Rechenzentren müssen ihren CO2-Fussabdruck überdenken

Die digitale Technologie stösst an ihre physikalischen Grenzen. Eine Lösung bestünde darin, mehr Rechenzentren zu bauen – aber das muss mit einer Reduzierung ihres CO2-Fussabdrucks einhergehen.
© 2020 EPFL

Aus Gründen, die Sie sich vorstellen können, wird vieles von dem, was wir früher in der physischen Welt getan haben, jetzt virtuell erledigt. Das wirkt sich auf die energiebedingte Umweltverschmutzung aus – die CO2-Emissionen aus Herstellung und Transport sind zum Beispiel drastisch gesunken. Gleichzeitig ist aber auch der Energieverbrauch für digitale Dienste gestiegen. Genaue Zahlen liegen noch nicht vor, aber laut Babak Falsafi, dem Direktor des EcoCloud-Centers der EPFL, ist der Trend klar: «Hinter jedem digitalen Dienst, den wir nutzen, steht ein Rechenzentrum. Und wir bewegen uns auf eine Welt zu, in der alles digital gemacht wird, über alle Märkte und Branchen hinweg.»

«Viele Geschäftsaktivitäten wurden aufgrund der Pandemie ins Internet verlagert, was zu einem enormen Anstieg der Nachfrage, vor allem nach Video, geführt hat», so Falsafi weiter. «Auch die nicht arbeitsbezogene Nachfrage nach Streaming ist explodiert. Hinzu kommt, dass die heutigen ultrahochauflösenden Bildschirme viel Energie verbrauchen. Die Menschen verstehen nicht alles, was man braucht, um einen Film in 8k anzusehen – für die ganze Datenverarbeitung und -übertragung wird viel Energie benötigt. Wenn man das alles zusammenzählt, ist es gigantisch!»

Unaufhörlicher Anstieg der Nachfrage

Die gegenwärtige Situation wird noch eine Weile andauern: Es wird Wochen oder wahrscheinlich Monate dauern, bis ein Impfstoff fertig ist – und zwar ohne eine zweite Welle einzukalkulieren. Viele Organisationen, darunter Schulen und Universitäten, haben angekündigt, dass sie den Unterricht zumindest teilweise weiterhin online abhalten werden. Aber die Frage der Emissionen von Rechenzentren war bereits vor der Pandemie ein drängendes Problem. «Neue Technologien wie das Internet der Dinge, künstliche Intelligenz, 5G und 4k-Fernseher – die jetzt auf 8k gehen – haben die Nachfrage und damit den Energieverbrauch in die Höhe getrieben», sagt Falsafi. Einem Artikel zufolge, der letztes Jahr in der MIT Technology Review erschien, kann das Training eines einzigen KI-Modells des Typs Transformer während seiner gesamten Nutzungsdauer so viel Kohlenstoffemissionen erzeugen wie fünf amerikanische Autos. In einem anderen Beispiel gab Netflix bekannt, dass sein Stromverbrauch im Jahr 2019 um 84 % auf 451 000 Megawattstunden angestiegen ist, was ausreicht, um 40 000 Haushalte in den Vereinigten Staaten ein Jahr lang mit Strom zu versorgen.

Einige Studien sagen voraus, dass die digitale Technologie bis 2030 für 8 % des weltweiten Stromverbrauchs – gegenüber 3-5 % heute – und 4 % der CO2-Emissionen verantwortlich sein wird. Dazu gehören Rechenzentren, jene riesigen Gebäude, in denen die Server untergebracht sind, die wir für die Speicherung, Verarbeitung, Analyse und Übertragung von Daten in der Cloud verwenden (die grössten Rechenzentren verbrauchen bereits Hunderte von Megawatt). Im gleichen Mass gehören die Telekommunikationssysteme, die diese Daten transportieren, dazu. Auch die Unterhaltungselektronik und die Energie, die für den Bau von Rechenanlagen verwendet wird, spielen eine Rolle, wenn auch eine kleinere.

Das Ende des Moore'schen Gesetzes

Während die Nachfrage in die Höhe schiesst, stösst das Angebot an eine Decke. Das Moore'sche Gesetz, das besagt, dass sich die Anzahl der Transistoren auf einem Siliziumchip jedes Jahr verdoppelt, ist so gut wie ausgelaufen. Wir können nicht weiterhin mehr Rechenleistung auf Chips packen, wie wir es in den letzten 50 Jahren getan haben. Die beiden derzeit verfügbaren Optionen sind der Bau neuer oder die Erweiterung bestehender Rechenzentren. Es wird erwartet, dass der Markt für den Bau von Rechenzentren in den nächsten fünf Jahren auf 57 Milliarden Dollar anwachsen wird.

