«FireDrone» unterstützt die Feuerwehr
Wo andere rausrennen, müssen sie hinein: Feuerwehrleute begeben sich bei Rettungseinsätzen in gefährliche Situationen – mitunter mitten ins Flammenmeer. Im vergangenen Jahr rückten die schweizerischen Feuerwehren für mehr als 12'000 Einsätze zur Brandbekämpfung aus. Da in einem brennenden Gebäude tödliche Temperaturen von rund 1000 Grad Celsius herrschen können, gilt es, jedes unnötige Risiko zu vermeiden. Flugroboter könnten derartige Einsätze unterstützen: Forscher der Empa und des Imperial College London entwickeln derzeit eine hitzeresistente Drohne, die erste Daten aus dem Gefahrenherd liefern kann. Auf Basis dieser Informationen können die Männer und Frauen des Einsatzteams ihre Strategie optimieren, bevor sie sich ins Inferno wagen. «Bevor sie sich direkt in die Gefahrenzone begeben, wissen die Feuerwehrleute natürlich nicht, was sie genau erwartet und auf welche Schwierigkeiten sie stossen werden», sagt Mirko Kovac, Leiter des «Sustainability Robotics»-Labor der Empa sowie des «Aerial Robotics Lab» am «Imperial College London». Hier könnten etwa mit Kameras und CO2-Sensoren (Kohlendioxid) ausgestattete Drohnen wichtige Informationen über die Verteilung der Brandherde, unerwartete Gefahren oder eingeschlossene Menschen liefern.
Zu heiss für normale Drohnen
Drohnen werden bereits zur Brandbekämpfung eingesetzt, um Luftaufnahmen zu machen, Feuerlöschschläuche auf Hochhäuser zu heben oder in abgelegenen Gebieten Löschmittel abzuwerfen, etwa um die Ausbreitung von Waldbränden einzudämmen – allerdings nur in sicherer Entfernung zum Brandherd. «Um näher heranzufliegen, ist die extreme Hitzeentwicklung eines Brandes für herkömmliche Drohnen zu gross», sagt David Häusermann vom «Sustainability Robotics»-Labor der Empa. Nah am Feuer schmilzt der Rahmen, und die Elektronik gibt auf. «Mehr als Luftaufnahmen der Brandstelle aus sicherer Entfernung sind mit handelsüblichen Drohnen nicht möglich», so Häusermann. Das Ziel des Robotik-Forschers war es daher, eine Drohne zu entwickeln, die der Hitze standhält und so schnell und präzise Daten aus dem Zentrum des Gefahrenherds liefern kann.Ultraleicht und hart im Nehmen
Häusermann ermittelte gemeinsam mit Feuerwehrleuten die Anforderungen einer Drohne im Brandeinsatz und machte sich auf die Suche nach einem Material, das das Herzstück der Drohne – die Motoren, Akkus, Sensoren und die Elektronik – schützend umgeben könnte. Fündig wurde er bei den Kolleginnen und Kollegen des Empa-Labors «Building Energy Materials and Components»: Die Forschenden um Shanyu Zhao und Wim Malfait konnten ein Isolationsmaterial synthetisieren, das hohen Temperaturen standhält und so die Drohne feuerresistenter macht. Inspirieren liessen sich die Forscher beim Design der «FireDrone» von der Natur, genauer: von Tieren wie Pinguin, Polarfuchs und Speikäfer, die bei extremen Temperaturen leben. All diese Tiere haben entsprechende Fettschichten, ein Fell oder produzieren körpereigene Schutzschichten aus thermoregulierendem Material, die es ihnen ermöglichen, unter extremen Bedingungen zu überleben.
Für Raumanzüge geeignet
Es handelt sich um ein Aerogel, ein ultraleichtes Material, das fast vollständig aus luftgefüllten Poren besteht, die von einem Hauch von Polymer-Substanz umschlossen sind. In diesem Fall wählten die Materialforscher ein Aerogel auf Basis eines Polyimid-Kunststoffs. Polyimid-Aerogele werden auch von der NASA etwa für die Isolation von Raumanzügen erforscht. Shanyu Zhao setzte bei der Synthese des Aerogels jedoch nicht auf Polyimid allein: Das Kompositmaterial besteht aus Polyimid und Silica und ist zudem mit Glasfasern verstärkt. «Laboranalysen haben gezeigt, dass dieses vergleichsweise feuerresistente Material sich für den Einsatz in Drohnen besonders gut eignet», so Aerogel-Forscher Zhao.
Flug ins Inferno
Bei ersten Tests in der Flugarena der Empa in Dübendorf schnitt der Prototyp der «FireDrone» bereits gut ab. Die Flugeigenschaften und die Steuerbarkeit der rund 50 Zentimeter grossen Drohne waren auch mit Aerogel-Isolationsmantel und einem zusätzlich eingebauten Kühlsystem sowie einer Aluminiumverkleidung, um Wärme zu reflektieren, hervorragend. Das Design, das die Forscher soeben im Fachblatt «Advanced Intelligent Systems» publizierten, konnte in dieser «Trockenübung» überzeugen.
Ob das Fluggerät aber auch die Feuerprobe bestehen würde, mussten Versuche unter möglichst realen Bedingungen zeigen, die typisch für einen Brandeinsatz sind. Das Empa-Team konnte ein derartiges «real-life Szenario» auf dem Trainingsgelände des Ausbildungszentrum Andelfingen nutzen. Während Stefan Keller, Ausbildungskoordinator Feuerwehr der Gebäudeversicherung des Kantons Zürich, mit der Logistik-Crew des Ausbildungszentrums ein Gasfeuer in einer überdimensionalen Metallschale entfachten, steuerten die Drohnenpiloten ihr Gerät mitten ins Inferno.
Das Ergebnis: Der «FireDrone»-Prototyp überstand mehrere Testflüge. Zufrieden zieht Drohnenforscher Häusermann Bilanz: «Auch nach mehreren Flügen sind die Elektronik, die Wärmebildkamera und die CO2-Sensoren der FireDrone unbeschadet und bereit für weitere Tests.» Ein nächster Schritt wäre nun, die «FireDrone» in einem Feuer zu testen, das anders als die vergleichsweise saubere Gasflamme eine starke Russentwicklung zeigt.
Feuerwehr-Experte Stefan Keller zeigt sich von den Ergebnissen beeindruckt: «Macht eine Drohne die erste Lageerkundigung, müssen wir die Feuerwehrleute nicht sofort in die Gefahrenzone schicken. Für uns ist dieser Fortschritt enorm interessant.»
Die «FireDrone» könnte ausserdem in extrem kalten Umgebungen, etwa in Polarregionen und auf Gletschern, eingesetzt werden. Das Team hat die Drohne auch in einem Gletschertunnel in der Schweiz getestet, um zu untersuchen, wie sich das System bei sehr kalten Temperaturen verhält. Um den Prototypen weiterzuentwickeln, laufen bereits Gespräche mit möglichen Industriepartnern. «Die Anwendung von Drohnen wird oft durch Umweltfaktoren wie extreme Temperaturen eingeschränkt», so Mirko Kovac, «mit der FireDrone zeigen wir einen Weg auf, das künftige Anwendungsspektrum für Drohnen in extremen Umgebungen deutlich zu erweitern.»