Wasserstoffgewinnung aus Ammoniak
Ohne Wasserstoff hätte Kevin Turani-I-Belloto sicher nicht die Wasserstoffspeicherung als Thema für seine Doktorarbeit gewählt, und er wäre wahrscheinlich nicht einmal an die EPFL gekommen. Doch heute ist es der Cousin des Wasserstoffs, das Ammoniak – NH3, eine Kombination aus Wasserstoff und Stickstoff –, das ihn beschäftigt. Turani-I-Belloto ist assoziierter Forscher in der EPFL-Forschungsgruppe «Catalysis for Biofuels» unter Leitung von Prof. Oliver Kröcher und hat einen Katalysator entwickelt, mit dem Ammoniak kostengünstiger als mit den bisherigen Methoden und ohne Seltenerdmetalle abgebaut werden kann. Letzten Herbst erhielt er ein «Ignition»-Stipendium des EPFL-Vizepräsidiums für Innovation und ein «Enable»-Stipendium des EPFL-Büros für Technologietransfer, um den Bau eines Prototyps zu unterstützen. Und nun wurde er für ein Bridge Proof of Concept Stipendium ausgewählt, das im Rahmen einer gemeinsamen Initiative des Schweizerischen Nationalfonds und der Innosuisse vergeben wird.
Wasserstoff ist für die Speicherung von überschüssigem Strom aus erneuerbaren Energien ebenso vielversprechend wie für die Verwendung als Treibstoff. Er ist das kleinste Molekül im Universum und kann selbst durch das kleinste Loch entweichen. Aufgrund seiner extrem geringen Dichte muss er bei einem Druck von 350 oder 700 bar – je nach Norm – gespeichert werden, wenn er gasförmig verwendet werden soll, oder bei einer Temperatur von -252 °C, wenn er flüssig ist. Verteilungsnetze für Wasserstoff sind nach wie vor rar und daher teuer. Betreiber von Schiffen und Flugzeugen – Fahrzeuge, für die Elektrobatterien noch nicht in Frage kommen – setzen auf Wasserstoff oder synthetische Kraftstoffe auf Wasserstoffbasis, obwohl die Herstellung dieser Verbindungen nicht sehr energieeffizient ist.
Eine geheime Formel
Hier setzt die neue Methode von Turani-I-Belloto an. Er schlägt vor, Ammoniak für den Transport von Wasserstoff zu verwenden: «Heute wird die Hälfte des produzierten Wasserstoffs für die Herstellung von Ammoniak verwendet, das wiederum als Hauptbestandteil von Düngemitteln eingesetzt wird», sagt er. Ammoniak ist ein farbloses, aber nicht geruchloses Gas, was bedeutet, dass Lecks relativ leicht entdeckt werden können. Es kann bei einem relativ niedrigen Druck (8,5 bar) und einer angemessenen Temperatur (-33 °C) verflüssigt werden, was es zu einem guten Kandidaten für den Transport macht. Ausserdem hat flüssiges Ammoniak eine höhere Energiedichte als flüssiger Wasserstoff: «Zusätzlich sind die Verteilungsnetze für Ammoniak weltweit bereits gut ausgebaut», sagt Turani-I-Belloto, «daher meine Idee, es für den Transport von Wasserstoff zu nutzen.»
«Ich möchte die Vorteile beider Gase nutzen: Ammoniak für den Transport und Wasserstoff für die Energieerzeugung, und zwar genau dort, wo er gebraucht wird», sagt Turani-I-Belloto, «so kann die Nachfrage nach sauberer Energie gedeckt werden, sowohl für Frachtfahrzeuge als auch in einer Reihe von anderen Branchen.» Die Umwandlung von Ammoniak in Wasserstoff erfordert den Einsatz eines Katalysators: «Es gibt zwar Katalysatoren, aber sie sind entweder nicht effektiv genug oder zu teuer, wie Ruthenium, ein extrem seltenes Metall. Mein System liefert hohe Ausbeuten, nutzt reichlich vorhandene Rohstoffe und senkt die Kosten für den Katalysator um den Faktor 200.»
Die Geldgeber sehen eindeutig das Potenzial von Turani-I-Bellotos Technologie, auch wenn er die Details seines Verfahrens unter Verschluss hält: «Das ist meine Zauberformel», sagt er. Wir werden also keinen Blick in die Blackbox werfen können. Aber sein kompakter Demonstrator steht jetzt im Labor der Forschungsgruppe und hat das Potenzial seines innovativen Katalysators bewiesen. Er hat ein Patent für seine Erfindung angemeldet.
«Wenn es uns gelingt, Ammoniak zur Speicherung von Wasserstoff zu nutzen, wird das eine ganze Wertschöpfungskette eröffnen», sagt Turani-I-Belloto, der unermüdlich daran arbeitet, dieses Ziel zu erreichen.