Wer ist dafür verantwortlich, die Emissionen im Zusammenhang mit der digitalen Technologie im Zaum zu halten? «Niemand!», antwortet Falsafi, «Niemand wird für diese Emissionen zur Rechenschaft gezogen. Wir bezahlen zum Beispiel Telekom-Betreiber für unsere Internetverbindungen, aber die Dienste, die wir im Internet nutzen – wie Google und Facebook – sind kostenlos. Und diese Diensteanbieter sind bestrebt, so viele Daten wie möglich über uns zu sammeln, um ihre Dienstleistungen zu verbessern. An keiner Stelle dieser Vereinbarung werden CO2-Emissionen berücksichtigt, da der Stromverbrauch in Rechenzentren und nicht in Telekommunikationsnetzen gemessen wird.» Edouard Bugnion, EPFL-Vizepräsident für Informationssysteme, fügt hinzu: «Rechenzentren sind im Grunde genommen ein technologischer Fortschritt, verpackt in ein Verbrauchsmaterialformat. Sie sind der Vektor, durch den sich der Cyberspace entwickeln kann. Google würde ohne Rechenzentren nicht existieren. Ebenso wenig würde ein Grossteil der Forschung an der EPFL existieren.»

Auf dem Weg zu nachhaltigeren Rechenzentren

Die Ingenieurinnen und Ingenieure des EcoCloud-Centers der EPFL arbeiten seit 2011 daran, einen Weg zu finden, um die Angebotsgrenze zu umgehen. Ihr Ansatz besteht nicht nur darin, die Rechenzentren effizienter zu machen, sondern auch ihren CO2-Fussabdruck zu reduzieren. Als die Zentren gebaut wurden, kümmerte sich niemand um den letztgenannten Aspekt – aber die Zeiten haben sich geändert. «Es gibt drei Dinge, die in die Gleichung mit einbezogen werden müssen. Erstens, die Energieeffizienz von Rechenzentren, die verbessert werden muss. Zweitens das CO2, das für ihren Betrieb ausgestossen wird und das durch die Umstellung auf erneuerbare Energien reduziert werden kann. Und drittens die Energie, die die Server in Form von Wärme abgeben – können wir mit dieser Wärme nicht mehr tun, als ein Fenster zu öffnen und den Parkplatz zu erwärmen?», so Bugnion.

EcoCloud hat zusammen mit den anderen Mitgliedern der Swiss Datacenter Efficiency Association (SDEA) Anfang 2020 ein Zertifizierungssystem für Energieeffizienz eingeführt. Ihr Programm – genannt das SDEA-Label (siehe Artikel) – quantifiziert, wie viel CO2 pro kWh Rechenzentren ausstossen, mit dem Ziel, die Betreiber zur Nutzung erneuerbarer Energien zu ermutigen. EcoCloud sucht auch nach Möglichkeiten für die Labors der EPFL, mit Unternehmen zusammenzuarbeiten, um fortschrittliche Systeme für Kühlung, Energiemanagement, Energiespeicherung und Stromerzeugung zu entwickeln – alles innerhalb eines lokalen Innovations-Ökosystems, das den Betreiberinnen von Rechenzentren helfen soll, ihren CO2-Fussabdruck zu verkleinern.

NEUES ZERTIFIZIERUNGSSYSTEM FÖRDERT GRÜNERE RECHENZENTREN

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Die EPFL führte zusammen mit anderen Mitgliedern der IT-Industrie im Januar das erste weltweite Zertifizierungssystem für Rechenzentren ein.

«Als wir 2011 EcoCloud schufen», sagt Direktor Babak Falsafi, «war das Ziel, den Energieverbrauch und die CO2-Emissionen von Rechenzentren zu senken – damals kümmerten sich die Schwergewichte der IT-Industrie nur um die finanziellen und geschäftlichen Aspekte. Wir haben eine bahnbrechende Technologie entwickelt, die erneuerbare Energien in das Ökosystem der Rechenzentren brachte.» Sein Forschungszentrum soll Innovationen im gesamten ICT-Sektor – von Algorithmen bis hin zur Infrastruktur – vorantreiben, um dazu beizutragen, die grossen Herausforderungen von heute zu bewältigen.

