Bakterien im Sediment zeigen Überdüngung bis heute

Ob ein See einmal mit zu vielen Nährstoffen belastet war, spiegelt sich auch Jahrzehnte später in der Gemeinschaft von Bakterien, welche im Sediment von diesen Nährstoffen leben. Doch wie die Mikroben im Sediment zusammenarbeiten, ist noch erstaunlich wenig erforscht.
Soeben vom Grund des Baldeggersees geholte Sedimentproben. (Foto: ETH, Annika Fiskal)

Seesedimente sind global betrachtet wichtige Senken für Kohlenstoff. Einst als CO2 in der Luft, lagert er später am Seegrund, gebunden in organischem Material. Das sind zum Beispiel abgestorbene Algen oder Laub, das in die Seen geschwemmt wurde. Doch wenn Bakterien oder Archäen von diesem Kohlenstoff «fressen», verbrauchen sie Sauerstoff – unter Umständen so viel, dass dieser für anderes Leben am Seegrund fehlt. So sind Fischarten, die auf tiefe Laichgründe angewiesen sind, in überdüngten Seen ausgestorben.

Wichtig sind Menge und Art des organischen Materials

Das Schicksal des Kohlenstoffs in Seesedimenten ist von den Mikroorganismen abhängig. Anders als im Meer ist das Zusammenspiel der Mikroorganismen in Seesedimenten jedoch bisher erst wenig erforscht. Jetzt zeigt eine gemeinsame Studie der ETH Zürich und der Eawag, dass diese Gemeinschaft stark von der Art und Menge des abgelagerten organischen Materials geprägt wird. Veränderungen im Eintrag von terrestrischem organischen Material und in der Zusammensetzung des Phytoplanktons in den Seen haben die Zusammensetzung des organischen Materials im Sediment nachhaltig verändert. So beeinflusst die menschgemachte Überdüngung der Seen – vor allem zwischen 1950 und 1970 – die Mikrobiologie im Sediment bis heute. Untersucht haben die Forschenden dies anhand von Biomarkern und der Atmung der Sedimentmikroben in fünf Schweizer Seen, vom kaum überdüngten (oligotrophen) Vierwaldstättersee über den mittel betroffenen Zürichsee bis zu den eutrophen Seen Zuger-, Greifen- und Baldeggersee.

Frühere Bedingungen entscheiden, wer bis heute dominiert

Insgesamt unterscheidet sich der Artenreichtum von Bakterien nicht klar zwischen den Seen. Hingegen variiert von See zu See stark, welche Arten dominieren, je nachdem, unter welchen Bedingungen sich die Sedimente bildeten. Dabei sind die Unterschiede aus Zeiten mit starker Überdüngung bis heute präsent. Nur in den alten, tiefliegenden Sedimentschichten, die vor der Eutrophierung abgelagert wurden, fanden die Forschenden keine solche Differenzierung. Das lässt vermuten, dass die bakterielle Artenzusammensetzung in allen fünf Seen damals noch ähnlich war.

Archäen zeigen ein anderes Muster

Interessant ist, dass sich die Muster mit dominanten Bakterienarten bei den Archäen nicht wiederholen. Hier variieren die Gemeinschaften erst in den jungen Ablagerungen. Laut Mark Lever vom ETH-Departement für Umweltsystemwissenschaften, korrespondierender Autor der Studie, könnte dies darauf hinweisen, wie der Abbau im Sediment abläuft: Womöglich führen Bakterien die ersten, entscheidenden Schritte durch beim Abbau des organischen Materials, während Archäen sich vor allem von bakteriell produzierten Zwischenprodukten ernähren. Diese, beispielsweise durch Fermentation gebildeten Zwischenprodukte gelten als universell und hängen daher wenig von der Zusammensetzung des organischen Materials ab.

Originalartikel

Han, X.; Schubert, C. J.; Fiskal, A.; Dubois, N.; Lever, M. A. (2020) Eutrophication as a driver of microbial community structure in lake sedimentsEnvironmental Microbiologydoi:10.1111/1462-2920.15115Institutional Repository