem Einfügen in Zellen oder einen lebenden Organismus zu stoppen. "Wenn CRISPR-Cas9 im Inneren von Zellen zum Einsatz kommt, kann es potenziell toxische oder krankheitsverursachende Off-Target-Effekte haben", erklärt Zander Harteveld, Doktorand am LDPI. "Die Wahrscheinlichkeit dieser Off-Target-Effekte nimmt mit der Zeit zu. Deshalb ist es so wichtig, eine Pause-Taste zu haben." Das AcrX-Protein dient genau diesem Zweck.

Das neue Protein ist das Ergebnis einer 18-monatigen Forschungsarbeit. Der nächste Schritt für die Forschenden besteht darin, den Transport des Proteins in die Zellen zu optimieren und zu sehen, wie es in vivo wirken kann. Letztlich könnte die Entdeckung den Weg für sicherere, wirksamere und gezieltere Gentherapien ebnen.