Und Rechenzentren werden bei diesen Herausforderungen eine wachsende Rolle spielen, da die Menschen immer mehr auf digitale Technologie angewiesen sind. Der Stromverbrauch von Rechenzentren wird rapide ansteigen und könnte bis 2030 8 % des weltweiten Stromverbrauchs ausmachen.

Rechenzentren CO2-frei machen

Um den Stromverbrauch unter Kontrolle zu halten, hat ein Konsortium von Organisationen der Schweizer Technologieindustrie die Swiss Datacenter Efficiency Association (SDEA) gegründet. Die Initiative wurde von digitalswitzerland und Hewlett Packard Enterprise (HPE) angeführt; zu den Mitgliedern gehören EcoCloud, HPE, Green IT Switzerland, die Hochschule für Technik und Architektur Luzern (HSLU), der Schweizerische Verband für Rechenzentren (Vigiswiss) und der Schweizerische Verband der Telekommunikationsindustrie (ASUT). Die Initiative wird auch vom Bundesamt für Energie (BFE) mit dem Programm EnergieSchweiz unterstützt.

Im Januar führte die SDEA ein grünes Zertifizierungssystem speziell für Rechenzentren ein. Das System berechnet den CO2-Fussabdruck von Rechenzentren auf der Grundlage der Energieeffizienz des Gebäudes und der IT-Geräte sowie der Strombelastung der IT-Geräte. «Bis jetzt gab es keine Möglichkeit, die Auswirkungen von Rechenzentren auf CO2-Emissionen zu messen», sagt Falsafi. «Unser Zertifizierungssystem ist einzigartig, weil es auch die Quelle des verwendeten Stroms und die Art der Wärmerückgewinnung berücksichtigt. Alles ist miteinander verbunden – wenn ein Rechenzentrum erneuerbare Energie nutzt, verbessert sich seine Leistung.»

Die SDEA verwendet drei Zertifizierungsstufen (Bronze, Silber und Gold), um die Betreibenden von Rechenzentren zu ermutigen, ihren Stromverbrauch zu senken. Pilotversuche an zehn Standorten in der Schweiz zeigen, dass das «Toolkit» der SDEA ihre Bemühungen, ganz oder teilweise auf erneuerbare Energien umzustellen, effektiv berücksichtigt.

Genau zur richtigen Zeit

Da die Computerprozessoren ihre maximale physische Kapazität erreichen, besteht die einzige Lösung zur Bewältigung der steigenden Datenmenge darin, mehr Rechenzentren zu bauen. «Unser Zertifizierungssystem kommt genau zum richtigen Zeitpunkt», sagt Falsafi. «Wir hoffen, dass es die Betreibenden von Rechenzentren dazu ermutigt, Anlagen zu bauen, die mit erneuerbarer Energie betrieben werden, und Innovationen und Investitionen in diesem Bereich anregt.»

NUTZUNG DER MATHEMATIK, UM GROSSE DATENMENGEN ZU VERWALTEN
 

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Die meisten Organisationen verfügen über eine grosse Anzahl an Computer-Software und -Hardware, was ihre IT-Systeme verstopft und Energie verschwendet. Anastasia Ailamaki hat jedoch eine Lösung gefunden, die funktioniert, indem sie allen verschiedenen Systemkomponenten eine gemeinsame Sprache gibt.

«Nachhaltigkeit bedeutet, so effizient wie möglich Lösungen für Probleme zu finden und gleichzeitig weniger Ressourcen zu verbrauchen», sagt Anastasia Ailamaki, Professorin am Data Intensive Applications & Systems Laboratory (DIAS) der EPFL und Gründerin des lokalen Start-up-Unternehmens RAW Labs SA. «Und so können wir sagen, dass unsere Forschung in direktem Zusammenhang mit Nachhaltigkeit steht.» Die Ingenieurinnen und Ingenieure am DIAS entwickeln ein Datenverwaltungssystem, das die vorhandene Hard- und Software einer Organisation so weit wie möglich einbezieht – eine echte Herausforderung angesichts der grossen Vielfalt an Hard- und Software, die es gibt.

