Defizite im ökologischen Zustand Schweizer Bäche
Kleine Bäche und Flüsse bilden den grössten Teil des 65'000 km langen Gewässernetzes der Schweiz, und sie beherbergen eine vielfältige Fauna. Viele dieser Gewässer sind aber stark von menschgemachten Beeinträchtigungen betroffen. Fast ein Viertel ist eingedolt oder es wurden andere Veränderungen an der Struktur der Bachbetten vorgenommen. Zudem sind die Bäche in stark landwirtschaftlich genutzten Einzugsgebieten oft durch Pestizide belastet.
Um ein differenziertes Bild über den ökologischen Zustand der Schweizer Bäche zu erhalten, wurden 99 Bäche des Mittellandes, Teilen des Juras und der Talebenen grösserer Täler beprobt. Die Studie wurde gemeinsam durchgeführt von der VSA-Plattform Wasserqualität, der Eawag und der Universität Zürich. Die Resultate wurden kürzlich in der Fachzeitschrift Aqua & Gas veröffentlicht.
Die Auswahl soll ein möglichst unterschiedliches Ausmass menschlicher Einflüsse abdecken. Als Indikatoren für die Beurteilung wurden Fische und Makrozoobenthos gewählt. Unter Makrozoobenthos werden mit blossem Auge sichtbare, wirbellose Organismen am Gewässergrund zusammengefasst. Einzelne Arten dieser Gemeinschaft reagieren sehr empfindlich gegenüber Veränderungen in ihrer Umwelt, zum Beispiel auf Schadstoffe oder Verbauungen im und am Gewässer oder auf die Landnutzung im Einzugsgebiet. Die Diversität der kleinen Tiere ermöglicht daher wichtige Rückschlüsse auf die Wasser- und Gewässerqualität.
Nur etwa 20 Prozent in naturnahem Zustand
Die Untersuchungen des Makrozoobenthos und der Fische zeigen, dass die in früheren Studien dokumentierten grossen Belastungen kleiner Fliessgewässer mit Pestiziden aus der Landwirtschaft zum Fehlen von empfindlichen Insekten in den Gewässern führen. Die Mehrheit der untersuchten Bäche kann ihre Funktion als Lebensraum für Tiere nur eingeschränkt erfüllen. An knapp 80% der Stellen ist eine Beeinträchtigung dieser Wasserlebewesen durch menschliche Einflüsse sichtbar. Nur an etwa 20% der Stellen ist die Lebensgemeinschaft naturnah und standortgerecht.
Die Studie bestätigt somit, dass die Insektengemeinschaften in einem grossen Teil der Schweizer Bäche mit einer zu hohen Pestizidbelastung und einem schlechten ökomorphologischen Zustand stark gestört sind. Sie unterstreicht damit die Dringlichkeit von Massnahmen zum Schutz und zur Aufwertung dieser Gewässer. Eine Reduzierung der menschlichen Einflüsse ist entscheidend, um die Lebensräume für Tiere zu erhalten und die Biodiversität zu schützen.