«Hardware, die eingeschaltet, aber nicht benutzt wird, ist eine Energieverschwendung», sagt Ailamaki. «Genauso wie unser Körper Kalorien verbrennt, selbst wenn wir nur dasitzen, verbrauchen Computer auch im Leerlauf eine beträchtliche Menge an Energie», so Ailamaki. «Die meisten Computer sind nur zu 20 % ihres Potenzials genutzt. Es ist, als ob man den Kühlschrank mit Lebensmitteln füllt, sie dort liegen lässt, bis sie schlecht sind, und sich dann beschwert, dass man nichts zu essen hat.» Dasselbe gelte für Software. Sie erklärt: «Heutzutage verwenden die meisten Menschen nur 10 % der gespeicherten Daten. Aber bevor Daten gespeichert werden können, müssen sie auf einem Server gespeichert und standardisiert werden – und man muss in der Regel wissen, was man danach mit ihnen machen will.» Sie führt als Beispiel an: «Angenommen, Sie haben eine Reihe von Interviews in verschiedenen Word-Dateien gespeichert, zusammen mit einer Excel-Datei, in der alle Unternehmen aufgeführt sind, die in EPFL-Start-ups investieren. Stellen Sie sich vor, Sie wollten alle Dateien durchsuchen und die Namen der Personen finden, die in ihrem Interview die Nachhaltigkeit erwähnen und die in ein EPFL-Startup investiert haben. Das könnten Sie nicht tun. Für eine solche Abfrage müssten die Daten in einer Datenbank gespeichert werden. Und da die Daten in zwei verschiedenen Formaten gespeichert sind – Text und Tabelle – müsste man sie standardisieren, bevor man sie in der Datenbank speichern könnte.»

Daten à la carte bestellen

Ailamakis Ansatz beinhaltet die Formatierung der Daten, noch bevor dieser Prozess beginnt. «Anstatt die Daten zu standardisieren, erkennt unser System, um welche Art von Daten es sich handelt, und gibt ihnen ein mathematisches Format, das darauf basiert, wie sie durchsucht werden sollen. Wenn es dann an der Zeit ist, die Daten zu durchsuchen, generiert unser Programm genau den Code, der zur Ausführung der Abfrage benötigt wird – eine Abfrage nach der anderen», sagt sie. Ein möglicher Nachteil dieses Ansatzes besteht jedoch darin, dass er wesentlich langsamer ist als herkömmliche Methoden, bei denen die Daten bereits in einer Datenbank gespeichert sind und die Suche direkt durchgeführt wird. Aber auch dafür hat Ailamakis Team eine Lösung gefunden. «Unser System nutzt künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen, um sich die Art der durchgeführten Abfragen zu merken. Es speichert die gesamte zuvor durchgeführte Arbeit – ähnlich wie ein Cache, der es Programmen ermöglicht, viel schneller auf Anfragen desselben Datensatzes zu reagieren», sagt sie.

Das System mit seinem Just-in-Time-Ansatz ermöglicht es den Benutzenden, jede Art von Daten auf jede Art und Weise zu durchsuchen, Daten aus jeder Quelle zu kombinieren und einen Cache der am häufigsten verwendeten Daten zu erstellen. Es ist ähnlich wie eine Bestellung à la carte. Und das System kann mit jeder Art von Daten, Hardware oder Anwendung verwendet werden, da es nicht auf Code, sondern auf Mathematik basiert. RAW Labs nutzte diesen Ansatz zur Entwicklung seiner RAW-Technologie, um verschiedene Arten von Daten in Echtzeit zu kombinieren und wichtige Informationen in einem gebrauchsfertigen Format sowohl für Unternehmen als auch für Verbraucher zu erzeugen.

Wenn es um die Hardware geht, verfolgen die DIAS-Ingenieurinnen denselben Ansatz. Mit ihrer Methode der Just-in-Time-Code-Generierung können sie ein Programm entwickeln, mit dem die Eigenschaften der Hardware in Echtzeit abgebildet werden können und das Unternehmen dabei unterstützt, ihre IT-Ausrüstung effizienter zu betreiben. «Mit unserem System können Organisationen ihre Computer bis zu 80 % ihres Potentials nutzen», sagt Ailamaki.

SERVER, DIE WIE MENSCHEN FUNKTIONIEREN

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David Atienza ist der Meinung, dass in Bezug auf IT-Systeme alles, was lokal getan werden kann, auch lokal getan werden sollte. Dazu gehört auch die Verarbeitung von Daten dort, wo sie erzeugt werden – um den Energiebedarf erheblich zu reduzieren.

Das Embedded Systems Laboratory (ESL) der EPFL untersucht zwei grosse Energieprobleme bei Servern. Das erste ist, dass nicht annähernd ihre maximale Kapazität eingesetzt wird. Laut David Atienza, Leiter des ESL, liegt die tatsächliche Auslastung eher bei 60 %. «Server sind für Aufgaben konzipiert, die viel Rechenleistung erfordern – wie das Betreiben neuronaler Netzwerke – aber sie werden hauptsächlich zum Ansehen von Filmen oder zum Senden von Bildern über Chats verwendet», sagt er. Infolgedessen überhitzen sie. «Es ist, als würde man einen Ferrari mit 40 km/h fahren – bei dieser Geschwindigkeit würde er viel mehr Energie verbrauchen als ein Twingo», fügt er hinzu.

Das Problem ist, dass selbst wenn die Server die einzigen Geräte sind, die in einem Rechenzentrum überhitzen, die Betreiber dennoch das gesamte Zentrum kühlen müssen. Um eine Lösung zu finden, arbeitet Atienza an dem Forschungsprojekt Compusapien, für das er 2016 einen ERC Consolidator Grant erhalten hat. Sein Team fand heraus, dass die lokale Kühlung von Servern den Strombedarf eines Rechenzentrums um 40 Prozent senken kann. In Zusammenarbeit mit Ingenieurinnen und Ingenieuren von IBM entwickelten sie ein System, bei dem Kühlwasser verwendet wird, um die Temperatur einzelner Server zu senken, im Gegensatz zu laufenden Lüftern, die den gesamten Raum kühlen. Bei diesem System wird die Wärme im Kühlwasser zurückgewonnen und wiederverwendet. Das Wasser läuft durch mikrofluidische Kanäle, die nur 50-100 µm hoch sind und zwischen zwei Schichten auf einer Kühlplatte angeordnet sind. Da das Wasser Wärme von den Servern aufnimmt, überträgt es diese an mikrofluidische Brennstoffzellen, wo sie in Elektrizität umgewandelt wird. Der Strom kann dann als Strom zu den Servern zurückgeführt werden, wodurch die Strommenge, die das Rechenzentrum aus dem Netz bezieht, reduziert wird.

Daten lokal verarbeiten

«Das menschliche Gehirn arbeitet auf die gleiche Weise. Das Blut transportiert Nährstoffe zum Gehirn und kühlt es. Bei Servern ist der Vorgang nur etwas komplizierter», sagt Atienza. Während viele Rechenzentren bereits Kühlwasser verwenden, ist seines das erste System, das mikrofluidische Brennstoffzellen verwendet, um Wärme zurückzugewinnen und in Elektrizität umzuwandeln. Die Technologie – mit dem Spitznamen «elektronisches Blut» – wurde in einem 3D-Prototypen getestet, der in Zusammenarbeit mit IBM entwickelt wurde, und erwies sich aus technischer Sicht als machbar. Jetzt bauen die ESL-Ingenieurinnen eine 3D-Version des integrierten Systems und planen, im Rahmen eines gemeinsamen Projekts mit einem anderen Unternehmen einen vollständigen Server zu entwickeln.

Die zweite Komponente des Ansatzes von Atienza besteht darin, die Daten so lokal wie möglich zu verarbeiten, da die Übertragung der Daten sehr viel Energie verbraucht. Ein Beispiel für diesen Ansatz ist eine Nespresso-Maschine der nächsten Generation, die das ESL-Team entwickelt hat. Ihre Maschine verwendet ein eingebettetes System künstlicher Intelligenz, um die Wartung und die Wiederauffüllung der Bestände vollkommen selbstständig zu verwalten. «Immer mehr Anwendungen – insbesondere die für Smartphones – arbeiten lokal und laufen nicht über Rechenzentren», sagt Atienza, «das ist dem menschlichen Körper sehr ähnlich. Unser Körper hat viele winzige Module, die zwei oder drei einfache Funktionen ausführen können; das Gehirn wird nur dann eingeschaltet, wenn wichtige Entscheidungen getroffen werden müssen. Das ist viel effizienter als die heutigen Rechenzentren, in denen alles dauernd in Betrieb ist.»

Infrastrukturen

Die EPFL erhält ein neues Rechenzentrum

Die EPFL baut im Rahmen der Modernisierung ihres Wärmekraftwerks ein neues Rechenzentrum. Das Hochleistungszentrum mit einer Kapazität von 3 Megawatt wird zur Speicherung, Verwaltung und Verarbeitung von Daten dienen, die von den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der EPFL während ihrer Laborexperimente gesammelt werden. Seine Seiten und sein Dach werden vollständig mit Sonnenkollektoren bedeckt sein, und die von seinen Servern erzeugte Wärme wird zurückgewonnen und im neuen Kraftwerk genutzt. Es soll in der zweiten Hälfte des Jahres 2021 in Betrieb genommen werden.